EGTA-Journal 11-2018
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Trille Labarre - Notenbeilage<br />
Trille Labarre<br />
Der Gitarrist, Lehrer und Komponist<br />
Trille Labarre lebte in der<br />
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />
in Paris. Seine Kompositionen<br />
entstanden gegen Ende des Jahrhunderts<br />
im Umfeld der unruhigen Revolutionsjahre.<br />
In der Zeit zwischen 1750 und<br />
1800 wurden sehr zahlreiche Stücke und<br />
Methoden für Gitarre in Paris publiziert,<br />
die zu großen Teilen erst in den letzten<br />
Jahrzehnten wieder entdeckt wurden.<br />
Nur wenige von Labarres Werken sind<br />
erhalten geblieben bzw. bis heute wieder<br />
gefunden worden, dazu zählen die<br />
Etrennes de guitarre ou recueil des plus jolies<br />
romances et couplets qui aient paru<br />
dans l’année 1787, suivis d’une sonate avec<br />
accompagnement de violon obligé et de<br />
plusieurs autres pièces... Oeuvre IIe..., gedruckt<br />
1788 bei Baillon (Paris).<br />
Philip J. Bone 1 nennt Trille Labarre noch<br />
als Autor einer New Method for the guitar<br />
op. 7 (1793) und gibt weiter Graduated<br />
studies for guitar (1794) an. Diese beiden<br />
pädagogischen Werke sind bis heute<br />
nicht aufgefunden worden. Gleiches<br />
gilt für die Originale der beiden Sonaten<br />
op. 8 Nr. <strong>11</strong> und 21, wobei die übrigen<br />
mindestens 19 Sonaten des op. 8 überhaupt<br />
nicht dokumentiert sind. Domingo<br />
Prat scheint Zugang zu dieser Quelle<br />
gehabt zu haben, er hat – wohl um 1930<br />
- beim Verlag Romero y Fernandez in Buenos<br />
Aires die beiden Sonaten herausgegeben.<br />
Weitere Kompositionen von<br />
Labarre wurden von Prat nicht ediert. Im<br />
gleichen argentinischen Verlag erschien<br />
1934 sein berühmtes umfangreiches<br />
Kompendium Diccionario de Guitarristas<br />
in 1605 Kopien, jeweils von Domingo<br />
Prat handsigniert. 2<br />
wenigen individuellen Zügen. Eine kleine<br />
Kadenz (die natürlich auch individuell<br />
anders gestaltet werden kann bzw. auch<br />
sollte) leitet die Wiederholung des Ritornells<br />
ein.<br />
Die Sonate ist in jedem Fall musikalisch<br />
interessanter als viele der (zahlreichen)<br />
anderen klassischen Gitarrenstücke vor<br />
1800 4 und kann heute noch einen Platz<br />
im Repertoire finden. Auch technisch ist<br />
sie anspruchsvoller als anderes aus der<br />
Zeit (z. B. die Stücke von Ferandiére von<br />
1799), wobei jedoch unklar ist, wie weit<br />
Prat die Stücke bearbeitet hat. Die Notation<br />
mit ihrer weitgehenden Trennung<br />
der Stimmen ist mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
auf Prat zurück zu führen, denn<br />
diese Neuerung setzte sich erst in Wien<br />
(Molitor, Giuliani) um 1806/7 allmählich<br />
durch.<br />
Titel der Etrennes de guitarrre<br />
(Paris, Bibliothèque Nationale de France)<br />
Ein <strong>Journal</strong> d’airs... enthält als Nr. 64: Air de<br />
Mr Blin de la Codre (der Begleitsatz zu diesem<br />
Lied stammt von Labarre), es wurde<br />
bei Le Duc zu Paris gedruckt.<br />
Die hier faksimilierte Sonate op. 8 Nr. <strong>11</strong><br />
in D-Dur wurde vom Komponisten als<br />
zweisätzige Sonate ohne Bezug zur klassischen<br />
Sonatenform gestaltet und lediglich<br />
mit den Überschriften Moderato<br />
und Rondo versehen. Die beiden Stücke<br />
wurden ursprünglich für die fünfchörige<br />
Gitarre geschrieben, eine gängige Stimmung<br />
dieser fünf Chöre in Frankreich<br />
war Aa-dd’-g’g’-h’h’-e’, 3 in diesem Fall zitiert<br />
nach Bailleux’ zeitgenössischer Méthode<br />
de guitare par musique et tablature<br />
(1773).<br />
Die homophone Musik ist melodisch<br />
ansprechend, harmonisch jedoch eher<br />
schlicht gesetzt. Der Rondosatz ist formal<br />
ein klassisches Bogenrondo mit nur<br />
Der Bearbeiter und Herausgeber der beiden<br />
Sonaten Domingo Prat war ein spanischer<br />
Gitarrist, er wurde 1886 in Barcelona<br />
geboren. Er studierte dort ab<br />
1895 u. a. Komposition, von 1898<br />
bis 1904 war er Gitarrenschüler<br />
von Miguel Llobet. 1907<br />
übersiedelte er nach Buenos<br />
Aires. Er war dort als<br />
Dozent am von ihm<br />
selbst gegründeten<br />
„Konservatorium“<br />
tätig (u.a. ab<br />
1914 als Lehrer<br />
von Maria Luisa<br />
Anido). Durch<br />
sein Wirken<br />
wurde er ne-<br />
1 Bone, a. a. O., S. 201<br />
2 Reprint Edition Columbus, Ohio 1986<br />
3 nach Tyler/Sparks, a. a. O., S. 223<br />
4 eine Liste der in Paris publizierten Werke vor 1800 in Tyler/Sparks, S. 271 ff.<br />
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