VKD-Praxisberichte 2019
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DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
Banken. Diese Hilfestellungen entstanden freiwillig<br />
oder auf Bitten der Leitungen und waren meist adhoc-Reaktionen<br />
auf sichtbar gewordene Bedarfe. In<br />
Einzelfällen war dies mit hohem persönlichem Engagement<br />
verbunden. Handelte es sich aber nicht<br />
mehr um Einzelfälle, nahm das soziale Engagement<br />
von Beschäftigten deutlich ab. Der einzelne Fall erscheint<br />
interessant, stellt eine bewältigbare Herausforderung<br />
dar und mobilisiert die Hilfsbereitschaft<br />
– er hat einen gewissen Eventcharakter. Wird Integration<br />
aber häufiger erforderlich und tendenziell zu<br />
einer Regelaufgabe, dann tritt der damit verbundene<br />
Arbeitscharakter stärker in den Vordergrund.<br />
Pflegeteams in den<br />
Einrichtungen vorbereiten<br />
In allen Fällen, in denen bei den Trägern Erfahrungen<br />
mit der Integration schlecht Deutsch sprechender<br />
Arbeitskräfte bestehen, wird darauf verwiesen,<br />
dass dies für die bestehende Belegschaft mit erheblichen<br />
Belastungen verbunden ist. Bestimmte<br />
Aufgaben, wie zum Beispiel die Dokumentation,<br />
können lange Zeit überhaupt nicht übertragen<br />
werden, Nachtdienste in der Regel nicht übernommen<br />
werden. Die Einarbeitung internationaler Pflegekräfte<br />
dauert insgesamt deutlich länger als die<br />
der hier zulande qualifizierten Kräfte – von ein bis<br />
zwei Jahren ist auszugehen. Der dringend erforderliche<br />
regelmäßige Besuch von Deutschkursen<br />
erfordert die Freistellung und eine entsprechende<br />
„<br />
Für die bestehenden Pflegeteams bedeutet die Integration<br />
internationaler Pflegekräfte stets zusätzlichen<br />
Aufwand. Integration macht Arbeit, und diese Arbeit<br />
muss unter den meist bestehenden Rahmenbedingungen<br />
Personalmangel und Zeitdruck geleistet werden.<br />
Die Teams müssen nach Ansicht der Projektbeteiligten<br />
auf diese Integrationsarbeit systematisch vorbereitet<br />
werden, und diese Zusatzarbeit muss in irgendeiner<br />
Form honoriert werden.<br />
“<br />
Foto: Hochschule Fulda/Groß<br />
Gestaltung von Dienstplänen. Vor allem durch solche<br />
Maßnahmen bedingte Dienstplanänderungen<br />
werden von der bestehenden Belegschaft kritisch<br />
gesehen. Dies alles muss berücksichtigt werden,<br />
und die Belastungen der Teams müssen besser aufgefangen<br />
werden. Demgegenüber wird die sprachliche<br />
und kulturelle Mittler-Funktion internationaler<br />
Fachkräfte bei einem sich internationalisierenden<br />
Klientel oft als hilfreich empfunden.<br />
Für die bestehenden Pflegeteams bedeutet die Integration<br />
internationaler Pflegekräfte also stets zusätzlichen<br />
Aufwand. Integration macht Arbeit, und<br />
diese Arbeit muss unter den meist bestehenden<br />
Rahmenbedingungen Personalmangel und Zeitdruck<br />
geleistet werden. Die Teams müssen nach<br />
Ansicht der Projektbeteiligten auf diese Integrationsarbeit<br />
systematisch vorbereitet werden, und<br />
diese Zusatzarbeit muss in irgendeiner Form honoriert<br />
werden.<br />
Gelingt die Integration internationaler Fachkräfte,<br />
dann führt dies zu einer Verbesserung der Arbeitssituation<br />
des gesamten Teams – der Weg dahin ist<br />
aber weit und durchaus steinig. Entlastung tritt nur<br />
dann ein, wenn die Teams bereit und fähig dazu<br />
sind, diese Integrationsleistung vorweg zu erbringen.<br />
Entscheidend ist hier, dass sowohl der Beitrag<br />
der in den Einrichtungen Beschäftigten als auch die<br />
Leistungen der internationalen Arbeitskräfte gewürdigt<br />
und gegenseitiger Respekt wie gegenseitige<br />
Anerkennung gefördert werden.<br />
Zum Projekt<br />
Das Projekt „Integration Internationaler Pflegekräfte“<br />
ist eines von zehn Umsetzungsprojekten<br />
des „Regionalen Innovationszentrums Gesundheit<br />
und Lebensqualität Fulda“ (RIGL-Fulda). Das<br />
RIGL-Fulda ist das bislang größte Transferprojekt<br />
der Hochschule Fulda, die eine der wenigen „Innovativen<br />
Hochschulen“ in Deutschland ist und<br />
durch die gleichnamige Bund-Länder-Initiative<br />
gefördert wird. Knapp zehn Millionen Euro stehen<br />
dem RIGL-Fulda bis Ende 2022 zur Verfügung.<br />
Mehr Informationen<br />
zum Projekt „Integration<br />
Internationaler Pflegekräfte“:<br />
https://hs-fulda.de/rigl-fulda/intip<br />
Mehr Informationen zum RIGL-Fulda:<br />
https://hs-fulda.de/rigl-fulda<br />
Fachlicher Kontakt:<br />
Prof. Dr. Beate Blättner<br />
Fachbereich Pflege und Gesundheit<br />
Hochschule Fulda<br />
E-Mail: Beate.Blaettner@pg.hs-fulda.de<br />
Prof. Dr. Matthias Klemm<br />
Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften<br />
Hochschule Fulda<br />
E-Mail: Matthias.Klemm@sk.hs-fulda.de<br />
Gemeinsam mit den Kooperationspartnern wird<br />
der Versuch unternommen, einrichtungsspezifische<br />
Lösungen für die Vorbereitung und die<br />
Unterstützung der Pflegeteams und ihrer Integrationsarbeit<br />
zu erarbeiten. „Integration“ hat aus<br />
Sicht des Projekts selbst den Charakter eines Projekts,<br />
das geplant und strukturiert werden muss,<br />
indem Zuständigkeiten definiert und ein Zeitplan<br />
mit Meilensteinen und Evaluierungszeitpunkten<br />
entwickelt werden müssen. Für das einzelne Pro-<br />
jekt muss geklärt werden, welche konkrete Unterstützung<br />
das Integrationsteam erfahren, bzw.<br />
wie eine Entlastung gewährleistet und in welcher<br />
Weise die zusätzliche Integrationsarbeit honoriert<br />
werden kann. Unabdingbar für das Gelingen<br />
des Projekts ist unter anderem die enge Zusammenarbeit<br />
mit den Personalverantwortlichen sowie<br />
der jeweiligen Beschäftigtenvertretung.<br />
Versorgungsmängel nicht<br />
verschieben<br />
Auch ethische Fragestellungen sind dem Projekt<br />
wichtig: Wenn qualifiziertes Pflegepersonal aus<br />
anderen Ländern angeworben wird, besteht das<br />
Risiko, dass Versorgungsmängel nur zwischen<br />
Staaten verschoben werden und die sozial ungleiche<br />
Verteilung von Gesundheitschancen<br />
zwischen Ländern verstärkt wird. Das wäre aus<br />
Public Health Sicht ethisch nicht zu vertreten. Die<br />
Bedingungen der Arbeitskräftevermittlung müssen<br />
ebenso betrachtet werden. Das Spektrum<br />
reicht von seriösen Angeboten bis hin zu Formen<br />
modernen Menschenhandels.<br />
Zeitplan<br />
DER KAMPF UMS PERSONAL<br />
Das Projekt hat eine Laufzeit bis Ende 2022. Die<br />
sukzessive erreichten Erkenntnisse werden der<br />
Fachöffentlichkeit in Form von Publikationen<br />
oder Fachtagungen vorgestellt.<br />
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