VKD-Praxisberichte 2019
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PATIENTENSICHERHEIT<br />
PATIENTENSICHERHEIT<br />
Anzahl der Klient*innen in den SPZ, bei denen ein SIM-Einsatz<br />
erfolgte (nach Herkunftsland bzw. Sprache im Jahresvergleich<br />
2017/2018, eigene Auswertung LVR-FB 84) (Abb. 3)<br />
Herkunftsländer/Sprachen<br />
Syrien 27 27 53 44<br />
Afghanistan 7 5 33 29<br />
Irak 9 8 17 15<br />
Iran 5 4 15 13<br />
Türkei 5 2 11 5<br />
GUS-Staaten (russische Föderation) 10 9 16 9<br />
EX-Jugoslawien (Kroatien, Serbien,<br />
Slowenien, Bosnien, Kosovo, Mazedonien)<br />
1 1 18 16<br />
Albanien 6 6 15 14<br />
Polen 1 0 1 0<br />
Aserbeidschan 2 2 2 2<br />
Armenien 0 0 7 6<br />
Maghreb-Staaten (Tunesien, Algerien,<br />
Marokko)<br />
Ostafrika (Eritrea, Äthiopien, Dschibuti,<br />
Somalia, Kenia, Tansania)<br />
Anzahl Klient*innen<br />
2017* 2018<br />
davon<br />
F Status<br />
3 1 10 7<br />
3 2 18 16<br />
Westafrika (Guinea, Ghana etc.) 3 1 7 7<br />
Bangladesch 1 1 2 1<br />
Pakistan 1 0 2 2<br />
Französisch 1 1 5 2<br />
Kurdisch 0 0 1 1<br />
Sonstige 0 0 17 11<br />
* 3. und 4. Quartal 2017 Gesamt: 85 70 250 200<br />
F-Status = Flüchtlingsstatus bzw. (langfristig) ungesicherter Aufenthaltsstatus<br />
davon<br />
F Status<br />
Auch in der gemeindepsychiatrischen<br />
Versorgung der SPZ<br />
des Rheinlands sind die Einsatzzahlen<br />
seit dem Beginn<br />
der Förderung Anfang 2017<br />
deutlich gestiegen. Insgesamt<br />
wurden für Schulungsmaßnahmen<br />
einschließlich SIM-<br />
Einsätze in den SPZ bis Ende<br />
2017 ca. 17.000 Euro abgerufen.<br />
Die Anzahl der Einsätze<br />
stieg von 137 im Jahr 2017 auf<br />
730 im Jahr 2018, hierfür wurden<br />
ca. 76.000 Euro benötigt.<br />
Es wurden 250 Personen (ca.<br />
80% mit Flüchtlingsstatus) beraten.<br />
35% aller Personen, die<br />
unter Zuhilfenahme eines SIM<br />
in den SPZ versorgt wurden,<br />
kamen aus Syrien oder Afghanistan<br />
(s. Abb. 3).<br />
„<br />
Von Seiten des Städteund<br />
Gemeindebunds<br />
(StGB) Nordrhein-Westfalen<br />
sowie vom Deutschen<br />
Krankenhausinstitut<br />
(DKI) werden der Umgang<br />
mit traumatisierten<br />
Geflüchteten und ihre<br />
psychosoziale Betreuung<br />
zunehmend als ein dringliches<br />
Problem<br />
„<br />
benannt.<br />
Auch nach wochenlanger stationär-psychiatrischer<br />
Behandlung von Patient*innen mit Zuwanderungsund<br />
Fluchtgeschichte kann es vorkommen, dass in<br />
Bezug auf die biographische Anamnese wie auch<br />
das Störungsbild von Behandlerseite angemerkt<br />
wird, dass die Erhebung der entsprechenden Informationen<br />
„aufgrund von Sprachbarrieren nicht<br />
möglich gewesen sei“. Zum Dolmetschen werden<br />
Bekannte, Ehepartner und sogar minderjährige<br />
Kinder hinzugezogen; auch der situationsbedingte<br />
Einsatz von Küchen- oder Reinigungspersonal ist<br />
weiterhin keine Seltenheit.<br />
Der LVR-Klinikverbund hat sich - nicht zuletzt aus<br />
Gründen der Patientensicherheit - bereits vor sechs<br />
Jahren entschieden, das kultursensible Dolmetschen<br />
im psychiatrischen Versorgungskontext zu<br />
professionalisieren und entsprechend finanziell zu<br />
fördern, aber auch durch notwendige Schulungen<br />
und Unterstützungsstrukturen zu begleiten. Der<br />
Einsatz von SIM in der Behandlung wird im LVR-<br />
Klinikverbund, aber auch in der gemeindepsychiatrischen<br />
Versorgung mittlerweile als eine wichtige<br />
Möglichkeit gesehen, sprachliche und kulturelle<br />
Barrieren abzubauen.<br />
Bozorgmehr K., Mohsenpour A., et al.<br />
(2016). Systematische Übersicht und „Mapping“<br />
empirischer Studien des Gesundheitszustands<br />
und der medizinischen Versorgung<br />
von Flüchtlingen und Asylsuchenden in<br />
Deutschland (1990–2014). Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz,<br />
59(5), 599-620<br />
Brune, M., Eiroá-Orosa, F.J., Fischer-Ortman,<br />
J., Delijaj, B. und Haasen, C. (2011) Intermediated<br />
communication by interpreters<br />
in psychotherapy with traumatized refugees<br />
International Journal of Culture and Mental<br />
Health, Volume 4, Issue 2, p. 144-151<br />
Fazit<br />
Literatur<br />
Erim, Y. , Hrsg. (2009). Klinische Interkulturelle<br />
Psychotherapie. Ein Lehr- und Praxisbuch.Verlag<br />
W. Kohlhammer, Stuttgart<br />
Hadziabdic, E., Albin, B. & Hjelm, K. (2014).<br />
Arabic-speaking migrants´ attitudes, opinions,<br />
preferences and past experiences concerning<br />
the use of interpreters in healthcare:<br />
a postal cross-sectional survey. BMC Research<br />
Notes, 7-71.<br />
Schröder, H., Zok, K. & Faulbaum, F. (2018).<br />
Gesundheit von Geflüchteten in Deutschland<br />
- Ergebnisse einer Befragung von Schutzsuchenden<br />
aus Syrien, Irak und Afghanistan.<br />
WIdo Monitor 15:1, 1-20.<br />
Die SIM-Einsatzzahlen zeigen, dass die „Behandlung<br />
zu Dritt“ nach anfänglicher Skepsis mittlerweile<br />
etabliert ist - mit entsprechend positiven Rückmeldungen<br />
aus dem Kreis der Mitarbeitenden. Weitere<br />
Möglichkeiten, die Verständigung mit Patient*innen<br />
zu gewährleisten, werden im LVR-Klinikverbund in<br />
der gezielten Nutzung vorhandener muttersprachlicher<br />
und fremdsprachiger Kompetenzen gesehen.<br />
In Ausnahmefällen kann auf Mitarbeitende zurückgegriffen<br />
werden, die sich im Rahmen klinikinterner<br />
Fremdsprachenlisten für Ad-hoc-Dolmetschen<br />
zur Verfügung stellen. Allerdings konnte durch die<br />
Aufnahme eines Anbieters für telefonisches Dolmetschen<br />
in den SIM-Pool des LVR im Jahr 2017 das<br />
bisherige Angebot um einen wichtigen Baustein<br />
erweitert werden: die rasche Verfügbarkeit eines<br />
professionellen Dienstleisters ohne Wartezeit für<br />
akute psychiatrische Notfallsituationen. Darüber hinaus<br />
werden die technischen Umsetzungsmöglichkeiten<br />
für das Videodolmetschen als weitere sinnvolle<br />
Ergänzung der Angebotspalette von LVR-Seite<br />
zurzeit geprüft.<br />
Die weiterhin grundsätzlich fehlende Refinanzierungsmöglichkeit<br />
von SIM-Kosten muss an dieser<br />
Stelle ausdrücklich als eines der größten Probleme<br />
bei der Versorgung von psychisch erkrankten Menschen<br />
mit Zuwanderungs- und Fluchtgeschichte<br />
genannt werden.<br />
Schröder, M. & Joksimovic, L. (2017). Institutionelle<br />
Einflüsse auf die psychotherapeutische<br />
Arbeit mit geflohenen Menschen. In<br />
M. Borsca, C. Nikendei (Hrsg.), Psychotherapie<br />
nach Flucht und Vertreibung: Eine praxisorientierte<br />
und interprofessionelle Perspektive<br />
auf die Hilfe für Flüchtlinge (S. 65-72 pp). Georg<br />
Thieme Verlag.<br />
Thompson, D. A., Hernandez, R. G., Cowden,<br />
J. D., Sisson, St. D., Moon, M. (2013).<br />
Caring for Patients With Limited English<br />
Proficiency: Are Residents Prepared to Use<br />
Medical Interpreters? Academic Medicine<br />
Oct;88(10):1485-1492<br />
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