VKD-Praxisberichte 2019
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DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
Nicht aus dem Auge zu verlieren ist in diesem Zusammenhang<br />
aber auch der Mangel an Haus- und<br />
Fachärzten in ländlichen Regionen, der sich natürlich<br />
in einer erhöhten Inanspruchnahme der Krankenhäuser,<br />
vor allem der Notaufnahmen, niederschlägt.<br />
Auch die im Jahr 2013 für den niedergelassenen Bereich<br />
veränderte Bedarfsplanung hat offensichtlich<br />
keine Wirkung gezeigt. Das Stadt-Land-Gefälle mit<br />
seinen eklatanten Auswirkungen auf den stationären<br />
Bereich auf dem Lande ist geblieben.<br />
Hier haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und<br />
die Krankenkassen leider nichts gelernt. Wenn man<br />
sieht, dass deren Planungen nach wie vor vom wirklichen<br />
Bedarf ländlicher Regionen in erheblichem<br />
Maße abweichen, hat das Folgen auch für die personelle<br />
Ausstattung der Krankenhäuser.<br />
Was tut die Politik –<br />
und was vermeidet sie?<br />
Die Politik hat das Problem erkannt und im Koalitionsvertrag<br />
der Regierungsparteien ist es benannt<br />
worden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn<br />
hat mit Gesetzesinitiativen in einer Taktung reagiert,<br />
die schon fast unheimlich ist. Die Versuche, das komplexe<br />
Thema anzugehen, hat allerdings nicht nur<br />
Freude in den Krankenhäusern ausgelöst.<br />
Ein Beispiel, das allen noch zu schaffen machen<br />
wird, wenn hier keine grundsätzlichen Änderungen<br />
erfolgen, ist das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz mit<br />
der Einführung eines Pflegebudgets. Wie sich dieser<br />
massive Eingriff in das hochkomplexe DRG-System<br />
insgesamt auswirkt, ist bereits absehbar. Es wird – so<br />
wie es jetzt umgesetzt werden soll – zu massiven<br />
Unwuchten innerhalb des Personals insgesamt sowie<br />
für die Wirtschaftlichkeit der Häuser führen.<br />
Die Verordnung zu den Pflegepersonal-Untergrenzen<br />
ist in den Krankenhäusern mehrheitlich von Anfang<br />
an abgelehnt worden. Hier stößt sich eine Regelung<br />
vom grünen Tisch mit den Notwendigkeiten<br />
und Bedingungen in der Krankenhauspraxis.<br />
Wie ein solcher Eingriff ausgehen kann, hat das<br />
Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) in einer Studie<br />
im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft<br />
am Beispiel der Umsetzung pflegerischer Strukturvorgaben<br />
ausgewählter Richtlinien des Gemeinsamen<br />
Bundesausschusses sowie zur allgemeinen<br />
Personalsituation in der Intensivpflege im vorigen<br />
„<br />
Die Vorstellung, man zentralisiert und hat dann<br />
automatisch die Mitarbeiter der geschlossenen Häuser<br />
zur Verfügung, verkennt zudem, dass Menschen nicht<br />
einfach so „verschoben“ werden können.<br />
“<br />
Jahr nachgewiesen. Danach hat im Jahr 2016 fast jedes<br />
dritte Krankenhaus Schwierigkeiten gehabt, offene<br />
Stellen im ärztlichen Dienst der Intensivstation<br />
zu besetzen – hochgerechnet seien das bundesweit<br />
600 arztliche Vollkraftstellen in der Intensivmedizin,<br />
die nicht besetzt waren. Jedes zweite Krankenhaus<br />
mit Intensivbereich (53 Prozent) habe in 2016 Probleme<br />
gehabt, offene Stellen in der Intensivpflege<br />
zu besetzen, so die Studie.<br />
Solche Personal-Untergrenzen auf sämtliche Abteilungen<br />
ausweiten zu wollen, wie es vom Gesetzgeber<br />
vorgesehen ist, gleicht einem Vabanquespiel<br />
mit der Versorgungssicherheit. Dass nun die Politik<br />
zurückrudert und zumindest für die von der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft vorgeschlagene<br />
„Ganzhauslösung“ offen scheint, ist nur ein schwa-<br />
cher Trost. Wenn die Personaldecke zu kurz ist, wird<br />
es an irgendeiner Stelle immer fehlen.<br />
Die „Konzertierte Aktion Pflege“ gleich dreier Bundesministerien,<br />
gestartet im Sommer 2018, ist vermutlich<br />
gut gemeint, aber verliert sich auch wieder<br />
in Einzelaktionen.<br />
Wie gehen die Krankenhäuser<br />
mit dem Personalmangel um?<br />
Mit wachsendem wirtschaftlichem Druck verschärft<br />
sich das Problem. Fehlendes Fachpersonal bedeutet<br />
angesichts der neuen, stringenteren Regelungen<br />
für den Personaleinsatz in bestimmten Abteilungen<br />
auch die Schließung von Stationen oder Betten<br />
und damit wirtschaftliche Einbußen. Operationen<br />
müssen verschoben werden, Geburten werden<br />
verlagert, neue Bereiche, mit denen geplant wurde,<br />
gehen zum Teil nur verzögert in Betrieb.<br />
Verstärkt wird mit Zeitarbeitskräften gearbeitet, die<br />
nicht nur teuer, sondern die auch nicht immer, zu<br />
jeder Zeit und überall einsetzbar sind. Das Thema<br />
wurde auch in der Diskussion mit Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn in der <strong>VKD</strong>-Jahrestagung<br />
im Mai dieses Jahres in Berlin angesprochen, der es<br />
als Information „mitnehmen“ wollte. Grundsätzlich<br />
sei Zeitarbeit aus seiner Sicht aber sinnvoll. In den<br />
Krankenhäusern wird das nicht nur aus wirtschaftlicher<br />
Sicht anders gesehen. Es bringt durch die<br />
damit einhergehende Ungleichbehandlung auch<br />
Unruhe in die Belegschaften.<br />
Der Pflegedirektor des Universitätsklinikums Münster,<br />
Thomas van den Hooven, berichtete auf dem<br />
Hauptstadtkongress im Juni dieses Jahres in Berlin,<br />
dass in seinem Klinikum zu diesem Zeitpunkt<br />
120 von 2000 Vollzeitstellen nicht besetzt werden<br />
konnten, so dass rund 50 Betten geschlossen werden<br />
mussten und zwölf Prozent der OP-Kapazitäten<br />
nicht genutzt werden konnten. Auch der Vorstandsvorsitzende<br />
des Albertinen-Diakoniewerks aus<br />
Hamburg, Matthias Scheller, berichtete, dass wegen<br />
des Mangels an Pflegekräften Betten geschlossen<br />
und geplante Operationen abgesagt wurden.<br />
„<br />
Der Fachkräftemangel ist nur ein Symptom<br />
für den notwendigen Strukturwandel<br />
in der Gesundheitsversorgung. Bei allen<br />
Möglichkeiten, hier aktuell gegenzusteuern,<br />
kann er doch grundsätzlich nicht<br />
unabhängig von den übrigen Herausforderungen<br />
betrachtet und gelöst werden.<br />
“<br />
Inzwischen bieten manche Klinikunternehmen<br />
Wechselprämien zum Teil in erheblichen Größenordnungen<br />
an, werben also massiv Personal anderer<br />
Krankenhäuser ab. Das schwächt kleine Häuser<br />
zusätzlich. Größere Krankenhausunternehmen mit<br />
mehreren Standorten gehen dazu über, Springerpools<br />
zu bilden, um schnell Personallücken auffüllen<br />
zu können.<br />
Wie Krankenhausunternehmen auf den Fachkräftemangel<br />
reagieren, zeigen auch die folgenden Beiträge<br />
in diesem Themenschwerpunkt.<br />
Um dem Ärztemangel zu begegnen, gründeten<br />
Krankenhäuser in Brandenburg schon vor etlichen<br />
Jahren eine eigene Medizinische Hochschule. Auch<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 20 21<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT