VKD-Praxisberichte 2019
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DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
für die Leistungen der Altenpflege zumindest in Teilbereichen<br />
bezahlt wird oder wurde.<br />
Kann die Digitalisierung auch in der Altenpflege<br />
ein Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels<br />
sein?<br />
Franz Hartinger: Das kann sie.<br />
Die Altenpflege ist hier sicher<br />
weiter als mancher denkt. In<br />
den Einrichtungen unserer<br />
Kolleginnen und Kollegen der<br />
Fachgruppe wird zwischenzeitlich<br />
durchgehend digital<br />
dokumentiert und in gleicher<br />
Weise die Pflegeplanung<br />
durchgeführt. Ich denke, das<br />
ist auch in den meisten anderen<br />
Pflegeheimen bereits der<br />
Fall. Es sorgt für mehr Transparenz<br />
und Sicherheit. Alle relevanten<br />
Informationen über<br />
den Bewohner stehen allen<br />
am Pflege- und Betreuungsprozess<br />
Beteiligten uneingeschränkt<br />
zur Verfügung.<br />
Unter Beachtung des Datenschutzes<br />
ist diese Strukturierte<br />
Informations-Sammlung<br />
(SIS) auch ein guter Baustein<br />
für eine bessere Zusammenarbeit<br />
der Einrichtungen mit den behandelnden<br />
niedergelassenen Ärzten. Und z. B. mit dem Einsatz<br />
von Telecare sehe ich gute Entlastungsmöglichkeiten<br />
für Pflegekräfte.<br />
…und Robotik?<br />
Franz Hartinger: Grundsätzlich wäre Robotik als Assistenz<br />
und zum Beispiel zur Übernahme von Routinearbeiten,<br />
zur physischen Entlastung der Pflegenden<br />
oder als automatisierte Pflegewagen in der<br />
Altenpflege eine gute Sache. Zumal sich dadurch<br />
vermutlich auch jüngere Menschen angesprochen<br />
fühlen würden, sich für einen Beruf in der Altenpflege<br />
zu interessieren. Hier haben wir aber gerade in<br />
unserer <strong>VKD</strong>-Jahrestagung im Mai in Berlin in einem<br />
Vortrag gehört, dass solche Systeme bisher nur selten<br />
Marktreife erlangt haben und allenfalls – etwa<br />
Pflegewagen – im Modell erprobt wurden. Humanoide<br />
Roboter für bestimmte Tätigkeiten gibt es<br />
natürlich bereits, die in Pflegeeinrichtungen aber<br />
bisher nach meiner Kenntnis nur als Test eingesetzt<br />
wurden, wobei klar sein muss, dass sie die eigentliche<br />
Pflegearbeit und die Zuwendung zu den Bewohnern<br />
nicht ersetzen können und auch nicht ersetzen<br />
dürfen.<br />
Die Pflegeversicherung unterstützt einmalig<br />
eine vierzigprozentige Ko-Finanzierung zur Anschaffung<br />
von digitalen Ausrüstungen mit bis zu<br />
12.000 Euro – insgesamt können 30.000 Euro je<br />
Einrichtung finanziert werden. Bringt das die Digitalisierung<br />
voran?<br />
Franz Hartinger: Es hilft sicher, aber jeder weiß, wie<br />
teuer Hard- und Software sowie die für den Betrieb<br />
notwendige Infrastruktur sind. Insofern: Eher ein<br />
Tropfen auf den heißen Stein. Aber alles hilft ja.<br />
Eine letzte Frage bezieht sich auf die Ankündigung<br />
aus Nordrhein-Westfalen, in Krankenhäusern<br />
auch Kurzzeitpflege anzubieten. Wie bewerten<br />
sie diese Initiative?<br />
Franz Hartinger: Seit Januar 2016 gibt es bereits die<br />
Rechtsvorschrift des § 39 c SGB V. Mit dieser Vorschrift<br />
erhalten Versicherte einen Leistungsanspruch<br />
auf Kurzzeitpflege zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Sie soll den Versicherten dann die<br />
Möglichkeit einer Kurzzeitpflege bieten, wenn eine<br />
Kurzzeitpflege aus der Sozialen Pflegeversicherung<br />
nach dem SGB XI nicht möglich ist, weil z. B. der aktuelle<br />
Hilfebedarf nicht über die Dauer von wenigstens<br />
sechs Monaten hinausgeht und es damit zu<br />
keinem Pflegegrad kommt.<br />
In Bayern ist mir kein Vertrag nach § 132 SGB V zur<br />
Erbringung von Leistungen nach § 39 c SGB V bekannt.<br />
Ob es an fehlenden räumlichen Möglichkeiten<br />
in Krankenhäusern oder am auch dort vorherrschenden<br />
Pflegepersonalmangel liegt, kann ich<br />
nicht beurteilen. Zur Entlastung der Krankenhäuser<br />
wäre die Verlagerung der Kurzzeitpflege in eine stationäre<br />
Pflegeeinrichtung durchaus möglich.<br />
Vielleicht ist es aber auch ein regionales Problem.<br />
Das geforderte Entlassmanagement ist sicher dort<br />
leichter umzusetzen, wo niedergelassene Ärzte und<br />
ambulante Pflegedienste die Möglichkeiten haben,<br />
notwendige Versorgungen zu übernehmen. Fehlen<br />
diese Möglichkeiten oder sind die Patienten zu weit<br />
davon entfernt, wäre eine weit gefasste Regelung<br />
für eine individuelle Versorgung nicht nur wünschenswert,<br />
sondern dringend notwendig.<br />
Herr Hartinger, vielen Dank für das Gespräch.<br />
Patientensicherheit<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 48