architektur Fachmagazin Ausgabe 3 2019
Architektur Fachmagazin April-Mai 2019, Thema: Wie wohnen wir? Wissen, Bildung, Architektur, Information für die Bauwirtschaft, Fachmagazin
Architektur Fachmagazin April-Mai 2019, Thema: Wie wohnen wir?
Wissen, Bildung, Architektur, Information für die Bauwirtschaft, Fachmagazin
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<strong>architektur</strong> FACHMAGAZIN<br />
44<br />
Bau & Recht<br />
Novelle der<br />
Wiener Bauordnung<br />
Wien wächst. Seit 1991 ist die Gesamtbevölkerung der Stadt von 1.564.051 auf<br />
1.888.776 gewachsen und soll um das Jahr 2025 sogar die zwei Millionen Marke<br />
erreichen. Wien wurde zudem in der Mercer-Studie zum zehnten Mal in Folge zur<br />
Stadt mit der höchsten Lebensqualität ernannt, weshalb es nicht überrascht, dass<br />
die Bevölkerungszahl stetig steigt.<br />
Text: Mag. Matthias Nödl, Julia Mörzinger<br />
Das Bevölkerungswachstum führt naturgemäß<br />
zu einer steigenden Nachfrage auf<br />
dem Wiener Wohnungsmarkt – der bereits<br />
seit Jahren begrenzt ist – und in diesem<br />
Zusammenhang auch zu einem Anstieg<br />
der Immobilienpreise und der monatlichen<br />
Mietkosten. Die ansteigenden Immobilienpreise<br />
resultieren auch daraus, dass der<br />
Grundstücks- und Immobilienmarkt seit der<br />
Finanzkrise für privates Investment attraktiver<br />
geworden ist.<br />
Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurde<br />
mit der am 21.03.<strong>2019</strong> in Kraft getretenen<br />
Novellierung der Wiener Bauordnung die<br />
neue Widmungskategorie „Gebiete für geförderten<br />
Wohnbau“ eingeführt. Diese neue<br />
Kategorie ersetzt die bisherige Kategorie<br />
„Gebiete für förderbaren Wohnbau“, die nur<br />
Aspekte der Energieeffizienz und der damit<br />
verbundenen Technologie beim Bau von<br />
Gebäuden umfasste und in der Praxis kaum<br />
effizient war.<br />
Das erklärte Ziel der neuen Kategorie ist<br />
die Förderung des leistbaren Wohnens. Gemäß<br />
den Gesetzesmaterialien soll die neue<br />
Widmungskategorie nicht nur zu niedrigeren<br />
Herstellungskosten und günstigeren<br />
Mieten führen, sondern auch eine generell<br />
preisdämpfende Wirkung am Wohnungsmarkt<br />
entfalten.<br />
Die neue Kategorie bringt einige Einschränkungen<br />
und Verpflichtungen für die Eigentümer<br />
der betroffenen Liegenschaften, und<br />
damit Eingriffe in das Eigentumsrecht mit<br />
sich. Diese Eingriffe in das Eigentumsrecht<br />
werden vom Landesgesetzgeber für gerechtfertigt<br />
erachtet; dies zumal der Verfassungsgerichtshof<br />
in der jüngeren Ver-<br />
gangenheit sinngemäß bestätigt hat, dass<br />
Eingriffe in das Eigentumsrecht zum Zwecke<br />
der Schaffung leistbaren Wohnraums<br />
im „Ermessensspielraum“ des Gesetzgebers<br />
liegen.<br />
Gemäß § 6 Abs 6a Wiener Bauordnung ist<br />
nunmehr bei der Errichtung von Gebäuden<br />
im Gebiet des geförderten Wohnbaus ein<br />
überwiegender Teil des Gebäudes für geförderte<br />
Wohnungen bereitzustellen. Nach<br />
allgemeinem Verständnis würde man unter<br />
einem überwiegenden Teil grundsätzlich einen<br />
Anteil von über 50 % verstehen. In der<br />
Planungsgrundlage der Stadt Wien wurde<br />
jedoch festgelegt, dass der Mindestanteil<br />
der geförderten Wohnnutzfläche zwei<br />
Drittel betragen soll. Gemäß der Planungsgrundlage<br />
wurde der höhere Anteil der geförderten<br />
Wohnnutzfläche zur gesamten<br />
Wohnnutzfläche festgelegt, um ein signifikantes<br />
Volumen an neuen leistbaren Wohnungen<br />
zu ermöglichen.<br />
Die neue Widmungskategorie, die als Unterfall<br />
der Baulandwidmung „Wohngebiet“ und<br />
„Gemischtes Baugebiet“ zur Anwendung<br />
kommt, wird erst (i) bei der Neuausweisung<br />
von Wohngebieten oder gemischten Baugebieten,<br />
(ii) bei Widmungsänderungen im<br />
Bauland, (iii) bei der Erhöhung der für Wohnungen<br />
nutzbaren zulässigen baulichen<br />
Dichte („Verdichtungen“) und (iv) bei der<br />
Ausweisung von Hochhäusern angewendet.<br />
Aufrechte Baulandwidmungen bleiben von<br />
der neuen Widmungskategorie unberührt.<br />
Obwohl in anderen Bundesländern bereits<br />
ähnliche Widmungskategorien vorgesehen<br />
sind, stellt die in Wien eingeführte Kombination<br />
der zulässigen Widmung einerseits<br />
mit Miet- und Verkaufspreisgrenzen andererseits<br />
einen gänzlich neuen Ansatz dar.<br />
Denn um in Zukunft eine Baugenehmigung<br />
in der Kategorie „Gebiete für geförderten<br />
Wohnbau“ zu erhalten, muss dem Bauansuchen<br />
ein Nachweis über die Angemessenheit<br />
der Grundkosten angeschlossen<br />
sein. Die Angemessenheit der Grundkosten<br />
ergibt sich aus dem Wiener Wohnbauförderungs-<br />
und Wohnhaussanierungsgesetzes<br />
(WWFSG) und kann z. B. durch Vorlage des<br />
Kaufvertrages oder eine entsprechende<br />
Bescheinigung der Gemeinde nachgewiesen<br />
werden. Die Grundkosten (Kaufpreis)<br />
gelten dann als „angemessen“, wenn bei<br />
Übertragung des Eigentums an einer Fläche<br />
zur Errichtung und Bereitstellung von<br />
Wohnungen die Höhe von EUR 188,00 pro<br />
Quadratmeter der oberirdischen Bruttogrundfläche<br />
bei raumbildenden Bauteilen<br />
nicht überschritten wird.<br />
Zusätzlich darf der Hauptmietzins für geförderte<br />
Wohnungen für die Förderungsdauer<br />
(40 Jahre) höchstens mit einem Betrag von<br />
insgesamt EUR 4,97 je Quadratmeter Nutzfläche<br />
und Monat begehrt werden. Dieser<br />
Betrag ist inflationsbereinigt und an den<br />
von der Statistik Austria veröffentlichten<br />
Verbraucherpreisindex 2015 gekoppelt.<br />
Während der Förderungsdauer von 40 Jahren<br />
können somit geförderte Wohnungen<br />
nur zu einem Mietzins vermietet werden,<br />
der diese Obergrenze nicht überschreitet.<br />
Des Weiteren ist zur Sicherung der Inanspruchnahme<br />
der Förderung im Grundbuch<br />
auf der entsprechenden Liegenschaft ein<br />
Veräußerungsverbot zugunsten des Landes<br />
Wien einzuverleiben, dessen Nachweis<br />
spätestens mit der Baubeginnanzeige zu