17.06.2021 Aufrufe

VKD-Praxisberichte 2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DER KAMPF UMS PERSONAL<br />

für die Leistungen der Altenpflege zumindest in Teilbereichen<br />

bezahlt wird oder wurde.<br />

Kann die Digitalisierung auch in der Altenpflege<br />

ein Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels<br />

sein?<br />

Franz Hartinger: Das kann sie.<br />

Die Altenpflege ist hier sicher<br />

weiter als mancher denkt. In<br />

den Einrichtungen unserer<br />

Kolleginnen und Kollegen der<br />

Fachgruppe wird zwischenzeitlich<br />

durchgehend digital<br />

dokumentiert und in gleicher<br />

Weise die Pflegeplanung<br />

durchgeführt. Ich denke, das<br />

ist auch in den meisten anderen<br />

Pflegeheimen bereits der<br />

Fall. Es sorgt für mehr Transparenz<br />

und Sicherheit. Alle relevanten<br />

Informationen über<br />

den Bewohner stehen allen<br />

am Pflege- und Betreuungsprozess<br />

Beteiligten uneingeschränkt<br />

zur Verfügung.<br />

Unter Beachtung des Datenschutzes<br />

ist diese Strukturierte<br />

Informations-Sammlung<br />

(SIS) auch ein guter Baustein<br />

für eine bessere Zusammenarbeit<br />

der Einrichtungen mit den behandelnden<br />

niedergelassenen Ärzten. Und z. B. mit dem Einsatz<br />

von Telecare sehe ich gute Entlastungsmöglichkeiten<br />

für Pflegekräfte.<br />

…und Robotik?<br />

Franz Hartinger: Grundsätzlich wäre Robotik als Assistenz<br />

und zum Beispiel zur Übernahme von Routinearbeiten,<br />

zur physischen Entlastung der Pflegenden<br />

oder als automatisierte Pflegewagen in der<br />

Altenpflege eine gute Sache. Zumal sich dadurch<br />

vermutlich auch jüngere Menschen angesprochen<br />

fühlen würden, sich für einen Beruf in der Altenpflege<br />

zu interessieren. Hier haben wir aber gerade in<br />

unserer <strong>VKD</strong>-Jahrestagung im Mai in Berlin in einem<br />

Vortrag gehört, dass solche Systeme bisher nur selten<br />

Marktreife erlangt haben und allenfalls – etwa<br />

Pflegewagen – im Modell erprobt wurden. Humanoide<br />

Roboter für bestimmte Tätigkeiten gibt es<br />

natürlich bereits, die in Pflegeeinrichtungen aber<br />

bisher nach meiner Kenntnis nur als Test eingesetzt<br />

wurden, wobei klar sein muss, dass sie die eigentliche<br />

Pflegearbeit und die Zuwendung zu den Bewohnern<br />

nicht ersetzen können und auch nicht ersetzen<br />

dürfen.<br />

Die Pflegeversicherung unterstützt einmalig<br />

eine vierzigprozentige Ko-Finanzierung zur Anschaffung<br />

von digitalen Ausrüstungen mit bis zu<br />

12.000 Euro – insgesamt können 30.000 Euro je<br />

Einrichtung finanziert werden. Bringt das die Digitalisierung<br />

voran?<br />

Franz Hartinger: Es hilft sicher, aber jeder weiß, wie<br />

teuer Hard- und Software sowie die für den Betrieb<br />

notwendige Infrastruktur sind. Insofern: Eher ein<br />

Tropfen auf den heißen Stein. Aber alles hilft ja.<br />

Eine letzte Frage bezieht sich auf die Ankündigung<br />

aus Nordrhein-Westfalen, in Krankenhäusern<br />

auch Kurzzeitpflege anzubieten. Wie bewerten<br />

sie diese Initiative?<br />

Franz Hartinger: Seit Januar 2016 gibt es bereits die<br />

Rechtsvorschrift des § 39 c SGB V. Mit dieser Vorschrift<br />

erhalten Versicherte einen Leistungsanspruch<br />

auf Kurzzeitpflege zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

Sie soll den Versicherten dann die<br />

Möglichkeit einer Kurzzeitpflege bieten, wenn eine<br />

Kurzzeitpflege aus der Sozialen Pflegeversicherung<br />

nach dem SGB XI nicht möglich ist, weil z. B. der aktuelle<br />

Hilfebedarf nicht über die Dauer von wenigstens<br />

sechs Monaten hinausgeht und es damit zu<br />

keinem Pflegegrad kommt.<br />

In Bayern ist mir kein Vertrag nach § 132 SGB V zur<br />

Erbringung von Leistungen nach § 39 c SGB V bekannt.<br />

Ob es an fehlenden räumlichen Möglichkeiten<br />

in Krankenhäusern oder am auch dort vorherrschenden<br />

Pflegepersonalmangel liegt, kann ich<br />

nicht beurteilen. Zur Entlastung der Krankenhäuser<br />

wäre die Verlagerung der Kurzzeitpflege in eine stationäre<br />

Pflegeeinrichtung durchaus möglich.<br />

Vielleicht ist es aber auch ein regionales Problem.<br />

Das geforderte Entlassmanagement ist sicher dort<br />

leichter umzusetzen, wo niedergelassene Ärzte und<br />

ambulante Pflegedienste die Möglichkeiten haben,<br />

notwendige Versorgungen zu übernehmen. Fehlen<br />

diese Möglichkeiten oder sind die Patienten zu weit<br />

davon entfernt, wäre eine weit gefasste Regelung<br />

für eine individuelle Versorgung nicht nur wünschenswert,<br />

sondern dringend notwendig.<br />

Herr Hartinger, vielen Dank für das Gespräch.<br />

Patientensicherheit<br />

<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!