CHECK Berlin / Brandenburg #5
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GESUNDHEITSWESEN<br />
IMPFEN: ZWANG, PFLICHT<br />
ODER FREIWILLIGKEIT?<br />
Nach über einem Jahr Pandemie sind wir mittlerweile so weit, dass es einen Impfstoff<br />
gegen COVID-19 gibt, der uns im Falle einer Ansteckung vor einem schweren Krankheitsverlauf<br />
schützen soll. Viele Menschen wollen sich aber gar nicht impfen lassen.<br />
Unsicherheit, Unverständnis oder einfache Ablehnung von Autorität spielen dabei<br />
sicherlich auch eine Rolle. Wie kann unsere Sprache dazu beitragen, dass wir gemeinsam<br />
eine vernünftige Lösung finden, um endlich wieder in die Normalität zurückzukehren?<br />
GEWALT VON OBEN ODER<br />
MORALISCHES GEBOT?<br />
Bei der Impfung gegen COVID-19 stellt sich<br />
die eigentliche Frage nach der Freiwilligkeit.<br />
Niemand muss sich impfen lassen, zumindest<br />
nicht nach gegenwärtiger Gesetzeslage. Wieso<br />
aber werden dann Begriffe wie Impfpflicht<br />
oder Impfzwang verwendet?<br />
Die deutsche Sprache erlaubt es uns, alles<br />
Mögliche und Unmögliche miteinander zu<br />
verknüpfen. Impfen ist laut Duden die Verabreichung<br />
eines Impfstoffes an jemanden.<br />
Und Zwang ist die Einwirkung auf jemanden.<br />
Ein negativ belegter Begriff wird also<br />
mit einem eigentlich positiv belegten Wort<br />
kombiniert, was in der Folge dann auch<br />
schlechtgemacht wird.<br />
Spricht man hingegen von Pflicht, wird der<br />
Begriff der Impfung mit einer moralischen<br />
Ebene verknüpft.<br />
„UNWÖRTER“ ERKENNEN UND AUF<br />
SPRACHE ACHTEN<br />
Das Wort „Corona-Diktatur“ wurde von<br />
Sprachwissenschaftlern zum Unwort des<br />
Jahres 2020 gekürt. Diese Form von Wortmanipulation<br />
kommt immer wieder vor. So gab es<br />
eine Impfpflicht und entsprechende „Kampfbegriffe“<br />
bereits zu Zeiten, als in Deutschland<br />
noch ein Kaiser regierte. Zwei große Pocken-<br />
Ausbrüche hatten damals hunderttausende<br />
Menschen getötet. Aus dieser Zeit stammen<br />
Bücher wie „Der Impfzwang“ und die Zeitschrift<br />
„Der Impfgegner“. Die Meinungsfreiheit<br />
sollte jederzeit gewährleistet werden.<br />
Jedoch kann sich eine schlechte Sprachwahl<br />
negativ auf die Art und Weise auswirken, wie<br />
Menschen fundierte Entscheidungen über ihre<br />
Gesundheit treffen.<br />
ES IST SCHWER,<br />
DER SITUATION ZU<br />
VERTRAUEN<br />
Kanzlerin Merkel und viele<br />
weitere Regierungsvertreter<br />
sprechen gezielt von „Impfangeboten“,<br />
um Gedanken an<br />
eine Pflicht zu zerstreuen. Es<br />
wird jedoch darauf hingewiesen,<br />
dass man bestimmte Dinge vielleicht<br />
nicht machen kann, wenn<br />
man nicht geimpft ist.<br />
Die Entscheidung, sich impfen<br />
zu lassen, bleibt jedoch eine<br />
freiwillige. Und das sollte auch<br />
weiterhin die Basis für die öffentliche<br />
Diskussion sein. Auf solche<br />
Details zu achten, wird vielleicht<br />
die Pandemie nicht beenden.<br />
Aber es wird uns allen helfen, mit<br />
weniger Sorgen, Stress und Angst<br />
durch die Krise zu kommen.<br />
Quelle: Udo Stiehl, WDR<br />
(www1.wdr.de/nachrichten/coronaimpfungen-kampfbegriffe-ausalten-zeiten-100.html)<br />
8 <strong>CHECK</strong> BERLIN/BRANDENBURG <strong>#5</strong>