Wina Mai 2021
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WINA YOGA<br />
Über die Liebe<br />
Um zu lieben, benötigt es Präszenz. Und vor allem benötigen wir<br />
Selbstliebe. Bedingungslose Selbstliebe.<br />
ie gut ist es, wenn wir<br />
zu nahe beieinander<br />
stehen? Wie viel Platz<br />
und Raum braucht ein<br />
Mensch? Und ist das ein individuelles<br />
oder allgemeines ungeschriebenes<br />
(Liebes-)Gesetz?<br />
Nähe und Distanz sind allgemein<br />
wichtige Themen. Gerade in<br />
der letzten Zeit, in der wir viel soziale<br />
Distanz erlebt haben, ist es sinnvoll,<br />
sich mit Fragen wie den folgenden<br />
zu beschäftigen: Wie drücken<br />
wir aus, wenn wir Raum brauchen,<br />
und wie, wenn wir Nähe suchen?<br />
Wie, wenn wir Zurückweisung erleben?<br />
Und wann bemerken wir, wenn wir jemanden<br />
dazu bringen, uns zurückzuweisen, zum Beispiel, indem<br />
wir selbst eine bestimmte Stimmung mitbringen<br />
und dann aufgrund unserer Erwartungshaltung an unser<br />
Gegenüber enttäuscht sind, wenn darauf nicht die erwartete<br />
Resonanz folgt?<br />
Was dadurch entsteht, ist ein Ungleichgewicht zwischen<br />
zwei Menschen. Etwa, wenn ein Mensch viel Energie<br />
mitbringt und der andere gerade weniger davon hat.<br />
Dann folgen gerne Worte wie: Immer ist das so. Er/ Sie<br />
wird sich nie ändern. Das hat einen immer schon gestört<br />
...<br />
Wenige nehmen sich den Moment, um zu realisieren,<br />
was man selbst gerade braucht, damit wir uns<br />
selbst verstehen können und es so auch unserem Gegenüber<br />
ausdrücken können, statt es zu kritisieren.<br />
Und wenn das mit dem Partner, der Partnerin gerade<br />
nicht möglich ist, ist es das dann vielleicht allein?<br />
Wir bleiben meist nicht im Moment, obwohl das doch<br />
so hilfreich wäre, um zu erkennen, dass der/die andere<br />
gerade etwas anderes braucht als wir selbst.<br />
In diesen Momenten weiß ich, dass ich Rückzug auf<br />
meiner Matte finde. Ich setze mich auf die Weise, wie<br />
ich sie in meinem letzten Beitrag beschrieben habe,<br />
und schließe entweder die Augen oder fokussiere einen<br />
Punkt. Dann beobachte ich die Gefühle, die gerade<br />
wahrnehmbar sind, bevor ich auf mein Gegenüber gedankenlos<br />
in der Emotion reagiere. Und dabei handelt<br />
es sich um ein Reflektieren und nicht um ein Reagieren!<br />
Um zu lieben, braucht es Präsenz. Was bedeutet Präsenz?<br />
Das Da-Sein für uns selbst und andere. Einfach<br />
da sein. Dazu benötigt jedes Individuum etwas anderes,<br />
Die Liebe wird mit sich selbst und mit dem<br />
Auserwählten Umfeld geteilt<br />
aber vor allem benötigen wir bedingungslose<br />
Selbstliebe.<br />
Aus einem Seminar habe ich mitgenommen,<br />
dass wir jeden Tag neu<br />
beginnen, jeden Tag mit unseren<br />
Gedanken, unseren Worten und unseren<br />
Taten selbst beeinflussen können.<br />
Alles weitere ist Übung. Dann<br />
kommt alles zu dir, und zwar zum<br />
richtigen Zeitpunkt.<br />
Bald ist Tu B’Av, das Fest der<br />
Liebe, und dieser kleine, feine Feiertag<br />
beinhaltet das Erinnern an<br />
die Liebe, an das große Ganze.<br />
Wie wäre es, dieses Jahr das Fest<br />
der Liebe so zu gestalten, dass die Präsenz im Vordergrund<br />
steht? Dabei geht es weniger um Materialismus<br />
und Konsum und mehr um das Miteinander der<br />
Liebenden. Wer es gerne mit anderen feiern möchte,<br />
kann planen, etwas Gemeinnütziges zu tun oder jemand<br />
anderen mit Präsenz zu beschenken. Und wer<br />
es allein feiert, beschenkt sich eben selbst mit Liebe.<br />
Wie drücken wir aus, wenn wir<br />
Raum brauchen? Und wie, wenn<br />
wir Nähe suchen?<br />
Es kann auch eine Meditation, eine Yoga-Einheit, etwas<br />
mit Liebe Zubereitetes, Selbstgekochtes, eine Wanderung<br />
und so vieles mehr sein.<br />
Wichtig dabei ist, alles andere – die 19 Hochzeiten, auf<br />
denen wir alle immer gleichzeitig tanzen wollen – an diesem<br />
Tag auf später zu vertrösten. Es geht darum, die Präsenz<br />
und Liebe mit uns selbst und unserem Umfeld für<br />
einen bestimmten Zeitraum zu teilen. Selbstverständlich<br />
zählen dazu keine Notfälle, den gesunden Menschenverstand<br />
behalten wir uns tagtäglich.<br />
Zum Abschluss ein Aufruf des Malers und Dichters<br />
Khalil Gibran: Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur<br />
Fessel: Lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern<br />
eurer Seelen sein. Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich,<br />
aber lasst jeden von euch allein sein. So wie die Alten einer<br />
Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern.<br />
Und steht zusammen, doch nicht zu nah. Denn die Säulen des<br />
Tempels stehen für sich. Und die Eiche und die Zypresse wachsen<br />
nicht im Schatten der anderen.<br />
wına-magazin.at<br />
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sommer_doppel1.indb 40 29.06.<strong>2021</strong> 10:06:23