29.04.2019 Aufrufe

Industrieanzeiger 11.2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Den 1. Preis der Aktion Plagiarius<br />

für die dreisteste Nachahmung<br />

erhielt in diesem Jahr das Plagiat<br />

eines Schrägsitzventils vom Typ<br />

2000 (links das Original) von Bürkert,<br />

Ingelfingen, das bei Dampf -<br />

anwendungen zum Beispiel in der<br />

Textilindustrie zum Einsatz kommt.<br />

Rechts die Kopie des chinesischen<br />

Nachahmers, Ningbo ACME.<br />

Bilder: Aktion Plagiarius<br />

Plagiate erfüllen meist nicht die Qualitätsstandards der Originalprodukte<br />

Alles nur geklaut<br />

Plagiate | Der deutschen Volkswirtschaft entstehen<br />

jedes Jahr Schäden in Milliardenhöhe durch Produktpiraterie.<br />

Doch durch welche Maßnahmen lassen sich<br />

dreiste Produktfälschungen verhindern? ❧ Sabine Koll<br />

Preis gegen<br />

dreisten Ideenklau<br />

Bereits seit 1977 vergibt die Aktion Plagiarius<br />

e. V. den gefürchteten Schmäh-Preis<br />

Plagiarius an Hersteller und Händler besonders<br />

dreister Plagiate und Fälschungen. Ziel<br />

ist, die plumpen und skrupellosen Geschäftspraktiken<br />

von Produkt- und Markenpiraten<br />

ins öffentliche Bewusstsein zu<br />

rücken und Industrie, Politik und Verbraucher<br />

für die Problematik zu sensibilisieren.<br />

Gleichzeitig hebt der Verein die Wichtigkeit<br />

und Wirksamkeit von gewerblichen Schutzrechten<br />

hervor.<br />

Rund 122.000 Euro Schaden hat das<br />

Hauptzollamt Frankfurt im Oktober vergangenen<br />

Jahres verhindert: Die Beamten<br />

zogen aus einer Luftfrachtsendung aus<br />

Hongkong 3535 Handyteile aus dem Verkehr,<br />

bei denen sie den Verdacht hatten, dass<br />

diese gefälscht waren. Die Experten der betroffenen<br />

Originalhersteller, darunter zum<br />

Beispiel Nokia, Huawai und Xiaomi, bestätigten<br />

den Fälschungsverdacht und beantragten<br />

die Vernichtung der Plagiate.<br />

Für den Zoll ist diese spezielle Form der<br />

Wirtschaftskriminalität eine zentrale Aufgabe.<br />

Das Hauptzollamt Frankfurt am Main<br />

wertet die Aufgriffe immer auch als „ein<br />

Indiz für die ungebrochene Massenproduktion<br />

von Plagiaten im internationalen Ausland“.<br />

Nach Angaben der Aktion Plagiarius e.V.<br />

haben die europäischen Zollbehörden allein<br />

2017 laut EU-Kommission an den EU-Außengrenzen<br />

mehr als 31 Millionen rechtsverletzende<br />

Produkte mit einem Gesamtwert<br />

von über 580 Mio. Euro beschlagnahmt.<br />

Doch ist dies nur die Spitze des Eisbergs,<br />

denn Zoll-Statistiken berücksichtigen<br />

nur Waren, die aus Drittländern eingeführt<br />

werden sollten, sie erfassen keine Rechtsverletzungen<br />

innerhalb dieser Region. Alarmie-<br />

rend sei die Tatsache, dass der Anteil gefälschter,<br />

potenziell gefährlicher Waren zunehme.<br />

Nach dem Gutachten „Deutschlands<br />

volkswirtschaftlicher Schaden durch Produkt-<br />

und Markenpiraterie“ der Initiative<br />

„Neue Soziale Marktwirtschaft“ vom Januar<br />

dieses Jahres ist für die deutsche Volkswirtschaft<br />

in den vergangenen fünf Jahren<br />

durch Produkt- und Markenpiraterie ein<br />

Schaden in Höhe von 54,5 Mrd. Euro entstanden.<br />

Jedes zehnte deutsche Unternehmen<br />

ist demnach in den zurückliegenden<br />

fünf Jahren mindestens einmal Opfer von<br />

Produkt- und Markenpiraterie geworden.<br />

„Je innovativer, je größer, je internationaler<br />

agierend und je industrienäher tätig, desto<br />

größer die Gefahr für ein Unternehmen,<br />

selbst Opfer von Produkt- und Markenpiraterie<br />

zu werden“, stellt Dr. Oliver Koppel<br />

fest, Senior Economist für Innovationen und<br />

MINT beim Institut der Deutschen Wirtschaft<br />

in Köln, das das Gutachten erstellt<br />

hat.<br />

Bei zwei Dritteln aller von Produkt- und<br />

Markenpiraterie betroffenen Unternehmen,<br />

so stellt das Gutachten fest, wurden Urheberrechte<br />

verletzt, oft aber auch gewerbliche<br />

Schutzrechte wie Patente und Gebrauchsmuster.<br />

„Produkt- und Markenpiraterie<br />

setzt die Verletzung von Schutzrechten voraus“,<br />

sagt Koppel. „Verzichtet ein Unternehmen<br />

auf gewerbliche Schutzrechte und<br />

kopiert ein Konkurrent dessen Innovationen,<br />

so handelt es sich lediglich um ‚gefühlten’<br />

Diebstahl.“<br />

Die Aktion Plagiarius e.V. stellt daher<br />

jedes Jahr besonders dreiste Fälschungen<br />

öffentlich an den Pranger. „Original und<br />

Plagiat sind nur auf den ersten Blick täuschend<br />

ähnlich. Gleiches Aussehen bedeutet<br />

68 <strong>Industrieanzeiger</strong> 11.19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!