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EGTA-Journal 11-2018

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Carlo Domeniconi<br />

Interessant.<br />

Ja, warum nicht? Meine Abschlussprüfung<br />

habe ich jedenfalls gemacht<br />

(mit Auszeichnung und mit Mogeln). Ein<br />

Pflichtfach bei der Abschlussprüfung in<br />

Italien war das Vom-Blatt-Spielen, aber<br />

auch das Vom-Blatt-Spielen und Transponieren.<br />

In Italien ist die Operntradition<br />

sehr lebendig und als Gitarrist - wenn<br />

man z.B. in einer Rossini-Oper mitspielt<br />

und der Tenor sagt: „Heute einen halben<br />

Ton tiefer!“- muss man das auch können.<br />

Natürlich.<br />

Bei meiner Abschlussprüfung<br />

war es so, dass kein Gitarrist in<br />

der Jury war. Meine Lehrerin durfte nicht<br />

dazu, eben weil sie meine Lehrerin war<br />

und die anderen Gitarrenlehrer hätte<br />

man von außerhalb bestellen müssen,<br />

was zu teuer gewesen wäre. Es gab eine<br />

Harfenistin, weil es so ähnlich klingt, einen<br />

Geiger und einen Pianisten usw.<br />

Dann haben sie mir ein Stück in e-Moll<br />

gegeben, das relativ einfach war. Plötzlich<br />

sagte man mir, ich solle es einen halben<br />

Ton tiefer spielen. Da war natürlich<br />

pausenlos das tiefe E dabei, was ich der<br />

Jury zuerst mitteilen wollte. Doch dann<br />

ist mir eingefallen, dass ich das lieber<br />

nicht sage. Ich durfte mir zwei Minuten<br />

im Nebenraum das Stück angucken, soviel<br />

Zeit hat auch ein Theatermusiker. Ich<br />

habe die Gitarre einen halben Ton tiefer<br />

gestimmt, bin wieder reingegangen und<br />

hab das Stück vorgetragen, mit Interpretation<br />

und allem, was dazu gehört. Die<br />

war wirklich baff, die Jury, so eine Transposition<br />

haben sie noch nie gehört.<br />

Daher kommt vielleicht auch der<br />

Ursprung deiner Skordaturideen?<br />

Vielleicht. Aber was würdest du als Gitarrist<br />

machen, wenn ein Sänger dir ein<br />

paar Minuten vor dem Auftritt sagt, er<br />

möchte gerne einen halben Ton tiefer<br />

singen. Transponieren oder lieber umstimmen?<br />

Praxis ist das!<br />

Und dann bist Du nach Berlin gegangen?<br />

Danach bin ich nach Berlin gegangen<br />

und habe dort, wie schon gesagt,<br />

an der Hochschule Gitarre belegt.<br />

Und die Entscheidung, nach Berlin<br />

zu gehen, wurde von deinen<br />

Eltern ermutigt oder warum<br />

gerade Berlin?<br />

Weil wir in Berlin Verwandte hatten.<br />

Nämlich?<br />

Einen Onkel, der Bruder meiner<br />

Mutter, wohnte dort. Als Übergang<br />

bin ich zu ihm gezogen, aber nach<br />

ein paar Monaten bin ich ausgezogen<br />

und mein „Berliner Blues“ begann.<br />

Das war Mitte der 60er Jahre?<br />

1966, da war die Mauer gerade<br />

mal ein paar Jährchen alt.<br />

Ja, sie wurde 1961 gebaut.<br />

Es gab diese klassischen Transitfahrten,<br />

von denen man sich<br />

dann stundenlang in den Kneipen erzählt<br />

hat, bspw. wie man dem Vopo<br />

geantwortet hat, was er gesagt hat...<br />

Das waren Heldentaten!<br />

Und bei Frau Mozzani hattest<br />

du schon angefangen<br />

zu komponieren?<br />

Ja, gleich. Ich wusste ja nicht,<br />

dass Leute, die Stücke spielen,<br />

sich diese nicht selber ausgedacht<br />

haben. Ich wusste nicht,<br />

dass jemand komponiert und<br />

jemand anderes spielt, das kam<br />

mir fremd vor.<br />

Und du hast deine Mozzani-Gitarre<br />

seit dieser Zeit<br />

gespielt?<br />

Seit damals, ja.<br />

Du hast sie von deiner<br />

Lehrerin bekommen?<br />

Ja. Damals hat sie<br />

ganze 750 Euro, circa, gekostet.<br />

Ausgabe 5 • <strong>11</strong>/<strong>2018</strong><br />

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