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48 TITELTHEMA<br />
NET(T)IQUETTE –<br />
W I E G E H T<br />
HÖFLICHKEIT<br />
IM INTERNET?<br />
Bei der Netiquette geht es um Online-Anstandsregeln.<br />
Darum, die Etikette auch in<br />
diesem vermeintlich rechtsfreien Raum zu<br />
wahren. Die allgemein gültigen Regeln<br />
im sozialen Umgang auch dann einzuhalten,<br />
wenn man möglicherweise nicht so<br />
einfach identifiziert werden kann.<br />
Text Simone Blaß<br />
© istockphoto / fizkes<br />
Wer heute zwischen zehn und zwanzig<br />
Jahren alt ist, von dem wird fast<br />
schon automatisch erwartet, dass er<br />
sich mit absoluter Sicherheit im Netz<br />
bewegt – also ein Digital Native ist.<br />
Was hier allerdings oft übersehen<br />
wird: Mit der Technologie mögen die<br />
Youngsters durchaus vertraut sein, aber<br />
es fehlt an Lebenserfahrung. Sie wissen<br />
nicht, was das Internet mit seinen vielen<br />
dunklen Räumen mit ihnen wirklich<br />
anstellen kann, ahnen oft nicht einmal,<br />
was sie selbst anrichten mit ein paar<br />
unüberlegten Worten, die für immer in<br />
die Nullen und Einsen des Internets gebrannt<br />
sind und vielleicht sogar einen<br />
Shitstorm auslösen, dem kaum ein Erwachsener<br />
psychisch wirklich gut standhalten<br />
könnte. „Das Schlimme ist ja,<br />
dass diese sogenannten Trolle Aufmerksamkeit<br />
bekommen. Ihr negatives Verhalten<br />
hat oft vermeintlich positive Konsequenzen<br />
für den, der trollt, schon allein<br />
deswegen, weil so die Sichtbarkeit des<br />
Nutzers erhöht wird – das Ziel schlechthin<br />
im Internet.“ Der Sozialpsychologe<br />
Johannes Leder von der Universität Bam-<br />
© privat<br />
Johannes Leder<br />
Sozialpsychologe an der<br />
Universität Bamberg<br />
berg sieht gerade die Anonymität<br />
im Netz als besonders kritisch. „Wir<br />
lernen vom Verhalten anderer und<br />
benehmen uns im realen Leben vor<br />
allem deshalb, weil wir damit rechnen<br />
müssen, dass ein negatives<br />
Verhalten direkt Konsequenzen<br />
hat. Wir richten uns nach sozialen<br />
Normen, und diese geben<br />
uns eine klare Vorgabe in<br />
Bezug auf Höflichkeit. Diese<br />
soziale Norm fehlt aber im<br />
Netz. Hier bilden sich neue<br />
Normen der Interaktion, und gerade<br />
Jugendliche identifizieren sich stark<br />
über ihre Gruppen, wollen sich als besonders<br />
gute Gruppenmitglieder auszeichnen,<br />
und wenn die Personen, die<br />
zu dieser Gruppe gehören, uns zum<br />
einen eigentlich unbekannt sind und<br />
sich zum anderen negativ benehmen,<br />
dann kann sich das vor allem im Netz<br />
schnell hochschaukeln und teilweise<br />
böse enden.“<br />
Es gibt nicht DIE eine Netiquette, die<br />
jetzt und immerdar gilt. Die kann es<br />
nicht geben, denn das Internet mit<br />
seinen Angeboten und alles rund um<br />
Social Media entwickelt sich ständig<br />
weiter und unser Verhalten muss sich<br />
dem anpassen. In den letzten Monaten<br />
haben wir wohl alle gelernt, wann wir<br />
bei einem Zoom-, Teams- oder Skype-<br />
Meeting das Mikro besser ausmachen<br />
sollten, wie das ankommt, wenn einer<br />
sich zu spät zuschaltet, und dass die Katze,<br />
die über die Tastatur marschiert, zwar<br />
ganz niedlich ist, aber sicher nur einmal.<br />
Seitdem wir alle monatelang fast nur<br />
noch online miteinander verbunden wa-