Islamische Eheverträge - Bundesverwaltungsamt
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4 <strong>Islamische</strong> <strong>Eheverträge</strong> – Allgemeines<br />
Die Einfachheit des Verfahrens, mit dem sich ein muslimischer Ehemann in verschiedenen Ländern<br />
auch heute noch scheiden lassen kann, hat in den Ländern des Islam zur Folge, dass die Eltern ihre zu<br />
verheiratenden Töchter möglichst zu schützen suchen. Bei islamischen Ehen ist daher die Abfassung<br />
eines Ehevertrages von großer Bedeutung und unerlässlich. Er ist auch für Europäerinnen die einzige<br />
rechtliche, wirtschaftliche und soziale Sicherungsmöglichkeit. Der Ehevertrag muss unbedingt<br />
bei oder vor der Eheschließung abgeschlossen werden, denn nach islamischem Rechtsverständnis<br />
kann die Frau nach der Eheschließung (die ja ein Vertrag ist) keine Vereinbarungen mehr über ihre<br />
Rechtsstellung in der Ehe schließen.<br />
Ist der Abschluss des Ehevertrages aus technischen Gründen nicht möglich, kann auch ein privat vor 2<br />
Zeugen geschlossener Vorvertrag zum Abschluss eines notariellen Ehevertrages helfen, der praktisch<br />
überall und jederzeit eingegangen werden kann.<br />
Nach der Eheschließung kann der Ehevertrag auch dann noch geschlossen werden, wenn der Mann<br />
sich dazu freiwillig bereit findet.<br />
Da nach islamischem Recht die geschiedene Frau nur in der Wartezeit (idda) einen Anspruch auf<br />
Unterhalt gegen ihren früheren Ehemann hat (Ausnahme: Betreuung von Kindern), ist sie auf ihr<br />
persönliches Vermögen oder zusätzliche Leistungen des Mannes angewiesen. Dies kann sich besonders<br />
unangenehm bei geschiedenen europäischen Ehefrauen auswirken, die, wenn sie keinen<br />
entsprechenden Ehevertrag abgeschlossen haben, nach der Scheidung mittellos dastehen. Auch eine<br />
Heimreise ist in vielen Fällen nicht so ohne weiteres möglich, da in manchen Ländern die Ausreise<br />
von einer besonderen staatlich erteilten Genehmigung oder einer solchen des Mannes abhängt, die<br />
nicht immer gewährt wird. Die berufliche Betätigung einer Europäerin in einem islamischen Land<br />
stößt zudem häufig auf große Schwierigkeiten.<br />
Betreut die Frau eheliche Kinder (hadana), so trägt der Mann hierfür die Kosten einschließlich des<br />
Unterhalts der betreuenden Mutter (hadine). Hier ist anzuraten, einen standesgemäßen Unterhalt<br />
anstelle eines Notbedarfs zu vereinbaren.<br />
Um die Ehefrau zu sichern, wird daher im Ehevertrag die Zahlung einer Morgengabe (= mahr) vereinbart,<br />
die in der Regel vor der Ehe oder zum Teil vor der Ehe und mit dem Rest bei deren Auflösung<br />
zu erbringen ist. Wenn sie vollständig oder zu einem Teil der Frau vor der Eheschließung auszuhändigen<br />
ist, stellt sie ihr persönliches Eigentum dar, über das sie ohne Einwilligung des Ehegatten frei<br />
verfügen darf. Der andere Teil wird dann fällig bei Scheidung oder Tod des Ehegatten und soll die<br />
Frau vor materieller Not schützen, da auch das islamische Erbrecht die Witwe nicht günstig stellt.<br />
Die Morgengabe muss nicht unbedingt ziffernmäßig festgelegt sein. Es gilt im Islam der Grundsatz,<br />
dass dann, wenn im Ehevertrag keine bestimmte Summe genannt wird, die Höhe der Morgengabe<br />
bei Scheidung entweder durch die Parteien oder durch den Richter festgesetzt wird. Es ist danach<br />
zulässig und je nach Lage des Falles zu empfehlen, dass eine standesgemäße Morgengabe vereinbart<br />
wird. Es ist nahezu ausnahmslos zulässig, die Morgengabe zu stunden, so dass sie nicht bei Eingehung<br />
der Ehe fällig ist, sondern erst bei deren Auflösung. In neuerer Zeit hat sich jedoch als Folge<br />
der Rückbesinnung auf den Islam durchgesetzt, dass jedenfalls ein Teil der Morgengabe bei oder vor<br />
der Eheschließung fällig sein muss. Denn es wird das Ansehen der Ehe dadurch gesteigert, dass die<br />
Morgengabe ganz oder zumindest zum Teil bei Beginn der Ehe gegeben wird.