Industrieanzeiger 11.2019
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„Einzelne Module in der Fertigungslinie<br />
ermög lichen Endkunden mehr Flexibilität“,<br />
weiß Patrick Bruder, Business Development<br />
Manager Automation bei Lenze.<br />
Bilder: Lenze<br />
ter handelt. Die Skills-Definition sollte zunächst<br />
losgelöst von den Gegebenheiten vor<br />
Ort sein. Das Produkt beziehungsweise<br />
Rezept gibt die benötigten Skills vor, die in<br />
der Produktion benötigt werden. Dieses<br />
Rezept wird von einem übergeordneten System,<br />
etwa einem Manufacturing Execution<br />
System oder einem ähnlichen IT-Verwaltungssystem,<br />
verwaltet.<br />
Im zweiten Schritt überprüft das übergeordnete<br />
MES, ob alle gewünschten Anforderungen,<br />
also Skills, in der Produktion vor<br />
Ort vorhanden sind und ob sie auch in der<br />
richtigen Reihenfolge zueinander stehen.<br />
Die Module selbst steuern hierfür die nötigen<br />
Informationen bei, beispielsweise in<br />
welcher Höhe sich Übergabepunkte wie<br />
etwa ein Förderband befinden, in welcher<br />
Position Werkstücke angeliefert werden sollen<br />
oder wie sie ausgegeben und mit welcher<br />
Geschwindigkeit sie verarbeitet werden<br />
können. Hat der Plausibilitäts-Check ergeben,<br />
dass alle benötigten Skills vorhanden<br />
sind, am richtigen Platz und mit den passenden<br />
physikalischen Schnittstellen, kann die<br />
Produktionsphase gestartet werden.<br />
Das Besondere bei Plug & Produce ist,<br />
dass der Mensch in diesen Prozess nicht eingreifen<br />
muss, sondern die speicherprogrammierbaren<br />
Steuerungen (SPS) kommunizieren<br />
über die Schnittstelle OPC UA selbst<br />
miteinander und prüfen das Rezept mit den<br />
Produktionsmodulen ab. Ab Schritt drei – in<br />
Plug & Produce<br />
im Detail<br />
Bei dem Konzept geht es vor allem darum zu zeigen,<br />
was heute schon möglich ist, um eine Produktionslinie<br />
zu flexibilisieren. In nur vier Schritten ist das ohne<br />
Programmieraufwand möglich. Grafik: Lenze<br />
der Grafik unten der Produktionsphase –<br />
nutzte Lenze die OPC UA Companion Specification<br />
PackML als Grundlage für den<br />
Verpackungsprozess.<br />
Werden einzelne Module einer Fertigungslinie<br />
ausgetauscht – etwa, weil Maschinen<br />
erneuert werden oder Zwischen -<br />
prozesse eingeführt werden müssen –, musste<br />
die Steuerung bisher neu programmiert<br />
werden. Mit dem Plug & Produce-Ansatz<br />
geht es einfacher und schneller. In einer Moderationsphase<br />
wird die Linie neu konfiguriert.<br />
Dies geschieht über das Hochladen<br />
von Rezepten, die nun nicht allein den Fertigungsprozess<br />
an sich steuern, sondern auch<br />
Informationen darüber enthalten, welche<br />
Aufgaben in welcher Reihenfolge zu erledigen<br />
sind, sodass die passenden Module ausgewählt<br />
und verknüpft werden können.<br />
Damit bedarf es auch keiner übergeordneten<br />
Steuerung in der Produktion mehr. „Diese<br />
Modularität in der Produktionslinie bietet<br />
dem Endkunden wesentlich mehr Flexibilität.<br />
Aber auch der Maschinenbauer profitiert<br />
davon, denn er benötigt beispielsweise<br />
nur noch eine Schnittstelle“, erläutert<br />
Patrick Bruder, Business Development<br />
Manager Automation bei Lenze.<br />
Standardisierung in Fertigungsindustrie<br />
muss vorangetrieben werden<br />
Damit dieses Konzept nicht nur im Lenzeeigenen<br />
Showcase, sondern auch in gemischten<br />
Umgebungen im Feld funktioniert,<br />
gibt es künftig aber noch einige Herausfordernungen<br />
zu meistern. Die Grundlage für<br />
das Konzept ist, dass alle aktuellen Komponenten<br />
für Maschinenbau und -automatisierung<br />
vom Hersteller mit einer Verwaltungsschale<br />
ausgestattet werden. Zudem gilt es<br />
laut Bruder noch Lücken in der Standar -<br />
disierung zu schließen. Zwar gibt es in den<br />
Bereichen Verpackung mit der Pack-ML-<br />
Specification sowie im Bereich Kunststofftechnik<br />
mit den Euromap-Schnittstellen<br />
bereits einige Standards, aber noch nicht<br />
branchenübergreifend.<br />
Aktuell ist das Konzept vor allem auch<br />
erst einmal für Greenfield-Anlagen sinnvoll.<br />
„Bei Anlagen oder Maschinen mit einer SPS<br />
ohne OPC-UA-Schnittstelle ist die Modularisierung<br />
der Produktion wie in unserem<br />
Showcase zwar per Retrofit machbar, jedoch<br />
muss ein Unternehmen genau prüfen,<br />
ob der Aufwand auch wirtschaftlich sinnvoll<br />
ist. Das hängt immer vom individuellen<br />
Fall ab“, so sein Credo. Gleichzeitig sieht er<br />
in dem Konzept jedoch eine große Chance<br />
für Maschinenbauer: „OEMs sollten sich<br />
schon heute auf diese Entwicklung einstellen,<br />
die sich im digitalen Engineering niederschlägt.<br />
Hier gilt es insbesondere, bei der<br />
Erstellung der Steuerungssoftware die<br />
Modularisierung voranzutreiben – dann<br />
profitiert auch der Maschinenbauer von<br />
Plug & Produce und kann mit geringerem<br />
Ressourceneinsatz eine schnellere Markteinführung<br />
realisieren“, betont er. •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 11.19 45