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VKD-Praxisberichte 2019

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PATIENTENSICHERHEIT<br />

PATIENTENSICHERHEIT<br />

Die Trainer – ausgewählte<br />

Experten aus dem Klinikum<br />

„Die Trainer im Erfurter Simulationszentrum müssen<br />

über eine besondere fachliche Expertise und viel<br />

Erfahrung verfügen“, betont Dr. Beate Lenk, Leiterin<br />

des Bildungszentrums sowie des dazu gehörenden<br />

Simulationszentrums am Helios Klinikum Erfurt. Es<br />

müsse fachlich aber auch menschlich passen. Ein<br />

Trainer-Team besteht immer aus einem erfahrenen<br />

Fach- oder Oberarzt, einer Pflegekraft und einem<br />

Techniker. Alle haben einen Kommunikationskurs<br />

absolviert. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern,<br />

die zum<br />

Training kommen,<br />

müsse klar<br />

und ohne Vorwurf<br />

sein, betont<br />

die Ärztin.<br />

Das Interesse<br />

gerade auch<br />

bei erfahrenen<br />

Mitarbeitern, als<br />

Instrukteur im<br />

Simulationszentrum<br />

ihr Wissen<br />

weiterzugeben,<br />

sei groß. Gleichzeitig<br />

würden<br />

Foto: Helios Klinikum Erfurt<br />

auch die Trainer selbst sehen, wo überall Fehler entstehen<br />

könnten.<br />

Viele der Mitarbeiter des Kernteams im Simulationszentrum<br />

arbeiten hier mit einem Stellenanteil zwischen<br />

zehn und vierzig Prozent, für den sie in der<br />

Klinik freigestellt werden. So ist Dr. Lenk zum Beispiel<br />

ebenfalls zu 50 Prozent als Anästhesistin tätig.<br />

Welche kritischen Situationen<br />

werden trainiert?<br />

„Eine wichtige Quelle dafür, was trainiert werden<br />

sollte, sind Erfahrungen aus der Aus- und Weiterbildung<br />

von Ärzten und Pflegenden. Außerdem fließen<br />

aus der Abteilung Patientensicherheit und aus<br />

den medizinischen Fachgruppen Anregungen ein.<br />

Probleme, die im CIRS gemeldet werden, können<br />

ebenfalls Anlässe für Trainings sein. Wichtig sei aber<br />

immer auch, die Mitarbeiter zu fragen, wo sie selbst<br />

Bedarf sehen und auf die Wünsche der Abteilungen<br />

einzugehen“, so Dr. Lenk.<br />

Da zu einem sicheren Arbeiten auch Strukturen,<br />

Standards und Material gehören, leistet das Zentrum<br />

hier ebenfalls Beratungsarbeit.<br />

Die Trainings verändern auch<br />

die Kommunikation im Team<br />

Kommunikation ist generell ein wichtiger Aspekt<br />

der Patientensicherheit. Dr. Beate Lenk: „Wir konnten<br />

u.a. feststellen, dass sich die Teamkommunikation<br />

zwischen Pflegenden und Ärzten sowie untereinander<br />

durch die gemeinsamen Trainings komplett<br />

verändert hat.“ Ausländische Studien zeigten zudem,<br />

dass sich Komplikationsraten<br />

und Sterblichkeit<br />

unterscheiden<br />

würden, je nachdem,<br />

ob ein Team regelmäßige<br />

Trainings durchgeführt<br />

hat oder nicht.<br />

In Deutschland sei diese<br />

Art von Fortbildung<br />

im Vergleich zu anderen<br />

Ländern leider<br />

nicht vorgeschrieben.<br />

„Bei uns gibt es bisher<br />

keine Verpflichtung,<br />

bestimmte Handlungen<br />

zunächst zu trainieren und erst dann in der<br />

echten medizinischen Praxis zu arbeiten. Hier muss<br />

aus meiner Überzeugung ein Umdenken stattfinden.<br />

Hilfreich wäre zudem, wenn das Thema Qualität<br />

mit konkreten Themen des Simulationstrainings<br />

generell verknüpft wäre“, so die Leiterin des Erfurter<br />

Simulationszentrums.<br />

Hier wird derzeit auch an neuen Techniken gearbeitet<br />

– an einem Podcast und an videogestützten<br />

Debriefings. Das Zentrum hat auch Expertise, was<br />

Lehrfilme betrifft. Dafür muss dann im „echten“ OP<br />

nicht gestört werden. Als Grundlage für Lehrfilme<br />

können u.a. Empfehlungen der Fachgesellschaften<br />

dienen. Die Inhalte können an den Bedarf des jeweiligen<br />

Auftraggebers angepasst werden. Das muss<br />

nicht OP oder Intensiv sein. Anpassungen sind auch<br />

für Normalstationen oder Ambulanzen möglich.<br />

Redaktion <strong>Praxisberichte</strong><br />

Polytraumatag – jeder Handgriff, jede Aktion wird im Team trainiert<br />

Übung für den Ernstfall<br />

Abläufe und Personal im simulierten Ausnahmezustand<br />

Katastrophenübung Ende September vorigen<br />

Jahres in Erfurt. 24 teils schwerstverletzte Personen<br />

mussten innerhalb einer Nacht im Helios<br />

Klinikum infolge eines Sprengstoffanschlags<br />

versorgt werden. Das Szenario war Teil einer<br />

Übung von Einsatzkräften der Feuerwehr, der<br />

Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes<br />

der Landeshauptstadt Erfurt sowie angrenzender<br />

Landkreise am Erfurter Hauptbahnhof.<br />

„Durch das wirklichkeitsnahe Agieren wollten wir<br />

unsere Abläufe und unser Personal im Ausnahmezustand<br />

erproben“, so der Ärztliche Direktor Prof.<br />

Dr. med. Dirk Eßer. Seine erste Einschätzung in den<br />

frühen Morgenstunden: „Wir sind für den Ernstfall<br />

gerüstet und haben viel gelernt.“<br />

In Wellen wurden über die Rettungsdienste insgesamt<br />

drei leicht verletzte, zehn schwer verletzte<br />

und elf akut vital bedrohte Personen ins Klinikum<br />

gebracht. Neben Verbrennungen und Kopfverletzungen<br />

wiesen einige Patientendarsteller auch ein<br />

Polytrauma auf. „Wir wussten zwar, wann die Krankenhausübung<br />

stattfindet, nicht jedoch, was die<br />

Foto: Helios Klinikum Erfurt<br />

Patienten für Beschwerden aufweisen“, so der Ärztliche<br />

Direktor weiter. „Im Vorfeld haben wir unsere<br />

Abläufe überprüft und unsere Teams allgemein auf<br />

die Gefahrenlage vorbereitet.“<br />

Prof. Eßer: „Wir haben uns bewusst für die maximal<br />

vertretbare Anzahl an Verletzten entschieden, um<br />

unsere Organisation unter Extrembedingungen zu<br />

testen. Im Notfall müssen alle Kräfte mobilisiert werden.“<br />

Zur Normalbesetzung wurden für die Übung<br />

etwa 450 Mitarbeiter des Helios Klinikums Erfurt<br />

alarmiert. Etwa 60 Fachärzte, Pflegekräfte und weitere<br />

Helfer eilten innerhalb der ersten Stunde nach<br />

Auslösung des Alarms ins Klinikum, um zu helfen.<br />

Bei einem Katastrophenfall mit vielen Schwerverletzten<br />

greift ein vorher definierter Alarm- und<br />

Einsatzplan. Aus einigen Fachbereichen werden<br />

so viele Mitarbeiter wie möglich in die Klinik gerufen.<br />

Dazu gehören Ärzte aller operativen Fächer,<br />

Anästhesisten, Intensivmediziner, das Personal der<br />

Notaufnahme, Radiologie und der Operationssäle.<br />

Außerdem müssen in kürzester Zeit Behandlungsplätze<br />

vorbereitet, Liegen und medizinisches Gerät<br />

herbeigeschafft werden.<br />

<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 66<br />

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<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT

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