De_Bug (Germany) 055 2002-01
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Jahrescharts
ELEKTRONIKA
INGRID ARNOLD
[1] 2001: A Space Odyssey [USA 1968, Regie: Stanley Kubrick],
[2] Nichts bereuen [D 2001, Regie: Benjamin Quabeck], [3] Tiger
& Dragon [HK/Taw/USA 2000, Regie: Ang Lee], [4] The
Others [E/USA 2001, Regie: Alejandro Amenábar], [5] Visitor Q
[J 2000, Regie: Takashi Miike]
MERCEDES BUNZ / Schnurrmotive 2001
[1] Apple wegen des iBooks, [2] Herr Böll wegen des Stipendiums ,
[3] Paparazi wegen der Nudeln, [4] Umbrien wegen seiner Hochebene,
[5] Ikea und dem Schnuck wegen der Platten, die in Expedit
verschwanden
VERENA DAUERER
[1] Tiger & Dragon, [2] Amores perros, [3] Girlfight - Auf eigene
Faust, [4] Shrek - Der tollkühne Held, [5] You Can Count on
Me
ANETT FRANK
[1] Oliver Hacke [Trapez 12], [2] Carsten Jost - You don`t need
a weatherman ... [Ladomat], [3] Unai - Rebel Swing [Nusound],
[4] Dial 006, [5] Parfüm 04, 6.James DIN A4 - I am a very
model of a modern mutant replicant [Esel 07]
KATJA HANKE
Top 5 der peinlichsten 80er-Retro-Mode-Erscheinungen:
[1] Vokuhila mit blond gefärbtem Pony, [2] Quickficker-Stiefel,
[3] Vokuhila mit blonden Strähnchen, [4] Tiger-Muskelshirts, [5]
US-College-Shirts vom H&M und Nietengürtel vom H&M
MARCUS HAUER / Vietnam
[1] thit kho nuoc dua, [2] gom ga, [3] thit ga xao xa, [4] che
chuoi, [5] dua gia
STEFAN HEIDENREICH / Top 5 Bücher
[1] Claude Shannon: Ein / Aus - ausgewählte Schriften zur Nachrichten-
und Kommunikationstheorie, [2] Michel Houellebecq:
Plateforme, [3] Michael Hardt, Toni Negri: Empire, [4] David
Bordwell: Visual Style in Cinema, [5] Michael S. Lew: Principles of
Visual Information Retrieval
THADDI HERRMANN
[1] Was ich wieder hören will: Hood - Cold House [Domino], [2]
Was ich wieder lesen will: Douglas Coupland - All families are psychotic
[Flamingo], [3] Wo ich wieder hin will - Blaue Lagune, Island,
[4] Was ich wieder breaken will: Amen, [5] Was ich wieder
mal haben will: ein erträgliches Jahr
JAN-RIKUS HILLMANN
[1] STERNstunde, 7:34, 06.06.01 DRK Frauenklinikum Pulsstrasse,
Berlin, [2] Amen Imperativ live at Wembley, August 2001,
[3] Salz/SalzV vs. Duftplatten/Vanille, [4] Girls on Top 7" Inches,
[5] Video "Where's your heart at" Basement Jaxx
CHRISTOPH JACKE
[5] Various Artists - Leichtes Hören [Kompakt] ... One Point, [4]
Pole - 3 [Scape] ... Two Points, [3] Arab Strap - The Red Thread
[Chemikal Underground] ... Three Points, [2] Raz Ohara - The
Last Legend [Kitty Yo] ... Four Points, [1] Rhythm & Sound -
Rhythm & Sound [Rhythm & Sound] ... Five Points!!!
JAN OLE JÖHNK
[1] The Other People Place/Lifestyles Of The Laptop Cafe
[Warp/Zomba], [2] Steven Malkmus / [ohne Titel]
[Domino/Virgin], [3] All Natural/Second Nature [Thrill
Jockey/EFA], [4] Ursula Rucker/Supa Sista [K!7/Zomba], [5]
N.E.R.D./In Search Of... [Virgin]
JAN JOSWIG
[1] "Italienisch für Anfänger" (Dogma), [2] Warten auf "Herr der
Ringe" von Peter Jackson, [3] 2raumwohnung, [4] Chucks-Renaissance,
[5] New Order - Vicious Streak (Warner)
HEIKE LÜKEN / Keyboard-Charts
[1] Strg. Z, [2] Strg. C, [3] Strg. V, [4] Strg. A, [5] Strg. W
MARI LUSSMANN / Metaphern
[1] Music is a hungry ghost [To Rococo Rot], [2] Dann schaut
Steven Morris aus dem Fenster und betrachtet die Kölner Innenstadt
wie eine ausgerollte Decke, auf der er sich gerne etwas ausruhen
möchte. [Harald Peters im Interview mit New Order], [3] Der
Mann sah mir wortlos ins Gesicht. Wenn er mich so anstarrte, kam
ich mir vor wie ein leeres Schwimmbecken. [Murakami Haruki in
Wilde Schafsjagd], [4] Ich möchte mich zusammenfalten und nur
noch eine Mitte sein [Titel von Frederik Schikowskis 7" ], [5] Auf
einmal sah ich draußen ihren Mann herumirren wie einen Käfer.[Zeruya
Shalev in Liebesleben], 6.melodisch mauschelige Tracks
mit viel Tanzschulen-Gewitter-Stimmung, dem Geruch angeweichten
Parketts, dem Schnurren digitaler Urkrebse und einer obstkorbartigen
Technicolor-Überfärbung. [bleed über the bad examples]
MORITZ METZ / Abiturliteratur-Zitatsammlung
[1] der weg entsteht beim gehen, [2] mit knatternder fahne vorwärts
reiten, [3] neue lehrer für die neue schule, [4] beim sprechen egal,
beim schreiben fatal, [5] mit rechtschaffenen grüßen
CHRISTIAN MEYER / Top 5 ‘Hip Hop’-Platten:
[1] cLOUDDEAD - s/t [Mush/Big Dada], [2] Prefuse 73 – Vocal
Studies & Uprock Narratives [Warp], [3] Cannibal Ox – The
Cold Vein [Def Jux], [4] Anti Pop Consortium – Ends Against The
Middle [Warp], [5] Roots Manuva – Run Come Save Me [Big
Dada]
SASCHA KÖSCH
[1] Manitoba, [2] Donnacha/Alva.Noto, [3] Figurine, [4]
Newwordaquarium, [5] Lawrence
Rächer des Jazzrock
Hans Platzgumer
Auf seinem neuen Album „Denial Of Service" zersägt
Hans Platzgumer mutig alle Ado-Goldkanten-
Hörgewohnheiten, um dann als Jacky Chan verkleidet
sein Powerbook auszupacken und, nur mit Bitcrusher
bewaffnet, dem Jazzrock seine Seele
zurückzugeben. Nichts Ungewöhnliches in Nizza.
Was Billy Cobham wohl dazu sagt?
text: jan bruhnke | jb@eye4u.com
Hans Platzgumer gehört zweifellos
zu den Jacky Chan Producern
in der Szene. Das beweisen nicht
nur seine Eastern Connections
Projekte wie "Queen of Japan"
und "Shinto", sondern auch seine
flinken und vielseitigen Programmiermoves,
wenn es darum
geht, mal wieder neue Schallwurfscheibchen
im Fluge zu verteilen.
Nachdem er mit dem letzten
Album "Datacard" schon seine
musikalischen, digitalisierten
Fingerabdrücke hinterlassen hat,
serviert er uns nun nicht nur
schmackhafte Wokgerichte wie
auf seiner eigenen Website, sondern
mit "Denial Of Service"
auch ein neues Album. Inspirieren
lässt er sich diesmal vom Jazzrock
der 70er, den er gekonnt
mit neuester Computerklangsynthese
zu seiner ganz persönlichen
Hommage an jene Ära mischt.
Ohne Zweifel, Hans Platzgumer
zeigt, dass er ein Granular Jimi
Hendrix des 3. Jahrtausends ist,
der seine Jazzrocksamples unterhalb
der Quantisierungshörgrenze
zerlegt, um sie dann bei
einem psychedelischen Zungensolo
auf seinem Titanium Powerbook
wieder in seinem ganz persönlichen
Trip zusammenzurocken,
ohne sich bei den Tracks
einen elektrischen Schlag zu holen.
Keine Gnade
Gleich das Cover verrät uns, dass
Herr Platzgumer, wie nicht anders
zu erwarten, immer noch als
"Rebel with a cause" in seinem
neuen Ego-Shooter unterwegs
ist, und das ist gut so. Im Auftrag
des Underground schlägt er dabei
so manchen halbstarken,
Goldkanten verwöhnten CD-
Hörer ohne weiteres mit seinem
krispen Bitcrusherbeats die Zähne
aus, um die in Vergessenheit
geratenen Seelen angestaubter
Jazzrocklegenden zu rächen.
Doch Duke Nukem Platzgumer
ist dabei bei weitem nicht alleine.
Denn nachdem wir aus dem etwas
düsteren Eröffnungstrack "Coma"
erwacht sind, öffnet uns Catriona
Shaw, alias "Koneko" aus
der "Queen of Japan" Mission,
gesanglich die Augen für Hans’
stereophonisches Holodeck. Dabei
ist es ihr ein leichtes Spiel, bei
der Slackerfunkhymne "Lazy" das
Raumzeitkontinum aufzuheben.
Und es macht Spaß, in dieser
süßen Zeitschleife mal ein paar
Minuten lasziv zu verbummeln.
Auch Anne LaPlantine versieht
Platzgumer in seinem musikalischen
Netzwerk mit dem Dialogkabel
und lädt uns bei "Stay Onlife"
ein zu einem atmosphärisch
rhythmischen Vokalpingpong,
das Filmmusikniveau besitzt.
Überhaupt hat man bei "Denial
of Service" das Gefühl, dass Elektronik
Kopfgeldjäger Platzgumer
einen auf eine cinematografische
Reise mitnimmt, die mit den
Tracks wie "The Gambler" und
"Soulfile 01" seine Höhepunkte
finden, die auch so manch Blacksploitation
Film mit genügend
aufwühlender Dramatik versorgt
hätten. Um so schöner ist es
Freiheit bedeutet Powerbook, keine Harley
dann, dass uns auf der digitalen
Auslaufrille der CD als Schmankerl
ein Videoclip von Georg
Gaigl erwartet. Musikalisch waren
auch noch mit von der Partie Albert
Pöschl, Nachtstrom und
LAHB.
DEBUG: Auf deinem neuen Album
geht es um Jazzrock. Welche
Künstler haben dich beeinflusst
und was ist für dich das Faszinierende
speziell an dieser Musik?
Hans Platzgumer: Ich spielte schon
als Teenager in Jazzrockbands. Ich war
und bin beeindruckt von der Rhythmik,
vom Groove und auch der Produktion
verschiedener Alben von z.B. Stanley
Clarke oder Billy Cobham. Da es für
mich momentan keine erkennbare, wirklich
aufregende neue Welle in elektronischer
Musik gibt, nahm ich mir die Freiheit
zurückzublicken und Inspiration in
der Vergangenheit zu suchen.
DEBUG: Mit dem Künstler Georg
Gaigl hast du jemanden gefunden,
der deine musikalischen Visionen
auf die Covergestaltung
als auch multimedial auf den Videobereich
überträgt. Wie wichtig
ist dir der visuelle Aspekt deiner
Musik?
Hans Platzgumer: Meine Musik ist ja
wirklich sehr cinematografisch. Ich produziere
viele Soundtracks oder Hörspiele
und versuche auch in eigenen Produktionen
Bilder und Gefühle zu erzeugen.
Emotion = Motion. Weiter interessiert
mich immer eine Verbindung und Zusammenarbeit
mit anderen Kunstrichtungen.
DEBUG: Zum Track "Stanned" auf
deiner neuesten CD hat Georg
servicepoint
http://www.platzgumer.net
http://www.clublebomb.com
http://www.echokammer.de
Gaigl auch ein konzeptuelles Video
produziert?
Hans Platzgumer: Georgs künstlerisches
Konzept dreht sich darum, einen 24
Stunden Film zu erstellen. Aber nicht wie
bei Warhol, um einen ungeschnittenen
Film in Echtzeit zu erhalten, sondern um
Aussagen des Unbewussten zu transformieren.
Dabei macht er über einen
größeren Zeitraum jeden Tag 100 Fotos
von der Bildschirmrealität des Fernsehens
und animiert sie neu zu einem Film der
Zwischenwelt. Das Video zeigt uns einen
Teil davon.
DEBUG: Du wohnst jetzt in Nizza.
Gab es einen Grund für diesen
Wechsel? Und wie würdest du die
elektronische Undergroundmusikszene
in Frankreich beschreiben?
Hans Platzgumer: Ich wohne halb in
Nizza und überwiegend in Österreich,
habe aber in Frankreich nur sehr wenig
mit der Elektronikszene zu tun, von David
Caretta und etwas Marseille HipHop abgesehen.
Ich bin aber sehr interessiert an
dem arabischen und afrikanischen Einfluss
hier.
DEBUG: Das neue "Cube & Sphere"
Album in Zusammenarbeit
mit Gerhard Potuznik steht ja in
den Startlöchern. Wie können
wir uns das vorstellen und welche
neuen Projekte werden uns noch
erwarten?
Hans Platzgumer: Es wird alles sehr
R’n‘B beeinflusst. Zwar teilweise roughe
Breakbeats, aber immer mit großartigen
Vokals von Catriona Shaw und dadurch
fast auch massenkompatibel. Auch viele
Balladen!
DEBUG: Mit Catriona Shaw hast
du ja schon öfters zusammengearbeitet
und stehst auch bei
"Queen of Japan" mit ihr auf der
Bühne, aber wie kam eigentlich
der Kontakt zu Anne LaPlatine
zustande, die ja bis jetzt eher auf
kleinen Labels veröffentlicht hat?
Hans Platzgumer: Übers Internet.
Ich habe einen Remix für sie gemacht und
wir begannen uns MP3s hin und her zuschicken,
woraus mehrere Tracks entstanden
sind. Ich kannte sie damals noch
gar nicht persönlich. Es war also eine rein
virtuelle Band.
DEBUG: Sind neue Alben für
Queen Of Japan und Shinto geplant?
Hans Platzgumer: Ja. Neue Alben
sind gerade in Aufnahme und werden
nächstes Jahr erscheinen. Shinto mehr für
den japanischen Markt, QOJ eventuell
über einen Major. So viel sei verraten: Es
sind HITS dabei!
DEBUG: Was verkörpert heutzutage
deiner Meinung nach mehr
Freiheit: Powerbook oder Harley?
Hans Platzgumer: Powerbook!
DEBUG: Entscheidest du dich für
Lederjacke oder Glanzblouson?
Hans Platzgumer: Beides!
DEBUG: Ein heißes Rezept aus
deiner ESC-Plattenküche.
[Anm .d.R.: Herr Platzgumer
vertreibt ein Onlinekochbuch auf
seiner eigenen Website]
Hans Platzgumer: Alle gut, alle getestet!