14.01.2022 Aufrufe

De_Bug (Germany) 055 2002-01

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

online/medizin

[31] de:Bug 055 | 0102

Klicken bis der Arzt kommt

dernaechstebitte.de

Das ganze Krankenhaus steckt in der Computermaus. Auf diversen medizinischen

Websites kann der Patient sich seine Online-Diagnose

erklicken. Den Arztbesuch ersetzt das aber nicht. Es sei denn, man

lässt sich nicht davon erschüttern, dass vom Schnarchen auf ein Kehlkopfkarzinom

geschlossen wird.

text: jörg clasen | doc@lebensaspekte.de

Es gibt Online-Banking, es gibt die Online-

Pizza-Bestellung und es gibt auch den virtuellen

Arztbesuch. Und na ja, wozu sich in

überfüllten Wartezimmern mit müffelnden

Kranken rumdrücken, wenn das alles vom

bequemen Sessel aus erledigt werden kann.

Aber diese Logik geht natürlich nur teilweise

auf. Der Patient, der hilfesuchend in einem

Gesundheitsportal herumklickt, sucht nach

den Lösungen seines Leidens. Das Netz bietet

ihm scheinbar genau das. Er findet Informationen,

die seine Beschwerden erklären

und wie er sie am schnellsten, sichersten und

nachhaltigsten los wird. Doch dann stößt der

Doktor als Datenbank auch schon an seine

Grenze, denn Symptom und Behandlung

der Suche nach Spezialisten, Selbsthilfegruppen,

Ratschlägen anderer Betroffener

und so weiter.

Information sicher dankbar. Irgendwie wirkt

die Seite so, als sei sie nie fertig geworden

oder sie wäre das Ergebnis einer Projektwoche

einer Oberstufe. Sehr gut allerdings ist

die Link-Sammlung und die Pfade dorthin.

Hier machen Yavivo einiges wieder wett,

denn wenigstens sorgen sie dafür, dass wir

die Information, die wir auf ihrer Seite vergeblich

gesucht haben, eventuell anderswo

erhalten.

••

www.lifeline.de

Testsieger! Gutes Beispiel für ein Gesundheitsportal.

Lifeline bieten ausreichende und

nicht übertrieben viel Information und erklären

in verständlicher Sprache, wie sich der

User eine Krankheit vorzustellen hat und wie

er damit umgeht. Außerdem wird auf Behandlungsmethoden

eingegangen, mit dem

Hinweis auf die notwendige individuelle

Einschätzung und den nötigen Arztbesuch.

Auch hier findet sich eine Online-Sprechstunde,

bei der zu jedem Thema zu einem

Experten der jeweiligen Fachrichtung weitergeleitet

wird. Abgesehen davon gibt es noch

eine Menge Klimbim wie Horoskope und

komische Selbsttests – wer's mag.

•••••

Der Doktor als Datenbank stößt schnell an seine Grenze, denn

Symptom und Behandlung lassen sich beim Kranksein nicht eins

zu eins umsetzen.

lassen sich beim Kranksein nicht eins zu eins

umsetzen. Von wegen Expertensysteme. Viele

Gesundheitsportale erwecken zwar den

Eindruck, ein rundum ausreichendes Bild

von Erkrankung, Therapie und möglichen

Komplikationen zu geben und somit einen

Arztbesuch unnötig zu machen. Aber im

Grund genommen ist das nur ein Klicken,

bis der reale Arzt kommt, an dem eben doch

kein Weg vorbeiführt. Denn bei medizinischen

Online-Arzt-Portalen gibt es zwei

große Probleme: Das erste ist die Schwierigkeit

der Wechselwirkungen. Man kann unmöglich

alle Auswirkungen einer Erkrankung

in digitaler Form präsentieren, ebenso

wenig wie man Wechselwirkungen von verschiedenen

Medikamenten oder Wechselwirkungen

verschiedener, gleichzeitig bestehender

Erkrankungen und so fort im Netz abbilden

kann. Diese Einschätzung braucht immer

noch die ärztliche Nase mit ihrer Ausbildung

und ihrem Instinkt. Das zweite Problem

ist, dass im Netz wenig auf die Gewichtung

der Häufigkeiten von Symptomen hingewiesen

wird. Die verschiedenen Ursachen

von Beschwerden stehen meist gleichgewichtig

nebeneinander und das erzeugt dann

schon mal die falsche Panik, z.B. bei jemandem,

der als Ursache für sein Schnarchen ein

Kehlkopfkarzinom findet. Schluck. Zwar gibt

es neben der Nachschlagefunktion dieser

Portale oft auch den Kontakt zum Arzt via

Online-Sprechstunde, aber auch diese Methodik

hat einen entscheidenden Mangel:

Der Arzt und der Patient sehen sich nicht, es

findet keine Untersuchung statt. Und aus eigener

Erfahrung kann ich sagen, dass die Beantwortung

der Fragen in diesen Sprechstunden

meist nicht sehr sorgfältig geschieht.

Beantwortende Ärzte gehen davon aus, dass

der Besuch beim Arzt noch erfolgt.

Trotzdem sind Gesundheitsportale sinnvoll,

wenn sie richtig genutzt werden, sei es um die

bestehende Krankheit besser zu verstehen

(was durchaus therapeutische Effekte mit sich

bringen kann), sei es um dem behandelnden

Arzt reinreden zu können und Alternativen

bei der Behandlung vorzuschlagen oder auf

www.netdoktor.de

Die Seite bietet ein übersichtliches Lexikon,

gegliedert nach Medikamenten, Krankheiten,

Untersuchungen und Ratschlägen,

kompliziertere Fragen können in einer online-Sprechstunde

einem Ärzteteam zugesendet

werden. Es gibt ein Diskussionsforum

und eine Selbsttestecke, in der man herausbekommt,

ob man zu dick ist oder Alkoholiker.

Außerdem ist eine gut funktionierende

Suchmaschine eingerichtet. Insgesamt ist das

eine wirklich gut strukturierte Seite. Die einzelnen

Themen sind gut recherchiert, die

Texte gut komprimiert und mit dazugehörenden

Links ins Detail versehen.

••••

www.gesundheitsscout24.de

Es hat sich ja schon rumgesprochen, dass Information

zwar gut ist, zuviel davon aber

auch die Message ersticken kann. Hier sind

zu jedem Krankheitssymptom gleich so viele

mögliche und vor allem seltene Ursachen

aufgeführt, dass der Patient entweder sofort

einen Herzanfall bekommt vor lauter

Schreck oder dieses Gesundheitsportal wieder

verlässt, weil er völlig überfordert ist.

Gibt man zum Beispiel "Verschlucken" in die

Suchmaschine, findet man schon recht bald

den Hinweis auf einen Luftröhrenschnitt.

Das halte ich dann doch für etwas übertrieben.

Generell wird einfach zu viel angeboten

und es fehlen deutliche Hinweise, dass der

Besuch der Seite den Arztbesuch nicht ersetzt.

Vielmehr wird der Eindruck vermittelt,

man würde ausreichend informiert, um

dann selbst über ein Für und Wider einer

Therapie entscheiden zu können. Es sollte

doch vielleicht darum gehen, wohl dosierte

Information zu vermitteln und nicht zu versuchen,

mittels Portal aus jedem User einen

Allround-Mediziner zu machen. Dazu ist die

Seite leider auch noch richtig schön unübersichtlich

gestaltet mit hübsch kleinen Scrollflächen

mit ganz viel Text. ••_ •••

www.yavivo.de

Das ist mal eine lustige Seite. Jetzt habe ich

mich so schön über das Angebot von zu viel

Information ausgelassen und lande direkt im

Anschluss bei Yavivo. Das ist wirklich gar

nichts – ein oder zwei Sätze zu jeder Erkrankung

und zu verschiedensten medizinischen

Verfahren. Zu Verfahren bei Schmerzen

steht geschrieben, dass es neben der medikamentösen

Behandlungsmöglichkeit auch einen

sogenannten Softlaser gebe, der als Stimulus

auf Zellgewebe fungiert. Sonst....

steht da nichts, erstaunlich das. Der potentielle

Schmerzpatient ist für diese ausführliche

17. – 19. JANUAR 2002

INTERNATIONALES SYMPOSIUM

V!RUS

GESCHICHTE · MEDIZIN · COMPUTER · POLITIK · KUNST

œ

KUNST- UND AUSSTELLUNGSHALLE

DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

53113 BONN · MUSEUMSMEILE · FRIEDRICH-EBERT-ALLEE 4

FON: 0228/9171-236 · WWW.BUNDESKUNSTHALLE.DE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!