EGTA-Journal 11-2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Carlo Domeniconi<br />
und zwei Kindern zusammen. Wie es damals<br />
üblich war, wollte Mozzani auf keinen<br />
Fall, dass seine Tochter Gitarre spielte.<br />
Aber dann, als die Enkelin kam, hat<br />
er gesagt: „Die schon!“. Eine ja und eine<br />
nein.<br />
Und sie hat von ihm gelernt?<br />
Ja. Er hat gerne mit Ohrfeigen<br />
argumentiert.<br />
Vielleicht ist da historisch betrachtet<br />
etwas dran? Es gibt diese Anekdote<br />
von Quantz und Friedrich<br />
dem Großen. Letzterer war gar nicht so<br />
schlecht als Musiker, er hat ja auch einiges<br />
komponiert. Er konnte wohl auch<br />
Verzierungen sehr gut anbringen und<br />
die langsamen Sätze gestalten, jedoch<br />
nicht die schnellen. Da hat er Quantz gefragt,<br />
als er einen sehr virtuosen Schüler<br />
von Quantz hörte, was er bei dem anders<br />
als bei ihm mache? Quantz soll als<br />
Antwort Peitschenhiebe angezeigt haben.<br />
Wenn man heute auf den Markt schaut,<br />
dann sind unter denen, die besonders<br />
erfolgreich oder angesagt sind, sehr viele<br />
aus asiatischen oder russisch-slawischen<br />
Kulturkreisen. Vielleicht deshalb,<br />
weil dort in der Musikerziehung in manchen<br />
Bereichen womöglich noch Ähnlichkeiten<br />
mit dem autoritäreren Meister-<br />
Schülerverhältnis der europäischen<br />
Tradition aufweist?<br />
Ich weiß nicht, ob das stimmt...<br />
Wie dem auch sei, lass uns an<br />
dieser Stelle doch einmal<br />
über das Tauchen reden. Du<br />
bist bis vor kurzem ein leidenschaftlicher<br />
Taucher gewesen. Erzähl doch mal von<br />
deinen zahlreichen Taucherlebnissen.<br />
Was hat dich überhaupt erst dazu gebracht,<br />
dass du tauchen gegangen bist?<br />
Das erste Mal, wo ich bewusst getaucht<br />
bin, war am Gardasee, da war ich vielleicht<br />
13 oder auch etwas jünger. Ich<br />
war mit meinen Eltern dort und bin ins<br />
Wasser gegangen. Es geht im Gardasee<br />
ja ziemlich steil runter, weil dort eine<br />
Schlucht ist. Da habe ich dann unweit<br />
vom Ufer, aber schon recht tief unten, einen<br />
weißen Porzellangegenstand gesehen<br />
und gedacht: „Den musst du holen!“<br />
Es war ein von Hand bemalter Porzellanteller,<br />
der gar nicht so schlecht war und<br />
den wir jahrelang als Trophäe gehabt haben.<br />
Dazu kommt meine wahnsinnige Begeisterung<br />
fürs Angeln, die ich seit der<br />
Kindheit habe. Ich bin wirklich verrückt<br />
gewesen nach dem Angeln. Diese beiden<br />
Dinge, Tauchen und Angeln, sowie<br />
die Unterwasserjagd, was eine Kombination<br />
der beiden ist, haben mich fasziniert.<br />
Es ist interessant, man kann einfach unter<br />
Wasser gehen und Fische jagen und<br />
sehen, dass man so viele wie möglich<br />
erlegt, dass die ganze Familie Fisch essen<br />
kann. Aber nebenbei kann man unglaubliche<br />
Dinge dabei lernen. Das erste<br />
war z. B., dass ich zwar viel besser zielen<br />
konnte als meine Fischerkollegen in Gümüslük<br />
bei Bodrum, aber die haben immer<br />
getroffen und ich nicht. Dabei habe<br />
ich gemerkt, dass ich dem Fisch mental<br />
eine Art Warnung gebe und sie fliehen<br />
konnten. Für mich ist es eine wichtige<br />
Erfahrung gewesen, dass in so einer Situation<br />
viel Spannung entstehen kann.<br />
Und diese Spannung ist wie eine Art<br />
Sendung einer Alarmsituation: „Ich bin<br />
dabei, dich jetzt umzubringen“, und diese<br />
Sendung hat den Fisch verjagt.<br />
Eine Art Impuls?<br />
Ja, und der normale Fischer der<br />
denkt dagegen nur: „Wow, der<br />
bringt mir 300 Lira.“<br />
Verstehe.<br />
Ja, und als ich das verstanden<br />
habe, habe ich versucht, mich<br />
genauso „unsendend“ zu machen.<br />
Skrupellos.<br />
Ich weiß nicht, was ich alles versucht<br />
habe... Irgendwann ist es<br />
mir dann auch gelungen.<br />
Und zwar erst bei meinem allerletzten<br />
Tauchversuch, da ist es mir gelungen.<br />
Auf jeden Fall habe ich gelernt, was den<br />
Unterschied ist zwischen „Senden“ und<br />
„Nicht-Senden“ ausmacht. Das wurde<br />
später für das Musikalische wichtig.<br />
Wann war dieser letzte Versuch?<br />
Das weiß ich nicht mehr genau,<br />
als ich ca. 59/60 war. Ich hatte zu<br />
dem Zeitpunkt schon bestimmte Phobien<br />
entwickelt, z. B. niemals wieder in<br />
Grotten hineinzuschwimmen oder niemals<br />
bei einem bestimmten Wellengang<br />
zu tauchen, weil dann Halluzinationen<br />
entstehen könnten, die Übelkeit<br />
und andere Nebenwirkungen hervorrufen<br />
können. Auf jeden Fall war ich an<br />
einer sehr steilen Küste, etwa 22 Meter<br />
bis zum Grund, und da sah ich unten auf<br />
dem Sand, genau auf dem Grund, zwei<br />
schöne riesige Fische. Ich bin zu diesen<br />
Zeiten eigentlich nicht mehr so tief getaucht<br />
- ohne Flaschen, versteht sich<br />
Ausgabe 5 • <strong>11</strong>/<strong>2018</strong><br />
53