VKD-Praxisberichte 2019
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PATIENTENSICHERHEIT<br />
PATIENTENSICHERHEIT<br />
Sichere Kommunikation erleben!<br />
Prof. Dr. med. Dirk Eßer<br />
Ärztlicher Direktor des<br />
Helios Klinikums Erfurt<br />
>><br />
„<br />
Foto: Helios Klinikum Erfurt<br />
Die nächtliche Übung, Szenarien im<br />
Simulationszentrum und ein breites<br />
Spektrum an jährlichen Fort- und Weiterbildungen<br />
dienen dazu, das Klinikpersonal<br />
auf Ausnahmesituationen gezielt<br />
vorzubereiten und Mechanismen<br />
einzuspielen. Das Szenario der Stadt war<br />
eine große Chance, unter verschärften<br />
Bedingungen zu trainieren. Wir wollten<br />
sehen, wie die Arbeit in der Notaufnahme<br />
und Überleitung in die einzelnen<br />
Behandlungsteams, insbesondere an<br />
den Schnittstellen Ambulanz, OP und<br />
Radiologie, klappt. Das erste Fazit fällt<br />
positiv aus. Vieles war intuitiv richtig. An<br />
manchen auf dem Papier klar definierten<br />
Abläufen müssen wir weiter arbeiten.<br />
“<br />
Helios: Simulationstrainings<br />
verbessern Patientensicherheit<br />
In den vergangenen drei Jahren hat das Unternehmen<br />
Helios mit einem Investitionsvolumen von rund<br />
zwei Millionen Euro Simulationszentren in Erfurt,<br />
Krefeld und Hildesheim aufgebaut. Mehr als 3.000<br />
Ärzte und Pflegekräfte wurden hier seit Anfang 2016<br />
trainiert. Damit führt das Krankenhausunternehmen<br />
die meisten Simulationstrainings für seine Mitarbeiter<br />
in Deutschland durch. Die Überzeugung: Durch<br />
Foto: Helios Klinikum Erfurt<br />
„<br />
Dr. med. Beate Lenk<br />
Leiterin des Bildungszentrums<br />
und des Simulationszentrums,<br />
Verantwortliche<br />
für den Katastrophenschutz<br />
des Helios Klinikums Erfurt<br />
Bei dieser Katastrophenübung ging es<br />
vor allem um Prozesse. Ein wesentliches<br />
Ergebnis war, dass ein starker Teameffekt<br />
entstanden ist, der auf das gesamte<br />
Haus ausgestrahlt hat. Die Beteiligten<br />
haben sicher für lange Zeit eine bildliche<br />
Erinnerung an das Ereignis und sind<br />
deutlich optimistischer, dass sie solche<br />
Situationen gemeinsam meistern können.<br />
Aber es stehen nach einer solchen<br />
Übung natürlich auch Nachfolgeschritte<br />
an. Wir haben unser Hauskonzept getestet<br />
und können in der Fortbildung nun<br />
im Detail darauf eingehen.<br />
“<br />
>><br />
Simulationstrainings kann die Patientenversorgung<br />
und -sicherheit verbessert werden. Das Simulationszentrum<br />
des Erfurter Klinikums ist für die Helios Kliniken<br />
in den Regionen von Stralsund bis München<br />
zuständig. Dazu finden Trainings für nicht zu Helios<br />
gehörende externe Krankenhäuser und Einzelpersonen<br />
statt.<br />
Ob Notfall oder klinische Routine: Zusammenarbeit durch Einsatz<br />
interaktiver Plattformen gezielt trainieren<br />
Nicht nur im Notfall, sondern auch im klinischen<br />
Alltag ist effiziente und sichere Kommunikation<br />
von höchster Bedeutung. Sie ermöglicht<br />
gute Teamarbeit, ist unerlässlich für interdisziplinäre<br />
und interprofessionelle Koordination<br />
und spielt eine bedeutende Rolle bei Entscheidungsfindungsprozessen.<br />
Umso wichtiger ist<br />
daher das kontinuierliche und gezielte Training<br />
von Kommunikation im geschützten Rahmen.<br />
Am Universitätsklinikum Heidelberg trainieren<br />
Mitarbeiter der Klinik für Anästhesiologie im<br />
eigenen Simulationszentrum, wie Werkzeuge<br />
für sichere Kommunikation optimal eingesetzt<br />
werden können.<br />
„Aber das habe ich doch gesagt“ ist wahrscheinlich<br />
einer der am häufigsten gehörten Sätze in deutschen<br />
Kliniken – doch er fällt immer dann, wenn<br />
die Kommunikation bereits schief gelaufen ist. Die<br />
Bedeutung von Kommunikation im Alltag kann<br />
nicht genug herausgestellt<br />
werden, ist sie doch integraler<br />
Bestandteil jeglicher Zusammenarbeit<br />
in der Patientenversorgung.<br />
Sie betrifft alle<br />
klinischen Bereiche, von der<br />
Organisation der Stationsarbeit<br />
in der Routineversorgung<br />
bis hin zur Koordination einer<br />
komplexen Notfallsituation im<br />
OP. Doch während moderne<br />
Ausbildungskonzepte für Medizinstudenten<br />
und Pflegekräfte<br />
bereits Kommunikation<br />
mit Patienten schulen und<br />
trainieren (meistens durch Einsatz<br />
von Schauspielpatienten),<br />
bleibt die interprofessionelle<br />
und interdisziplinäre Kommunikation<br />
als zentraler Aspekt<br />
erfolgreicher Teamarbeit häufig<br />
„learning by doing“ – und<br />
Foto: privat<br />
Autor<br />
Dr. med. Christopher Neuhaus,<br />
Klinik für Anästhesiologie,<br />
Universitätsklinikum Heidelberg<br />
damit dem Zufall überlassen. Die Resultate sind<br />
vielfältig und nicht selten frustrierend für alle Beteiligten:<br />
Abläufe stocken, Organisation ist redundant<br />
und zeitraubend, die Arbeitsbelastung steigt<br />
und im schlimmsten Fall entstehen Situationen, in<br />
denen die Patienten- oder Mitarbeitersicherheit<br />
gefährdet wird.<br />
Konzepte für sichere<br />
Kommunikation<br />
Der tägliche Umgang mit hohen Risiken und eine<br />
geringe Systemtoleranz für Fehler haben in sog.<br />
„high-consequence industries“ (z. B. Nuklearindustrie,<br />
Luftfahrt, petrochemische Industrie, Schiffahrt,<br />
etc.) zur Entwicklung einer Vielzahl von Werkzeugen<br />
geführt, die bestimmte Bereiche der Kommunikation<br />
optimieren und standardisieren. Ziel dabei ist<br />
jeweils die möglichst verlustfreie Weitergabe von<br />
Informationen bei der Verfolgung eines gemeinsamen<br />
Ziels. Auch die Erstellung einer gemeinschaftlich<br />
geteilten Vorstellung der aktuellen Situation, ein<br />
sogenanntes „mentales Modell“,<br />
wird durch Kommunikation ermöglicht<br />
und angestrebt. Unterschiedliche<br />
Eindrücke, Sachstände<br />
und Ansichten einzelner<br />
Teammitglieder werden durch<br />
Kommunikation angepasst,<br />
harmonisiert und zu einem<br />
kollektiven Verständnis zusammengefügt.<br />
Darüber hinaus<br />
bieten Werkzeuge bestimmte<br />
Formate, die gemeinsame<br />
Konventionen festlegen und<br />
typische Störgrößen wie Emotionalität<br />
und Beziehungen,<br />
aber auch Hierarchie, in den<br />
Hintergrund treten lassen.<br />
In der Medizin immer häufiger<br />
angetroffene Konzepte sind<br />
unter anderem die Zwei-Wege-Kommunikation,<br />
verschiedene<br />
strukturierte Briefings<br />
(z. B. vor Narkoseeinleitung, zur Patientenübergabe,<br />
als interdisziplinäres „Time-Out“ im OP), oder das<br />
„10-for-10“ Prinzip (s. Infokasten 1).<br />
<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2019</strong> | KAMPF UMS PERSONAL - PATIENTENSICHERHEIT 68<br />
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