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AUTOINSIDE Ausgabe 4 – April 2020

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TECHNOLOGIEN & ANTRIEBE<br />

die Tankstellen-Infrastruktur noch nicht, es<br />

tut sich aber etwas. Die Herstellung des Wasserstoffs<br />

benötigt viel Energie, was ihn isoliert<br />

betrachtet ineffizient macht. Zudem sind<br />

die Fahrzeugkosten (noch) hoch. Bei LKW mit<br />

planbaren Routen entlang der vorhandenen<br />

H2-Tankstellen und anderen Kostenstrukturen<br />

sind diese Nachteile weniger gravierend<br />

als bei Personenwagen. Denn gerade die momentan<br />

noch sehr teuren PW-Modelle haben<br />

starke Konkurrenz durch reinelektrische Fahrzeuge,<br />

also BEV, die inzwischen zu interessanten<br />

Konditionen zu kaufen und laden sind. Ich<br />

war daher schon optimistischer, was Wasserstoff-Autos<br />

betrifft. Mit der breiten und günstigen<br />

BEV-Modellpalette wird sich Wasserstoff<br />

nur schwer durchsetzen <strong>–</strong> ausser vielleicht bei<br />

Aussendienstmitarbeitern, die viele Kilometer<br />

fahren und beim Tanken keine Zeit verlieren<br />

können. Für normale Automobilisten sind BEV<br />

derzeit im Vorteil. Hingegen bei LKW im Langstreckeneinsatz<br />

sind aufgrund der Reichweite<br />

und der Ladezeiten Batterien keine Option.<br />

Ist die Hybrid-Technologie nur eine Übergangslösung<br />

oder wird sie sich langfristig<br />

durchsetzen?<br />

Hybridfahrzeuge <strong>–</strong> egal, ob mit Stecker oder<br />

ohne <strong>–</strong> und Elektroautos legen parallel zu.<br />

Später wird sich dies wohl zugunsten der BEV<br />

verlagern. Eine langfristige Prognose ist aber<br />

schwierig: Es kommt auf die Kosten an und<br />

darauf, wie sich die anderen Technologien entwickeln.<br />

Momentan haben Hybridfahrzeuge<br />

den Vorteil, dass sie lange Distanzen fahren<br />

können, ohne Strom nachladen zu müssen.<br />

Dadurch sind sie vielseitiger einsetzbar. Meine<br />

Einschätzung: Hybridfahrzeuge bleiben in den<br />

kommenden fünf bis zehn Jahren wichtig und<br />

gewinnen sogar noch an Bedeutung.<br />

Im Fokus der öffentlichen Diskussion steht<br />

hauptsächlich die Antriebstechnologie,<br />

nicht aber die Energie, die dann tatsächlich<br />

verwendet wird, um die Fahrzeuge anzutreiben.<br />

Ist das gerechtfertigt oder muss der<br />

Fokus korrigiert werden?<br />

Dieser Fokus muss unbedingt auf die Energie<br />

respektive auf den energetischen Kreislauf<br />

korrigiert werden! Benzin- und Diesel-Autos<br />

haben beispielsweise ein bestens verfügbares<br />

Energiespeichersystem. E-Autos verfügen<br />

zwar über den besten Motor, haben aber den<br />

schlechtesten Speicher. Eine Kombination<br />

bietet sich an. Auch Brennstoffzellenautos<br />

haben<br />

Batterie und Elektromotor,<br />

aber ihre<br />

Umweltbilanz ist aufgrund der deutlich kleineren<br />

Batterie besser <strong>–</strong> vorausgesetzt, der<br />

Wasserstoff wird mit überschüssiger Energie<br />

aus erneuerbaren Quellen produziert. Auch E-<br />

Autos, die mit sauberem Strom fahren, sind<br />

gut. Es macht aber logischerweise wenig Sinn,<br />

die E-Mobilität zu fördern und dafür Kohlestrom<br />

zu verwenden. Die in beschränkter<br />

Menge verfügbaren synthetischen Treibstoffe<br />

sollten hingegen dort eingesetzt werden,<br />

wo es nicht anders geht <strong>–</strong> beispielsweise bei<br />

Flugzeugen und Schiffen. Das ist besser als bei<br />

Autos.<br />

Wie geht es den Garagisten bei diesen<br />

Diskussionen?<br />

Die Garagisten sind die Schnittstelle zwischen<br />

den Kunden und den Importeuren bzw. Herstellern.<br />

Sie müssen dazwischen überleben<br />

können. Ihr Anspruch muss sein, dem Kunden<br />

das aus Kundensicht optimale Fahrzeug<br />

zu verkaufen. Gleichzeitig nehmen die Fahrzeuglieferanten<br />

Einfluss darauf, welche Fahrzeuge<br />

das sein sollen. Die Garagisten sind im<br />

Clinch zwischen Kunde, Hersteller, Importeur<br />

und Politik. Es ist für sie nicht einfach, unabhängig<br />

zu sein. Genau das erwarten die Kunden<br />

aber. Eigentlich sollten die Kunden von<br />

den CO 2<br />

-Zielen beeinflusst werden; sie sollten<br />

die Sanktionen sehen und sich für eine<br />

entsprechende Antriebsart entscheiden. Das<br />

passiert momentan noch viel zu wenig. Ich<br />

gehe aber davon aus, dass sich die Sanktionen<br />

schon bald in den Fahrzeugpreisen zeigen<br />

werden.<br />

Wie kann der AGVS die Garagisten bei<br />

diesen Diskussionen unterstützen?<br />

Beispielsweise, in dem wir in der Markenkommission<br />

Lösungen erarbeiten, wie man<br />

mit den ambitionierten CO 2<br />

-Zielen umgehen<br />

soll. Auch versuchen wir über politische<br />

Arbeit und über die Kommissionen Gegensteuer<br />

zu geben und die Garagisten so sachlich<br />

wie möglich über die verschiedenen Antriebe<br />

zu informieren. Die Kunden sind heute bereits<br />

sehr gut vorinformiert. Daher ist es für Garagisten<br />

unabdingbar, dass sie sich in der Antriebsvielfalt<br />

auskennen. Ergänzend werden<br />

Themen wie Energiebereitstellung, Umweltbilanz,<br />

Kreislaufwirtschaft und Recycling immer<br />

wichtiger. Das fliesst beispielsweise laufend in<br />

unsere Berufsbilder ein <strong>–</strong> auch nichttechnische<br />

Berufe nehmen diese Themen auf.<br />

Politische Massnahmen konzentrieren sich<br />

oft auf Massnahmen beim Neuwagenkauf.<br />

Greift dieser Ansatz nicht etwas zu kurz?<br />

Doch, ganz klar. Viele Massnahmen enden<br />

mit dem Verkauf des Fahrzeugs. Die Politik<br />

argumentiert damit, dass man dort den<br />

grössten Einfluss hat. Allerdings fährt das<br />

Auto je nach bezogener Energie danach 15<br />

Jahre entweder emissionsarm oder eben<br />

nicht auf unseren Strassen. So wird beispielsweise<br />

als Antriebstechnologie der Elektromotor<br />

gefördert, gleichzeitig ist aber egal, mit<br />

welchem Strom das Fahrzeug geladen wird.<br />

CNG-Autos können mit Biogas betankt praktisch<br />

CO 2<br />

-neutral fahren, was gleichzeitig zu<br />

wenig honoriert wird, indem nur 20 Prozent<br />

angerechnet werden. Ein Ziel wäre doch,<br />

dass der Schweizer Fahrzeugbestand möglichst<br />

energieeffizient und gleichzeitig auch<br />

möglichst klima- und ressourcenschonend<br />

betrieben wird. Ich denke da an den Auto-<br />

EnergieCheck (AEC), EcoDrive oder die regelmässige<br />

Wartung. Diese Massnahmen sind<br />

aber im Sinne des Gesetzgebers alle freiwillig.<br />

Für mich ist klar: Wir sollten uns loslösen<br />

von der reinen Betrachtung der CO 2<br />

-Emissionen<br />

im Fahrbetrieb. Denn das ist sehr elektromotorlastig<br />

und es werden Äpfel mit Birnen<br />

verglichen. Ich weiss aber auch, dass<br />

eine Änderung der Betrachtungsweise und<br />

Besteuerung bzw. Sanktionierung schwierig<br />

ist in der Umsetzung. <<br />

<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>April</strong> <strong>2020</strong>17

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