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Industrieanzeiger 11.2019

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qualitätssicherung<br />

keineswegs zwangsläufig die gleiche Qualität,<br />

Leistungsfähigkeit und vor allem Sicherheit“,<br />

betont die Jury. Sie ist überzeugt, dass<br />

Plagiate und Fälschungen nicht „aus Versehen“<br />

entstehen. „Die Nachahmer handeln<br />

vorsätzlich. Sowohl mangels eigener Ideen<br />

als auch aus Profitgier. Sie kopieren ungeniert<br />

erfolgreich am Markt etablierte Produkte.<br />

Die Erscheinungsformen reichen von<br />

Designplagiaten über Technologieklau bis<br />

hin zu Markenfälschungen. Feilgeboten<br />

werden die nachgemachten Waren in allen<br />

Preis- und Qualitätsabstufungen: Von gefährlichen<br />

Billigfälschungen bis hin zu qualitativ<br />

hochwertigen Plagiaten, die kaum<br />

günstiger oder sogar teurer als das Originalprodukt<br />

sind.“ Die Folgen für die Originalhersteller<br />

seien Umsatzeinbußen, Verlust<br />

von Arbeitsplätzen, unberechtigte Haftungsrisiken<br />

sowie mangelnde Erträge für<br />

zukünftige Produktentwicklungen, und somit<br />

Fortschritt.<br />

Den 3. Preis vergab die Jury für ein Plagiat<br />

des gusseisernen Bräters „Staub Cocotte“<br />

von Zwilling, der vom chinesischen Hersteller<br />

Zhejiang Keland Electric Appliance kopiert<br />

wurde. Das Urteil der Jury lautete in<br />

diesem Fall: „Der Nachahmer hat alle charakteristischen<br />

Gestaltungsmerkmale des<br />

Originals 1:1 übernommen. Allerdings ist<br />

das Plagiat nicht aus hochwertigem Guss -<br />

eisen, sondern aus billigem Aluminium und<br />

kostet auch nur ein Zehntel des Originals.<br />

Dem Original-Bräter wurde wettbewerb -<br />

liche Eigenart zuerkannt.“ In der Zwischenzeit<br />

haben laut Aktion Plagiarius diverse<br />

deutsche und europäische Händler straf -<br />

bewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben.<br />

ten vor Ort sowie die Erarbeitung und<br />

Durchsetzung wirksamer bilateraler Abkommen<br />

im Rahmen der internationalen<br />

Zusammenarbeit.<br />

Bilaterale Abkommen stehen auf der<br />

Wunschliste der deutschen Unternehmen,<br />

die das Institut der Deutschen Wirtschaft<br />

für das Kurzgutachten befragt hat, ganz<br />

oben, wenn es um die Frage geht, wie Plagiate<br />

wirksam eingedämmt werden können.<br />

„Mit der Situation in Deutschland und der<br />

Europäischen Union zeigen sich die Unternehmen<br />

erfahrungsgemäß zufrieden, doch<br />

werden insbesondere gravierende Probleme<br />

bei der Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten<br />

in China moniert“, betont<br />

Koppel.<br />

Viele Plagiate kommen<br />

nach wie vor aus China<br />

Auffallend ist, dass die Plagiate-Hersteller<br />

der ersten drei Preisträger des Plagiarius-<br />

Wettbewerbs 2019 aus China stammen:<br />

Den 1. Preis ging an das Plagiat des Ventiltechnikherstellers<br />

Bürkert für ein Schrägsitzventil<br />

vom Typ 2000, das bei Dampfanwendungen<br />

zum Beispiel in der Textilindustrie<br />

zum Einsatz kommt. Der Nachahmer,<br />

Ninbo ACME, hat ein ganzes Produktprogramm<br />

kopiert. „Er verletzt die international<br />

registrierte Bildmarke mit vier Streifen<br />

und das unter anderem in China eingetragene<br />

Design. Bei der 1:1-Kopie des Ventils<br />

wurden alle Bürkert-typischen Designelemente,<br />

wie etwa die Rahmen um die Zahlen<br />

beim Messingventilgehäuse, übernommen,<br />

sodass Verwechslungsgefahr besteht“, so die<br />

Plagiarus-Jury.<br />

Auf dem zweiten Rang landete ein Pla -<br />

giat des Spielzeugbaggers „Liebherr Rad -<br />

lader“ von Bruder Spielwaren. „Das Plagiat<br />

ist kleiner als das Original. Design, Technik<br />

und Proportionen wurden aber 1:1 übernommen“,<br />

so die Jury. „Die billigen Materialen<br />

– Gehäuse, Räder und so weiter – und<br />

die schlechte Verarbeitung (instabil, lose<br />

Kleinteile) spiegeln die minderwertige Qualität<br />

wider.“ Inzwischen hat der deutsche<br />

Vertreiber des Plagiats eine Unterlassungs -<br />

erklärung unterschrieben und Schaden -<br />

ersatz gezahlt.<br />

Der Spielzeugbagger „Liebherr Radlader“<br />

von Bruder Spielwaren (links das Original)<br />

wurde vom chinesischen Unternehmen<br />

Hengheng Toys Factory gefälscht. Die Jury<br />

des Negativpreises Plagiarius betont: „Die<br />

billigen Materialen – Gehäuse, Räder und<br />

so weiter – und die schlechte Verarbeitung<br />

(instabil, lose Kleinteile) spiegeln die minderwertige<br />

Qualität wider.“<br />

Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit etwa<br />

durch den Plagiarius und durch Informationskampagnen<br />

hält Koppel vom Institut<br />

der Deutschen Wirtschaft für sehr wichtig.<br />

Er identifiziert allerdings auch weiter<br />

Handlungsbedarfe zur Verbesserung des<br />

Schutzes vor Produkt- und Markenpiraterie<br />

– insbesondere bei Schutzrechtsverletzungen<br />

im Nicht-EU-Ausland. Dazu gehören in erster<br />

Linie die Durchsetzung von Schutzrech-<br />

Hier sieht er die Bundesregierung in der<br />

Pflicht, auf ein entsprechendes Abkommen<br />

mit Peking zu drängen und einen wirksameren<br />

Schutz deutscher Schutzrechte vor Ort<br />

in China zu erwirken. Das chinesische<br />

Patentsystem habe in den zurückliegenden<br />

Jahren deutlich an Qualität gewonnen –<br />

was nicht zuletzt auch der Kooperation des<br />

Deutschen Patent- und Markenamts mit<br />

dem chinesischen Pendant CNIPA (vormals<br />

SIPO) geschuldet sein dürfte. „Doch gibt es<br />

in puncto Durchsetzung deutscher Schutzrechte<br />

in China noch viel zu tun“, mahnt<br />

Koppel an.<br />

Indes fordert er auch innerhalb Deutschlands<br />

und des EU-Binnenmarkts höhere<br />

Strafen für überführte Plagiatoren – etwa<br />

indem diese standardmäßig die gesamten<br />

Prozesskosten übernehmen müssten bis hin<br />

zu temporären oder dauerhaften Berufsund<br />

Verkaufsverboten. •<br />

<strong>Industrieanzeiger</strong> 11.19 69

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