21.12.2012 Aufrufe

Islamische Eheverträge - Bundesverwaltungsamt

Islamische Eheverträge - Bundesverwaltungsamt

Islamische Eheverträge - Bundesverwaltungsamt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Eheschließung durch Erklärung vor dem Eheschließungsbeamten erfolgen. Danach durch notarielle<br />

Urkunde (Art. 7, 8, 1 und 2 des Gesetzes). Immobilien, die durch Erbschaft, Schenkung oder Vermächtnis<br />

erworben wurden, können nicht der Gemeinschaft unterworfen werden. Der Ehevertrag wirkt<br />

für die Zukunft, kann aber auch nach der Eheschließung von den Ehegatten erworbenes Immobilienvermögen<br />

mitumfassen. Der Vertrag muss kein islamischer Vertrag sein. Vor einem deutschen<br />

Notar beurkundete Verträge werden in Tunesien anerkannt.<br />

Der Inhalt eines Ehevertrages im übrigen, der für Tunesien zulässig ist, ist im Personalstatutgesetz<br />

nicht abschließend geregelt. Man muss folglich davon ausgehen, dass wie in anderen islamischen<br />

Ländern ebenfalls in Tunesien all das erlaubt ist, was nicht dem religiösen islamischen Recht widerspricht.<br />

Anhaltspunkte lassen sich allerdings zusätzlich aus dem geltenden Personalstatutgesetz für<br />

Tunesien in der Fassung der Änderungsgesetze, zuletzt vom 12.07.1993, ermitteln.<br />

Die ehevertragliche Regelung, wonach die Ehefrau bei Auflösung der Ehe weiterhin das Sorgerecht<br />

für die Kinder haben soll, spricht grundsätzlich nicht gegen islamische religiöse Vorschriften und<br />

ist daher generell zulässig. Dies vor allem auch, weil seit dem Gesetz vom 12.07.1993 beide Eltern in<br />

Sorge- und Vormundschaftsfragen gleichberechtigt sind. Üblich sind allerdings, sofern es sich um<br />

sunnitische Muslims handelt, die Altersgrenzen 9 Jahre für Knaben und 11 Jahre für Mädchen oder<br />

längstens 11 Jahre für Knaben und Geschlechtsreife (etwa 13 - 14 Jahre für Mädchen). Der Geschlechtsreife<br />

ist auch gegebenenfalls das Heiratsalter gleichzusetzen, so dass davon ausgegangen werden<br />

kann, dass die Sorge für Mädchen stets der Mutter übertragen wird. Das ist allgemeine islamische<br />

Regel des sunnitisch-islamischen Rechts.<br />

Die Religionszugehörigkeit der Ehefrau ist grundsätzlich ein Hindernis. Wenn die Ehefrau nicht zum<br />

Islam übergetreten ist, sondern Christin ist, und wenn keine islamisch religiöse Ehefeier stattgefunden<br />

hat, hat jedenfalls für Tunesien die Ehefrau und Mutter weiterhin nicht das Sorgerecht für die<br />

Kinder Dieser Grundsatz wurde erneut bestätigt durch das Kinderschutzgesetz vom 09.11.1995, das<br />

die Identität des Kindes als eine islamische definiert.<br />

In Art. 57 in der Fassung des Gesetzes vom 03.06.1966 wird bestimmt, dass das Sorgerecht während<br />

der Ehe den Eltern zusteht. Der durch Gesetz vom 18.02.1981 neu gefaßte Art. 58 bestimmt, dass der<br />

Inhaber des Sorgerechts volljährig, geistig gesund, ehrenhaft und im übrigen fähig zur Besorgung<br />

der Bedürfnisse der Kinder und frei von ansteckenden Krankheiten sein muss. Ist der Inhaber der Sorge<br />

ein Mann, so muss er eine Frau zur Verfügung haben, die die Sorge ausführt. Ist der Inhaber eine<br />

Frau, so darf sie nicht mit einem anderen Mann verheiratet sein, es sei denn, der Richter entscheidet<br />

zum Wohl der Kinder anders.<br />

Wichtig ist die Vorschrift des Art. 59:<br />

„Gehört die sorgeberechtigte Frau einer anderen Religion an als der Vater des Kindes, so kann sie das<br />

Sorgerecht nur ausüben, solange das Kind noch nicht das 5. Lebensjahr vollendet hat und kein Anlaß<br />

zur Befürchtung besteht, es werde in einer anderen Religion als der seines Vaters erzogen. Das gilt<br />

nicht, wenn das Sorgerecht von der Mutter wahrgenommen wird.“<br />

Aus dieser Vorschrift ist also abzuleiten, dass es für die Mutter des Kindes grundsätzlich auch aus<br />

religiösen Gründen – noch weniger aus anderen Gründen – keine Schranken für die Ausübung der<br />

Sorge gibt. Altersgrenzen gelten insoweit also in Tunesien nicht.<br />

87

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!