CHECK Berlin / Brandenburg #5
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SEXUALBERATUNG<br />
Interview: Torsten Schwick<br />
STÄNDERPROBLEME<br />
UND DIE PSYCHE<br />
Die meisten Männer* haben es schon einmal erlebt,<br />
dass ihr Penis den Dienst verweigert. Und das muss nicht<br />
gleich medizinische Gründe haben. Wenn man starkem<br />
Stress ausgesetzt ist oder eine neue Liebesbeziehung<br />
entsteht, sind solche „Hänger“ gar nicht so selten.<br />
Dr. Dirk Stemper kennt beides: Medizin und Psyche. Über<br />
20 Jahre war er als Internist und in Führungspositionen<br />
in unterschiedlichen Gesundheitsorganisationen<br />
tätig. Daneben arbeitete er als Psychotherapeut<br />
und Coach und leitet derzeit eine Privatpraxis für<br />
psychotherapeutische Medizin.<br />
Hallo Herr Dr. Stemper. Man hört, dass psychologische<br />
Faktoren für etwa 10 bis 20 Prozent<br />
aller Fälle von erektiler Dysfunktion (ED) verantwortlich<br />
sind. Können Sie das bestätigen?<br />
Sexuelle Funktionsstörungen sind in ihrer Symptomatik,<br />
ihrer Ausprägung und in ihren Ursachen<br />
sehr verschieden. Praktisch können in jedem<br />
Alter sexuelle Funktionsstörungen auftreten, die<br />
auf psychische oder körperliche Ursachen zurückgehen.<br />
Ständerprobleme sind nur eine Form.<br />
In der Allgemeinarzt-Praxis haben 25–30 Prozent<br />
der Patienten sexuelle Funktionsstörungen, die<br />
über einen Monat anhalten.<br />
„ALLE SEXUELLEN FUNKTIONS-<br />
STÖRUNGEN SIND AM ENDE<br />
ERLEBNISSTÖRUNGEN.“<br />
Dabei spielen emotionale und körperliche<br />
Erfahrungen in der Kindheit und Jugend, Sexualerziehung,<br />
kulturelle Normen und Sexualmoral,<br />
aber leider auch sexuelle Traumata als<br />
Ursachen eine Rolle.<br />
Bei rund 70 Prozent der Männer mit erektiler<br />
Dysfunktion finden sich körperliche Ursachen,<br />
zumeist Krankheiten, vor allem in der Altersgruppe<br />
ab 50. Sonst sind seelische Gründe<br />
verantwortlich für die Impotenz, manchmal<br />
ist es eine Kombination aus beidem, denn<br />
psychische Probleme können körperliche Einschränkungen<br />
so weit verstärken, dass man<br />
überhaupt keinen Ständer mehr bekommt<br />
– und das wiederum kratzt am männlichen<br />
Selbstbewusstsein und der Identität: Wer<br />
über einen längeren Zeitraum keinen hochbekommt,<br />
fühlt sich schnell nicht mehr als<br />
„richtiger Mann“ – so entsteht ein Teufelskreis.<br />
Alle sexuellen Funktionsstörungen sind am<br />
Ende Erlebnisstörungen.<br />
Welcher Art sind diese Erlebnisstörungen?<br />
Die psychischen Ursachen sind recht vielfältig.<br />
Zum einen können unmittelbare oberfläch-<br />
58 <strong>CHECK</strong> BERLIN/BRANDENBURG <strong>#5</strong>