VKD-Praxisberichte 2019
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DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
die Mühlenkreiskliniken berichten in diesen <strong>Praxisberichte</strong>n<br />
über ihr Engagement für Medizinernachwuchs<br />
im Rahmen einer umfangreichen und komplexen<br />
Personalstrategie.<br />
Die Ausbildungszahlen in der Pflege werden überall<br />
wieder angehoben. Um Rückkehrer in den Beruf<br />
wird geworben. Vielfach werden Mitarbeiter in Teilzeit<br />
angesprochen, ihre Arbeitszeit aufzustocken.<br />
Auch das Thema ausländische Arbeitskräfte spielt<br />
eine Rolle, auch wenn es sehr aufwändig und nicht<br />
in jedem Fall erfolgreich ist.<br />
Wie kommen wir aus dieser Spirale nach unten vor<br />
allem im Pflegebereich wieder heraus? Krankenhäuser<br />
nutzen bereits eine ganze Reihe von Handlungsoptionen.<br />
Es ist wichtig, die Ausbildung sowohl in<br />
Medizin als auch in der Pflege den aktuellen Bedingungen<br />
anzupassen. Ob sich die bereits beschlossene<br />
Generalisierte Pflegeausbildung tatsächlich als<br />
der Stein der Weisen zeigen wird, steht in den Sternen<br />
und wird im <strong>VKD</strong> sowohl von den Fachleuten<br />
aus der Altenpflege als auch der Kinderkrankenpflege<br />
sehr kritisch gesehen.<br />
Mehr Studienplätze sind notwendig, werden aber<br />
allenfalls mittelfristig Entspannung bringen. Es dau-<br />
Fazit<br />
Die Wohnungsmisere in manchen Gegenden, nicht<br />
nur mehr in den Hotspots, sondern auch in Mittelstädten,<br />
führt dazu, dass einige Häuser selbst Wohnungen<br />
schaffen und anbieten, um Personal zu<br />
finden und auch zu binden. So hat das Albertinen-<br />
Diakoniewerk in Hamburg 800 Wohnungen in seinem<br />
Bestand, die Pflegekräften angeboten werden<br />
können, wie ebenfalls auf dem Hauptstadtkongress<br />
berichtet wurde.<br />
„<br />
Auch der <strong>VKD</strong> sieht die Notwendigkeit<br />
von Strukturveränderungen. Er fordert<br />
aber eine sinnvolle, alle Sektoren einbindende<br />
und moderierte Planung sowie die<br />
Finanzierung solcher aufwändigen Veränderungen<br />
– und den Erhalt einer guten und<br />
gut erreichbaren Versorgung in ländlichen<br />
Regionen.<br />
“<br />
Komplexität der Herausforderungen erfordert komplexes,<br />
abgestimmtes Handeln<br />
ert deutlich länger, einen Facharzt auszubilden als<br />
einen Ingenieur. Daher wird kein Weg daran vorbeiführen,<br />
mehr ärztliche Aufgaben an andere Berufsgruppen<br />
zu delegieren, vor allem aber die medizinischen<br />
Berufe von diesem „Bürokratiemonster“ zu<br />
befreien. Das Medizinstudium muss zudem wesentlich<br />
praxisorientierter werden – wie es zum Beispiel<br />
in der Medizinischen Hochschule Brandenburg bereits<br />
erfolgreich vorexerziert wird.<br />
Auch wenn der Personalmangel dies deutlich erschwert<br />
- die Krankenhäuser müssen wieder attraktiver<br />
für ihre Mitarbeiter werden. Das ist eine wichtige<br />
Führungsaufgabe des Managements. Ein wichtiger<br />
Aspekt dabei ist die Unternehmenskultur. Sie zeigt<br />
sich nicht vor allem in Postulaten auf Papier, sondern<br />
im täglichen Umgang der Mitarbeiter untereinander,<br />
mit Patienten, Angehörigen, und dem Bild,<br />
das nach außen wirkt.<br />
Ein wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist<br />
Verlässlichkeit. Gilt, was heute gesagt wird, auch<br />
morgen noch? Gilt es auch, wenn ein neuer Geschäftsführer<br />
kommt? Die „Verweildauer“ von Geschäftsführern<br />
deutscher Krankenhäuser ist im<br />
Schnitt kürzer als die von DAX-Vorständen. Man hat<br />
manchmal schon den Eindruck, dass Geschäftsführer<br />
von Trägern schneller ausgewechselt werden als<br />
Fußballtrainer. Das ist keine nachhaltige Entwicklung,<br />
das schafft kein Vertrauen bei den Mitarbeitern.<br />
Es verhindert Engagement und trübt auch für<br />
potenzielle Bewerber das Bild des Krankenhauses.<br />
Attraktivität für Mitarbeiter und Bewerber entsteht<br />
auch durch Chancen für diejenigen, die im Beruf<br />
weiterkommen wollen. „Exzellenz in der Pflege“<br />
– ein gemeinsames Papier des Bundesverbandes<br />
Pflegemanagement, des Verbandes der Pflegedirektorinnen<br />
und Pflegedirektoren der Universitätskliniken<br />
und Medizinischen<br />
Hochschulen sowie des Katholischen<br />
Pflegeverbandes<br />
– veröffentlicht im Juli<br />
dieses Jahres, zeigt einen<br />
Weg, wie gut ausgebildete<br />
und engagierte Mitarbeiter<br />
gewonnen und im Krankenhaus<br />
gehalten werden<br />
können – und damit auch<br />
attraktiver für Patienten<br />
werden: durch Exzellenz in<br />
der Pflege. Es gehe, heißt<br />
es darin, um Professionalität auf der ganzen Linie,<br />
um Exzellenzförderung. Sicher auch dies gerade angesichts<br />
des Fachkräftemangels besonders schwierig,<br />
grundsätzlich aber notwendig.<br />
Die Digitalisierung der Krankenhäuser gehört zum<br />
notwendigen Strukturwandel und wird auch die<br />
Arbeit aller Berufsgruppen verändern. Eine andere<br />
Form des Personaleinsatzes, eine Entlastung der<br />
Pflegenden und der Ärzte von einem Großteil der<br />
bürokratischen Pflichten, besser gestaltete Prozesse<br />
sind die Hoffnungen, die sich damit verbinden. Damit<br />
das möglich wird, ist aber – und das fordert der<br />
<strong>VKD</strong> seit etlichen Jahren ebenfalls – ein Masterplan<br />
Digitalisierung sowie ein gesamtgesellschaftlicher<br />
Kraftakt zu deren Finanzierung notwendig. Allein aus<br />
Bordmitteln kann das den Häusern nicht gelingen.<br />
„<br />
Auch wenn der Personalmangel<br />
dies deutlich erschwert - die Krankenhäuser<br />
müssen wieder attraktiver<br />
für ihre Mitarbeiter werden.<br />
Das ist eine wichtige Führungsaufgabe<br />
des Managements. Ein wichtiger<br />
Aspekt dabei ist die Unternehmenskultur.<br />
“<br />
Gleichzeitig muss auch an die seit Jahren von den<br />
Bundesländern ignorierte Pflicht zu einer auskömmlichen<br />
Investitionsfinanzierung erinnert werden, die<br />
an der Personalmisere ihren erheblichen Anteil hat.<br />
Das Problem des Fachkräftemangels hat sich in Jahren<br />
– ja Jahrzehnten - aufgebaut. Es wird sich nicht<br />
binnen kurzem lösen lassen. Für wirklich nachhaltige<br />
Veränderungen ist im Grunde eine Disruption<br />
des gegenwärtigen Gesundheitssystems notwendig,<br />
die alle Bereiche einbezieht. Diese kann aber<br />
nicht in einer extremen Reduzierung der Krankenhausstandorte<br />
bestehen, wie es im Sommer die<br />
Bertelsmann-Stiftung ganz im Einklang mit den<br />
Krankenkassen forderte. Nicht nur die Versorgung<br />
in ländlichen Regionen würde damit angesichts der<br />
defizitären Zahl an Fachärzten im niedergelassenen<br />
Bereich zur Disposition gestellt. Auch der Mangel an<br />
Fachkräften wäre damit keinesfalls behoben. Abgesehen<br />
davon, dass so die Zahl der Patienten, die versorgt<br />
werden müssen, nicht sinken würde. Werden<br />
die Mitarbeiter der zu schließenden Häuser wirklich<br />
mit fliegenden Fahnen in weiter entfernte Zentren<br />
wechseln? Wohl kaum!<br />
Zu erinnern ist in diesem<br />
Zusammenhang an die Ergebnisse<br />
der Kommission<br />
„Gleichwertige Lebensverhältnisse“,<br />
veröffentlicht<br />
ebenfalls im Juli dieses<br />
Jahres, die auch den Wert<br />
regionaler Gesundheitsangebote<br />
betont – Arztpraxen,<br />
Krankenhäuser,<br />
Pflegeeinrichtungen. Das<br />
unterstützt auch der <strong>VKD</strong>.<br />
Der Fachkräftemangel ist<br />
nur ein Symptom für den notwendigen Strukturwandel<br />
in der Gesundheitsversorgung. Bei allen<br />
Möglichkeiten, hier aktuell gegenzusteuern, kann<br />
er doch grundsätzlich nicht unabhängig von den<br />
übrigen Herausforderungen betrachtet und gelöst<br />
werden. Es ist ja keine neue Erkenntnis: Stationäre<br />
und ambulante Versorgung müssen gemeinsam<br />
gedacht und geplant werden – und dies entsprechend<br />
den regionalen Bedingungen. Ausgebaut<br />
werden müssen Versorgungszentren an Krankenhäusern,<br />
vor allem in den ländlichen Regionen.<br />
Die Kosten dafür sind als gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe zu sehen, die sich nicht nur auf die Gesundheitsversorgung<br />
an sich bezieht, sondern auf<br />
das gesamte Umfeld. Für all das brauchen wir einen<br />
langen Atem.<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 22 23<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT