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ELMA_Magazin_JuniJuli_2021

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TITELTHEMA<br />

© FG Trade<br />

Auch der „Knigge“ ist ein Werk, das<br />

nicht durchgängig streng ist. Und das<br />

vor allem stetig aktualisiert und der<br />

Zeit angepasst wird. Vor einigen Jahren<br />

wollte der Knigge das Wörtchen „Gesundheit“<br />

nach einem Nieser abschaffen.<br />

Der Hintergrund: Der Brauch entstand<br />

zu Zeiten der Pest und sollte nicht<br />

den Kranken, sondern den Gesunden<br />

schützen. Und schließlich kommentiere<br />

man andere Körperäußerungen ja<br />

auch nicht. Doch trotz aller historischen<br />

Erklärung konnte sich der Knigge-Vorschlag<br />

nicht durchsetzen, man empfand<br />

es als unhöflich zu schweigen. Das<br />

„Gesundheit“-Wünschen gehört nun<br />

also wieder zum guten Ton.<br />

Adolph Freiherr Knigge<br />

schlechthin mit ihren Benimmbibeln. Wobei Ersterer in seinem<br />

„Ratgeber für kindliche Sitten“ allerdings seine Leser<br />

auch zu Toleranz aufrief und vor Überheblichkeit warnte:<br />

„Der wichtigste Punkt der Höflichkeit ist der, dass du einen<br />

Gefährten nicht weniger liebhast, wenn er schlechtere<br />

Manieren hat. Es gibt nämlich“, so der Humanist weiter,<br />

„Menschen, die die Ungeschliffenheit ihres Benehmens<br />

durch andere Gaben wettmachen.“<br />

Was sich gehörte und was nicht, das lernten Kinder anno<br />

dazumal nicht nur von ihren Eltern und Kindermädchen,<br />

sondern auch aus so anschaulichen wie furchterregenden<br />

Büchern wie dem Struwwelpeter oder für<br />

die Älteren der „Anstandslehre für die Jugend“. Wie<br />

geht, steht und sitzt man, welche Kleidung ist wann<br />

schicklich, wen begrüßt man wann zuerst und wozu<br />

ist eigentlich dieser komisch geformte Löffel, also der<br />

dritte von links im Gedeck? Ein solches Standardwerk<br />

als Pflichtlektüre könnte auch heute noch so manchem<br />

definitiv nicht schaden, denn Möglichkeiten,<br />

sich etiketten-technisch so richtig zu blamieren, gibt<br />

es immer noch zahlreich: Hochzeiten, Beerdigungen,<br />

Bewerbungsgespräche, das Treffen mit dem Chef<br />

und weiteren Geschäftspartnern, der romantische<br />

Abend in einem teuren Restaurant …<br />

Der Besuch einer Tanzschule – heutzutage nicht<br />

mehr nur den Nerds unter den Zehntklässlern vorbehalten<br />

– kann hier durchaus weiterhelfen. Denn<br />

dort werden oft auch ein paar Benimmstunden<br />

angeboten. Wäre vielleicht auch mal eine Anregung<br />

für die weiterführenden Schulen und deren<br />

Lehrplan.

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