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17 d’Isarwinkler

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TITELGESCHICHTE<br />

Maria als junges, fesches Mädchen<br />

war das fünfte von insgesamt sechs<br />

Kindern. Ihre Muadda (so nannte<br />

man die Mama damals) heirate erst<br />

mit 35 Jahren und so war sie schon<br />

47 als das letzte ihrer Sprösslinge<br />

zur Welt kam. Zur Schule ging man<br />

damals ins Schulhaus auf Oberbuchen.<br />

Ungefähr 25 Kinder waren<br />

es zu der Zeit, die sich aus vielen<br />

kleinen Weilern ringsherum in der<br />

Schule versammelten. Von der 1. bis<br />

zur 8. Jahrgangsstufe wurden alle<br />

in einem Raum und von einem Lehrer<br />

unterrichtet. Damals herrschte<br />

Disziplin in der Klasse, erzählt uns<br />

Maria. Der strenge Lehrer führte<br />

sein Regiment erfolgreich mit einem<br />

hundsgemeinen Datzenstock.<br />

Hauptsächlich die Buben mussten<br />

sich dann über den Stuhl lehnen und<br />

bekamen den Stock auf ihrem Hinterteil<br />

zu spüren. „Sie wurden überglegt“,<br />

so nannte man diese disziplinarische<br />

Maßnahme. Da wird selbst<br />

der frechste Lausbub zum Musterschüler<br />

und engelsgleich. Auch Marias<br />

Finger machten eine unvergessliche<br />

Bekanntschaft mit dem Stock.<br />

Sie versicherte uns aber, dass sie<br />

unschuldig war, was das Ganze sicher<br />

noch schmerzhafter gestaltete.<br />

Hinterm Schulhaus war eine kleine<br />

Anhöhe. Da sausten die Kinder in<br />

der Pause mit dem Schlitten herunter.<br />

Eine freudige Erinnerung, wenn<br />

es auch sonst beim Lehrer nicht viel<br />

zu lachen gab.<br />

Auch im Elternhaus gab es strenge<br />

Regeln, die man sich heute nur noch<br />

schwer vorstellen kann. Wenn der<br />

„Vadder“ abends von der Stallarbeit<br />

herein in die Stube kam, hatten alle<br />

Kinder still zu sein. „Der Vadder<br />

wollte seine Ruhe haben. Einmal,<br />

aber nur einmal“, so entsinnt sie sich<br />

und lacht dabei aus vollem Herzen,<br />

„da hatten wir eine Mords-Gaudi<br />

mit dem Vadda. Da machten wir<br />

mit ihm ein Wettrennatz de Stiang<br />

hinauf. Er hod sich so breit g‘macht,<br />

dass mia ned vorbeischliafn konnten.<br />

Und er hat freilich gewonnen.“<br />

Ein Spaßvogel war der Vadder nicht<br />

wirklich. Doch mit dem Floß, das er<br />

seinen Buben für den Weiher gebaut<br />

hat, hat er ihnen eine große Freude<br />

gemacht. Kaum einer der Kinder<br />

konnte zu der Zeit schwimmen. „So<br />

manch oana hod sich‘s dann selbst<br />

beigebracht“, weiß Maria zu berichten.<br />

Aber so richtig ungefährlich<br />

war das ganz sicher nicht.<br />

„Mei! Und bet' is worn bei uns<br />

dahoam friara“, erzählt sie uns und<br />

lacht verschmitzt. Vorm Essen und<br />

auch danach. Und mia Kinder hamm<br />

dann numoi extra beten miassn.“ Na<br />

dann, konnte ja nichts schief gehen,<br />

oder?<br />

Maria mit zwölf Jahren und<br />

ihre kleine Schwester Resl<br />

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