15.10.2020 Aufrufe

WOLL Magazin Arnsberg, Sundern, Ense // Herbst 2020

WOLL Magazin Arnsberg, Sundern, Ense // Herbst 2020

WOLL Magazin Arnsberg, Sundern, Ense // Herbst 2020

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ingrid Dormann -<br />

erfahrene Schiedsrichterin<br />

auf dem Spielfeld des Lebens<br />

Markus Weber<br />

I<br />

ngrid Dormann aus Oeventrop kann im nächsten Jahr auf eine bereits<br />

20-jährige Tätigkeit als Schiedsfrau zurückblicken. Seit vielen Jahren<br />

ist sie außerdem Vorsitzende der Bezirksvereinigung der Schiedsfrauen<br />

im Bund deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen.<br />

„Wir verstehen uns als Streitschlichter oder Media toren,<br />

wenn zwei Parteien sich scheinbar unversöhnlich gegenüberstehen,<br />

etwa beim klassischen Nachbar streit. Auch bei bestimmten<br />

strafrechtlich relevanten Delikten, wie Beleidigung,<br />

Bedrohung, oder leichten Körperverletzun gen ist es - was<br />

viele nicht wissen - gesetzlich vorgeschrieben, zunächst einen<br />

Schlichtungsversuch unter Führung der Schiedsleute vorzunehmen,<br />

um möglicherweise ein gerichtliches Verfahren zu<br />

vermeiden.“ erklärt Ingrid Dormann.<br />

Ein Schlichtungsverfahren kann auf verschiedene Weise in<br />

Gang gesetzt werden. Der Antragssteller (in der Regel der<br />

Geschädigte) meldet sich häufig zunächst telefonisch und<br />

schildert sein Anliegen. Die Schiedsfrau klärt gleich beim<br />

Anruf, ob sie örtlich und sachlich zuständig ist. Häufig<br />

haben die Parteien noch gar nicht miteinander über das<br />

Problem gesprochen. „Ich rate ich dann dem Anrufer, noch<br />

vor Antragsstellung bei mir, einmal das Gespräch mit dem<br />

Kontrahenten zu suchen. Es kann sein, dass ich danach nie<br />

wieder etwas von der Angelegenheit höre“, schmunzelt die<br />

erfahrene Streitschlichterin. Ein solcher Vorgang wird dann<br />

als sogenannter „Tür- und Angel-Fall“ registriert.<br />

Schlichtungsverhandlung auf neutralem Terrain<br />

Sollte der Antragsteller ein Schlichtungsverfahren wünschen,<br />

werden der geschilderte Sachverhalt und der Antrag zu Protokoll<br />

genommen und dem Antragsgegner zugestellt.<br />

Sodann werden die beiden Parteien zur Verhandlung<br />

geladen, und zwar an einen „neutralen“ Ort, etwa ein<br />

Amtsgebäude oder eine Schule. „Einige Schiedsmänner<br />

verhandeln auch bei sich zu Hause“, so Ingrid Dormann,<br />

aber nach meiner Erfahrung ist es leichter, die manchmal<br />

hochkochenden Emotionen auf neutralem Terrain zu beruhigen.<br />

Außerdem ist es etwas anonymer, was den Parteien<br />

nur recht ist.“ „Ich selbst“, so Ingrid Dormann, „bin ja eine<br />

Großstadtpflanze. Wenn man eine Wohnung in Köln oder<br />

Berlin bewohnt, kann man, um einem jahrelangen Streit<br />

aus dem Wege zu gehen, auch umziehen. Hier bei uns, wo<br />

viele Leute ein Eigenheim besitzen, ist das natürlich deutlich<br />

schwieriger. Ich versuche in den Verhandlungen, den Kontrahenten<br />

aufzuzeigen, in welchem Verhältnis der Streit also<br />

zu ihrer gesamten (Wohn-) Situation steht, und ob es nicht<br />

viel einfacher sei, sich zu vertragen. Erfreulicherweise gelingt<br />

dies häufig.“<br />

Günstiges Schiedsverfahren<br />

Obwohl die Kosten für ein Schlichtungsverfahren nur<br />

einen Bruchteil derer eines gerichtlichen Verfahrens ausmachen<br />

(„Hätte ich das gewusst, hätte ich mir den Rechtsanwalt<br />

gespart“ ist ein Satz, den Ingrid Dormann nicht<br />

selten hört), ist eine schiedsgerichtliche Vereinbarung<br />

rechtsverbindlich und stellt einen Titel da, aus dem für 30<br />

Jahre auch zwangsvollstreckt werden kann. „Männer und<br />

Frauen streiten sich in unserer Region etwa gleich häufig“,<br />

so Ingrid Dormann, „aber unter dem Strich, so kann ich<br />

nach vielen Jahren sagen, ist der Bewohner des Sauerlandes<br />

im Allgemeinen gar nicht sehr streitsüchtig, sondern eher<br />

harmoniebedürftig.“ Überhaupt scheint in den meisten Fällen<br />

gar nicht der Konflikt das Problem zu sein, sondern eher<br />

die mangelnde Fähigkeit, mit dem Kon flikt kommunikativ<br />

umzugehen.<br />

Das Händereichen beendet den Streit<br />

Daher ist es für die „Schiedsrichterin“ ein schönes Ergebnis,<br />

wenn sich die ehemaligen Kontrahenten am Schluss der<br />

Verhandlung die Hände reichen, zum Zeichen, dass die<br />

Auseinandersetzung beendet und man sich „in der Mitte“<br />

entgegengekommen ist. ■<br />

<strong>WOLL</strong> <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> - 143

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!