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ELMA_Magazin_JuniJuli_2021

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GESUNDHEIT & FITNESS 61<br />

Aussage kann das Fass zum Überlaufen<br />

bringen, wie beispielsweise „Du<br />

bist zu dick“. Grundsätzlich ist es jedoch<br />

ein schleichender Prozess.<br />

WO BEGINNT EINE<br />

ESSSTÖRUNG?<br />

Ernst wird es, wenn die Patienten in<br />

einen kritischen Gewichtsbereich abrutschen,<br />

den Verlust nicht mehr kontrollieren<br />

können und die Abnahme<br />

kontinuierlich stattfindet. Ein wesentlicher<br />

Aspekt ist die verzerrte Körperwahrnehmung.<br />

Bei einer Anorexie<br />

können die Betroffenen meist eine<br />

Liste von Lebensmittel nennen, die sie<br />

nicht mehr essen können. Menschen<br />

mit einer Anorexie kümmern sich oft<br />

viel ums Essen, nehmen aber nur sehr<br />

geringe Mengen zu sich.<br />

WAS KÖNNEN ANGEHÖRIGE<br />

TUN?<br />

Allgemein sollten Eltern Vorwürfe vermeiden<br />

und in der „Ich-Sprache“ sprechen,<br />

beispielsweise „Mir ist aufgefallen,<br />

dass du wenig isst“. Sie können<br />

auch einen Kinderarzt um Rat bitten.<br />

Die Vorsorgeuntersuchungen sollten<br />

daher stets wahrgenommen werden.<br />

WARUM IST DIE FRÜHZEITIGE<br />

HILFE WICHTIG?<br />

Die Sterblichkeitsrate bei Anorexie<br />

liegt bei 15 bis 20 Prozent. Eine Essstörung<br />

ist eine chronische Lebenserkrankung,<br />

das heißt, Betroffene leiden<br />

ein Leben lang an den Gedanken. Die<br />

durchschnittliche Therapiedauer einer<br />

Anorexie beträgt etwa sieben Jahre.<br />

Meistens ist eine lange ambulante Behandlung<br />

nötig.<br />

AN WELCHEN FOLGEN LEIDEN<br />

DIE BETROFFENEN?<br />

Neben dem Gewichtsverlust tritt<br />

ein Abbauprozess, beispielsweise an<br />

den Nieren und am Herz, ein. Um<br />

andere Ursachen auszuschließen,<br />

untersuchen wir auch das Gehirn<br />

der Betroffenen. Oft fällt auf, dass es<br />

geschrumpft ist. Kurzfristige Veränderungen<br />

können wir gut abfangen,<br />

beispielsweise eine Verschiebung der<br />

Körpersalze. Das kann bei einer akuten<br />

Situation lebensbedrohlich sein<br />

und zu Herz-Rhythmus-Störungen<br />

führen. Bei Mädchen fällt beispielsweise<br />

die Regelblutung aus, sie frieren<br />

extrem und bekommen eine unnatürliche<br />

Körperbehaarung.<br />

WIE SIEHT EINE THERAPIE IM<br />

KLINIKUM NÜRNBERG AUS?<br />

Anhand eines Ernährungsplans wird<br />

mit den Patienten festgelegt, wie sie<br />

zunehmen können. Auch die Therapie<br />

erfolgt in einem Stufenplan. Die<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit mit<br />

unserer Kinderklinik<br />

ist ein großer Vorteil,<br />

wenn die Patienten vital<br />

gefährdet sind. Hier<br />

spielt die Kinder-Gastroenterologie<br />

oft eine<br />

große Rolle. Sie untersucht<br />

auf Unverträglichkeiten<br />

wie beispielsweise<br />

Laktoseintoleranz<br />

und überweist bei Verdacht<br />

zu uns. Etwa<br />

jeder zweite Patient<br />

wird über unsere Kinderklinik<br />

eingewiesen.<br />

Auch der Weg zurück<br />

ist leider manchmal nötig,<br />

wenn die Blutwerte<br />

extrem entgleisen oder<br />

sich somatische Komplikationen<br />

ergeben.<br />

Das Entwicklungspotenzial der jungen<br />

Patienten ist die Motivation von<br />

Nicole Klaus.<br />

Dr. Andreas Beck war früher als<br />

Facharzt für Kinderheilkunde in der<br />

Kinderklinik tätig.<br />

i<br />

Wichtige Stellen für Eltern von Betroffenen<br />

Text Christine Platt (Ökotrophologin, AOK Erlangen)<br />

Im persönlichen Gespräch mit den Betroffenen<br />

stellt sich sehr schnell heraus, dass die Problematik<br />

viel tiefer liegt und sich aus einer „kleinen Diät“<br />

nicht selten eine Essstörung manifestiert hat. Dies<br />

zu erkennen und sich dann auch einzugestehen<br />

fällt den Betroffenen oft nicht leicht. Deshalb ist<br />

es so wichtig immer den Menschen als Ganzes<br />

zu betrachten und nicht nur sein Krankheitsbild.<br />

Nur so kann dann gemeinsam eine individuelle<br />

Lösung gefunden werden.<br />

Die AOK Bayern hat viele Möglichkeiten weiter<br />

zu helfen und an ihre Vertragspartner zu verweisen.<br />

So gibt es z.B. einen Versorgungsvertrag mit<br />

dem „Therapienetz Essstörung“: Das auf Essstörungen<br />

spezialisierte Kompetenzzentrum bietet<br />

eine mögliche Hilfe für die Betroffenen. Die Beratungsstellen<br />

des Therapienetzes, die für jeden<br />

zugänglich sind, sind die ersten Anlaufstellen für<br />

Hilfesuchende. Dort werden im persönlichen Gespräch<br />

die individuellen Bedürfnisse ermittelt und<br />

schnellstmöglich der weitere Behandlungsweg<br />

koordiniert.<br />

Kontakt in Nürnberg . Therapienetz Essstörung<br />

Willy–Brandt-Platz 4 . 90402 Nürnberg . 0911/27744910<br />

beratung@tness.de<br />

© Giulia Ianicelli © Giulia Ianicelli

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