| REPORTAGE | Alle Türen samt Zargen wurden belassen, inklusive der eleganten Schiebetür mit Glasfüllung zwischen Wohn- und Esszimmer. Bürgerhaus von 1900 MIT FRISCHER NOTE Wo nicht viel zu tun ist, kann man trotzdem viele Fehler machen. In diesem Bürgerhaus aber hat die neue Besitzerin alles richtig gemacht, hat Bewährtes belassen und doch eigene Akzente gesetzt. 76
Ursprünglich war das Treppenhaus hier offen. Es wurden Wände eingezogen, um eine abgeschlossene Wohneinheit zu schaffen. Auch die Küche war zum Zeitpunkt des Kaufs unansehnlich, musste von Grund auf erneuert werden. Es musste einigermaßen schnell gehen mit dem Umbau, als Katrin Engelhardt *) den Kaufvertrag endlich unterschreiben konnte. Denn da hatte sie ihre Wohnung bereits gekündigt. Glücklicherweise aber besaß ihr zukünftiges Domizil, ein Bürgerhaus aus der Zeit um 1900, eine gesunde Bausubstanz, mit dicken Wänden aus Vollziegeln, und noch dazu war kurz zuvor die Fassade saniert worden. Schmuck, dennoch zurückhaltend, in pastelligem Sandgelb, dem Charakter und Alter des Gebäudes angemessen. Das mit seinem fast quadratischen Grundriss und seinem Walmdach eine hübsche Spielart des „Kaffeemühlenhauses“ darstellt. Gewollter Kontrast An der Hauptstraße einer Stadt im Ostwestfälischen stehend, verspricht seine gediegen-bürgerliche Fassade nicht zu viel. Innen, im ersten Obergeschoss, das Engelhardt alleine bewohnt, empfangen den Besucher cremeweiße Wände und Decken und ein Eichenparkett im Fischgrätmuster, Türen mit profilierten Zargen und Türblättern mit profilierten Füllungen, typisch für die vom Historismus geprägte Bauzeit. Einen starken Gegensatz zu Flur, Wohn- und Esszimmer bildet allerdings das puristische Bad, schneeweiß und mit großformatigen, betongrauen Fliesen auf dem Boden und im Bereich der begehbaren Dusche. Dieser Kontrast ist kein Zufall. Man begegnet ihm im Kleinen mehrmals wieder, so im Schlafzimmer, wo hellgraue Kissen auf dem Bett und hellgraue Vorhänge die Akzente sind. Oder in der Küche, wo das Grau von Arbeitsflächen und Bartisch den Kontrapunkt zum Holzton des Dielenbodens setzt. Hier kann die Hausherrin gemütlich in den Tag starten, bei gutem Wetter auch auf dem angeschlossenen Balkon, mit Blick auf den Teutoburger Wald. Parkettrettung Das Raumprogramm war größtenteils nach Wunsch, was jedoch fehlte, war die Abtrennung vom Treppenhaus. Wichtig, weil das Dachgeschoss darüber vermietet werden sollte. Also zog man Trockenbauwände ein. Alle Türen samt Zargen, inklusive der eleganten Schiebetür zwischen Wohn- und Esszimmer, wurden belassen, erhielten lediglich einen neuen Anstrich. So einfach ist das mit der Nachhaltigkeit. Manchmal. Als Musterbeispiel für nachhaltiges Bauen aber darf man das Parkett aus massiven Eichenstäbchen bezeichnen. Hat die Oberfläche durch jahrelange Nutzung gelitten, muss man nicht etwa den kompletten Belag entfernen, wie im Fall Fertigparkett, denn bei diesem ist die Nutzschicht zu dünn. Die Stäbchen kann man immer wieder abschleifen und neu beschichten, über Generationen. In Bad und Küche dagegen musste man wieder bei Null anfangen: Beide waren zum Zeitpunkt des Kaufs nicht mehr vorzeigbar, erhielten ein gründliches Makeover. In der Küche wurden Landhausdielen verlegt, eine moderne Küchenzeile aufgebaut. Und zusätzlich zur bodengleichen Dusche installierte man im Bad für den Komfort eine Fußbodenheizung. Atelier mit Nordlicht Work-Life-Balance ist ein Ideal, das nicht jeder umsetzen kann. Katrin Engelhardt kommt ihm immerhin ziemlich nahe, 77