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VKD-Praxisberichte 2019

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PATIENTENSICHERHEIT<br />

PATIENTENSICHERHEIT<br />

>><br />

Anforderungen an die ideale<br />

Trainingsplattform<br />

Um den Trainingsanforderungen des Klinikalltags gerecht<br />

zu werden, muss eine Plattform eine Vielzahl<br />

von Eigenschaften aufweisen. Insbesondere bei<br />

Infokasten 1<br />

Beispiele für Werkzeuge<br />

„sicherer“ Kommunikation<br />

2-Wege-Kommunikation: Dieses häufig auch<br />

als „Sender-Empfänger“-Modell beschriebene<br />

Werkzeug versucht, durch klare Adressierung des<br />

Empfängers durch den Sender und ebenso Rückmeldung<br />

über den Nachrichtenerhalt durch den<br />

Empfänger den Informationsverlust zu minimieren,<br />

insbesondere in dynamischen Situationen mit<br />

vielen Störfaktoren wie Lärm, Ablenkung, Mehrfachbelastung<br />

etc.<br />

„10-for-10“: Dieses Prinzip betont das Sicherstellen<br />

der Aufmerksamkeit aller Teammitglieder<br />

für einen kurzen Zeitraum („10 Sekunden“), um<br />

dann durch gezielte Kommunikation im Team die<br />

Arbeitsabläufe und Handlungen der darauf folgenden<br />

„10 Minuten“ zu koordinieren. Insbesondere<br />

in dynamischen Situationen (z. B. bei der Schockraumversorgung<br />

eines kritisch kranken Patienten)<br />

können Teams auf diese Weise sicherstellen, dass<br />

Prioritäten immer wieder neu gesetzt werden und<br />

das gemeinsame Handeln optimal auf die Anforderungen<br />

der jeweiligen Situation adaptiert werden<br />

kann.<br />

der Konzeption von Schulungen ist ein profundes<br />

Wissen über Möglichkeiten und Limitationen der<br />

unterschiedlichen Systeme notwendig, um mit der<br />

kostbaren Ressource „Trainingszeit“ optimal wirtschaften<br />

und möglichst effektiv trainieren zu können.<br />

Wichtige Charakteristiken sind unter anderem:<br />

¼¼<br />

Hohe, modellierbare Dynamik: Hierdurch<br />

können Kommunikations- und Entscheidungsfindungsprozesse<br />

unter Zeitdruck<br />

und Stress trainiert werden. Variable Dynamik<br />

ermöglicht dabei das schrittweise Heranführen<br />

an reale Arbeitsbedingungen und stellt<br />

den entscheidenden Schritt von reiner Schulung<br />

zu systematischem Training sicher.<br />

¼¼<br />

Niedrige Komplexität für Anwender<br />

und Trainer: Simulatoren und Trainingsplattformen<br />

sollten möglichst leicht zu bedienen<br />

sein. So kann in der zur Verfügung stehenden<br />

Zeit mehr effektiv trainiert werden, da<br />

weniger Zeit für Erklärungen und Einführungen<br />

in das System aufgewandt werden muss.<br />

Gleichzeitig erleichtert dies die Einarbeitung<br />

neuer Trainer und Erweiterung des Instruktorenstammes<br />

für eine höhere Flexibilität in der<br />

Planung.<br />

¼¼<br />

Universelle Einsetzbarkeit: Mobile Trainingsplattformen<br />

ermöglichen die Gestaltung<br />

eines flexiblen und auf den jeweiligen Arbeitskontext<br />

angepassten Trainingsprogramms.<br />

Während z. B. hochkomplexe Patientensimulatoren<br />

mit realistischer Nachbildung einer<br />

Vielzahl von Körperfunktionen (Atmung, Lungenfunktion,<br />

Gefäßsystem, etc., sog. „Full-Scale-Simulatoren)<br />

teilweise hohe Anforderungen<br />

an bauliche Gegebenheiten stellen und daher<br />

ortsgebunden fest installiert sind, können Modelle<br />

mit nur minimal weniger Realitätsgrad<br />

problemlos an jeden beliebigen Trainingsort<br />

transportiert werden. Dies ermöglicht ein Training<br />

in der gewohnten Arbeitsumgebung der<br />

Teilnehmer, wodurch einerseits der Transfer<br />

der Inhalte in den Arbeitsalltag erleichtert und<br />

andererseits die Relevanz und Anwendbarkeit<br />

neuer Kommunikationsstrategien für die Teilnehmer<br />

sichtbar wird.<br />

Abstraktion als<br />

didaktisches Mittel<br />

Für das Erlernen neuer Kommunikationsstrategien<br />

kann es erfolgversprechend sein, unterschiedliche<br />

Abstraktionsniveaus einzusetzen. Die Simulation einer<br />

Reanimationssituation auf Station mit einem Patientensimulator<br />

(Plattform niedriger Abstraktion)<br />

kann optimal dafür eingesetzt werden, den Einsatz<br />

neuer Werkzeuge in der reellen Arbeitsumgebung<br />

unter Zeitdruck und verschiedenen Zielkonflikten<br />

zu trainieren. Hierbei können auch besonders<br />

emergente Phänomene, also nicht vorhersehbare<br />

Resultate von Interaktionen in dynamischen Situationen,<br />

aufgedeckt und Werkzeuge kritisch auf ihre<br />

Anwendbarkeit geprüft werden. Typische Beispiele<br />

hierfür sind Briefings in zeitkritischen Situationen<br />

oder die Integration neuer Checklisten in bestehende<br />

Arbeitsprozesse. Derartige Trainings stellen<br />

aufgrund der inhaltlichen Komplexität jedoch hohe<br />

Anforderungen an die Ausbilder und das zugrunde<br />

liegende Trainingskonzept. Da im selben Kontext<br />

nicht nur kommunikative, sondern auch fachliche<br />

Aspekte trainiert werden können, besteht die Gefahr,<br />

dass diese aufgrund der Vertrautheit mit medizinischen<br />

Inhalten stärker betont werden, und die<br />

Diskussion um „soft skills“ in<br />

den Hintergrund gerät.<br />

Einen radikal anderen Ansatz<br />

stellt daher der vorherige<br />

Einsatz abstrakter Trainingsplattformen<br />

zur Vermittlung<br />

Abstrakte Plattformen<br />

Foto: Fa. InterPersonis GmbH<br />

„<br />

Ein regelmäßiges und<br />

zielgerichtetes Training<br />

von Kommunikation in<br />

Hochrisikobereichen ist<br />

von großer Bedeutung für<br />

die Sicherstellung aller<br />

nachgeschalteten Teamprozesse<br />

in komplexen<br />

„<br />

Arbeitsumgebungen.<br />

kommunikativer Werkzeuge<br />

dar. Hier übernehmen die<br />

Teilnehmer in einem spielerischen<br />

Umfeld ungewohnte,<br />

fachfremde Rollen (wie z.B.<br />

die Steuerung eines Kraftwerkes<br />

oder die Koordination des<br />

Werksverkehrs einer Automobilfabrik).<br />

Hierbei wird gezielt<br />

die Kommunikation in den<br />

Fokus der Simulation gerückt; ein „Abdriften“ in<br />

inhaltlich-fachliche Diskussionen ist für alle Beteiligten<br />

unmöglich. Zusätzlich zu kommunikativen<br />

Inhalten können weitere Aspekte in die Trainings<br />

integriert werden, wie z.B. Entscheidungsfindung<br />

im Team, taktische oder betriebswirtschaftliche<br />

Überlegungen, oder adaptives Handeln bei unerwarteter<br />

Dynamik. Darüber hinaus können Formate<br />

erweiterter Kommunikationsprozesse, wie z.B.<br />

Feedback, losgelöst von fachlichen oder inhaltlichen<br />

Differenzen erlernt werden. Eine derartige<br />

Vermittlung stellt die optimale Grundlage für einen<br />

Transferprozess dar, der sich in weiterführenden<br />

Trainingseinheiten konkreter am Arbeitsumfeld der<br />

Teilnehmer orientiert.<br />

Die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches<br />

Kommunikationstraining ist<br />

neben der Wahl einer geeigneten<br />

Plattform die klare<br />

Definition der zu Grunde<br />

liegenden Lernziele. Nur<br />

die präzise Formulierung<br />

eines Erwartungshorizontes<br />

ermöglicht die Konzeption<br />

passender Szenarien.<br />

Eine wichtige Quelle hierfür<br />

liefern abteilungsinterne<br />

Zwischenfallmeldesysteme<br />

(Critical Incident Reporting<br />

Systems, CIRS), da dort gehäuft<br />

berichtete Problemfelder<br />

in die Trainingskonzeption<br />

mit aufgenommen werden können.<br />

Die Simulationswoche am Universitätsklinikum<br />

Heidelberg<br />

Zur Standardisierung der Trainingsinhalte und Optimierung<br />

von Kommunikation im Team führt die<br />

Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums<br />

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