25.04.2019 Aufrufe

architektur Fachmagazin Ausgabe 3 2019

Architektur Fachmagazin April-Mai 2019, Thema: Wie wohnen wir? Wissen, Bildung, Architektur, Information für die Bauwirtschaft, Fachmagazin

Architektur Fachmagazin April-Mai 2019, Thema: Wie wohnen wir?
Wissen, Bildung, Architektur, Information für die Bauwirtschaft, Fachmagazin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>architektur</strong> FACHMAGAZIN<br />

46<br />

<strong>architektur</strong>szene<br />

Der ländliche Raum<br />

als globale Herausforderung<br />

Landflucht ist ein Problem, das nicht nur Österreich betrifft. Auf der ganzen Welt sorgen<br />

stark voranschreitende Urbanisierungsprozesse dafür, dass immer mehr Menschen<br />

von der Region in die Großstädte ziehen. Die Ausstellung „Rural Moves – The Songyang<br />

Story“ im Architekturzentrum Wien zeigte, mit welchen Strategien sich die Pekinger<br />

Architektin Xu Tiantian dieser Herausforderung stellt.<br />

Text: Dolores Stuttner Fotos: Wang Ziling<br />

Sie reichen von kleinmaßstäblichen architektonischen<br />

Interventionen bis hin zu<br />

Bürgerbeteiligungsmaßnahmen samt der<br />

Einbindung regionaler Handwerker. Mit gezielter<br />

Stärkung der regionalen Identität war<br />

es der Planerin möglich, positive Zukunftsperspektiven<br />

für die ökonomische, kulturelle<br />

und soziale Entwicklung der Region zu<br />

schaffen. Die Geschichte der Architektur<br />

von Songyang wurde in Form von Fotos, Filmen<br />

und Modellen erzählt.<br />

Maßnahmen, die Früchte tragen<br />

Die Ausstellung selbst präsentierte nicht<br />

nur ausgewählte Projekte von Xu Tiantian,<br />

sondern gewährte auch Einblick in die<br />

Geschichte der Region und deren Bevölkerung.<br />

Die Vergangenheit des Landkreises<br />

inspirierte schließlich auch die Planerin.<br />

Bei jedem ihrer Projekte berücksichtigte<br />

sie die Brauchtümer und die Tradition von<br />

Songyang. Nur auf diese Weise war es der<br />

Architektin möglich, sowohl identitätsstiftende<br />

Bauten als auch neue Produktionsund<br />

Arbeitsstätten zu errichten. So war Xu<br />

Tiantian unter anderem für die Realisierung<br />

einer Fabrik zur Zuckeraufbereitung, einem<br />

Gemeinschafts- und einem Bambuspavillon,<br />

einem Teehaus und einer Brücke über den<br />

Songyin-Fluss verantwortlich.<br />

Derzeit deutet alles darauf hin, dass die Geschichte<br />

von Songyang eine positive Wendung<br />

nimmt. In einigen Dörfern siedelten<br />

sich bereits Vintageläden an. Auch stellen<br />

Kleinunternehmer die ersten Ferienhäuser<br />

für Touristen zur Verfügung. Die neue Autobahn<br />

in die Region wurde ebenfalls schon<br />

fertiggestellt, wobei in den nächsten Jahren<br />

auch ein Regionalflughafen – letztgenannte<br />

Großprojekte kommen in erster Linie dem<br />

Tourismus zugute – mehr Besucher in die<br />

Gegend bringen soll.<br />

Akupunkturen in der Landschaft<br />

Der Landkreis Songyang ist im Südosten<br />

der Provinz Zehjiang gelegen und setzt sich<br />

aus 400 Dörfern zusammen. Geprägt wird er<br />

von Bergen sowie dem Fluss Songyin. Aufgrund<br />

ihrer malerischen Landschaft und der<br />

langjährigen Tradition ist die Region auch<br />

heute noch für Touristen attraktiv. Doch nur<br />

die wenigsten Menschen bleiben auf Dauer<br />

in Songyang – wie viele rurale Gegenden<br />

Chinas ist die Region von Landflucht betroffen.<br />

Die drohende Abwanderung erweist<br />

sich nicht nur für die Dörfer, sondern auch<br />

für die denkmalgeschützte Landschaft als<br />

Risiko. Diese ist nämlich seit Jahrhunderten<br />

von der menschlichen Präsenz und Arbeit<br />

geprägt – ein dauerhafter Verlust wichtiger<br />

Traditionen hätte als Konsequenz eine weitere<br />

unaufhaltbare Landflucht. Der Versuch<br />

der Regierung Chinas, die Region durch<br />

Großprojekte zu beleben, scheiterte. Die Erschließung<br />

des Landkreises durch Schnellzüge<br />

und Straßenerneuerungen konnte der<br />

Abwanderung keinen Einhalt gebieten.<br />

Die Lösung für das Abwanderungsproblem<br />

kam in Gestalt der Planerin Xu Tiantian. Die<br />

erste chinesische Architektin mit einem eigenen<br />

Büro machte es sich gemeinsam mit<br />

der kommunalen Regierung zur Aufgabe,<br />

die Region unter Einbeziehung der ortsansässigen<br />

Handwerker und Dorfgemeinschaften<br />

zu beleben. Dabei setzte sie mit<br />

ihren Projekten sogenannte „Akupunkturen“<br />

in die Landschaft. Es handelt sich hier<br />

um kleinmaßstäbliche Baumaßnahmen, mit<br />

denen es letzten Endes möglich war, der

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!