smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 03/2022
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Versicherung & Recht<br />
INTERESSANTE<br />
URTEILE<br />
MIETERHÖHUNG: WIE IST DIE VERGLEICHSMIETE<br />
GERICHTLICH ZU VERMITTELN?<br />
Zum Sachverhalt<br />
Der Vermieter kann vom Mieter die Zustimmung zu einer<br />
Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen<br />
(§ 558 Abs. 1 BGB). Dabei ist „die ortsübliche Vergleichsmiete“<br />
ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das Gesetz<br />
bestimmt lediglich, dass die ortsübliche Vergleichsmiete aus<br />
den üblichen Entgelten gebildet wird, die in der Gemeinde<br />
oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer<br />
Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage<br />
einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit<br />
in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Modernisierungsmieterhöhungen<br />
abgesehen, geändert worden sind<br />
(§ 558 Abs. 2 BGB). Die Ermittlung muss also empirisch anhand<br />
dieser Grundsätze durch den Tatrichter im Wege der<br />
Beweisaufnahme- und -würdigung erfolgen. Was dieser<br />
dabei zu beachten hat, hat der BGH klargestellt.<br />
§<br />
<strong>smartLiving</strong>.<br />
ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />
Aus den Gründen:<br />
Der Tatsachenrichter sei grundsätzlich auch dann berechtigt,<br />
zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein von der<br />
beweisbelasteten Partei angebotenes Sachverständigengutachten<br />
einzuholen, wenn ein Mietspiegel vorliegt, der tabellarisch<br />
Mietspannen ausweist und zusätzlich eine Orientierungshilfe<br />
für die Spanneneinordnung enthält. Das gelte bei solchen<br />
Mietspiegeln nicht nur in den Fällen, in denen zwischen den<br />
Parteien Streit über die Voraussetzungen für das Eingreifen<br />
bzw. die Reichweite einer dem Mietspiegel gegebenenfalls zukommenden<br />
Vermutungs- oder Indizwirkung herrscht, sondern<br />
unabhängig davon in der Regel auch dann, wenn die<br />
ortsübliche Vergleichsmiete unstreitig innerhalb der für das<br />
einschlägige Mietspiegelfeld ausgewiesenen Spanne liegt und<br />
deshalb lediglich die Einordnung der konkreten Einzelvergleichsmiete<br />
in diese Spanne einer Klärung bedarf. Bei einer<br />
großen Spanne könne der Sachverständige die konkrete Einzelvergleichsmiete<br />
auf unterschiedliche Weisen ermitteln.<br />
Stichtag für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete<br />
sei allerdings der Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens.<br />
Wenn sich aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten<br />
nicht entnehmen lasse, dass alle vom<br />
Sachverständigen ausgewerteten Vergleichsmieten nur aus<br />
diesem Zeitraum stammen, dann sei das Gutachten nicht verwertbar.<br />
BGH, Urt. v. 26.05.2021 - VIII ZR 93/20<br />
Quelle: ivd, Pressemeldung - Recht<br />
WAS GEHÖRT ZUR WOHNFLÄCHE?<br />
Zum Sachverhalt<br />
Die Parteien hatten im Mietvertrag vereinbart, dass die Wohnung<br />
im „Erd-, Unter- und Zwischengeschoß“ vermietet wird,<br />
deren Größe „ca. 180 m²“ betrage. Der Mieter verlangt die Erstattung<br />
bezahlter Miete mit der Begründung, dass die tatsächliche<br />
Wohnfläche lediglich 144,50 m² betrage und die<br />
Miete daher gemindert gewesen sei.<br />
Aus den Gründen<br />
Ohne Erfolg, so der BGH! Das Berufungsgericht habe das<br />
Rückzahlungsverlangen rechtsfehlerfrei verneint. Die vom<br />
Mieter geleisteten Mietzahlungen seien insgesamt mit Rechtsgrund<br />
erfolgt. Der von ihm geltend gemachte Mangel einer zu<br />
geringen Wohnfläche bestehe nicht. Allerdings sei die Angabe<br />
der Wohnfläche im Mietvertrag regelmäßig nicht als unverbindliche<br />
Beschreibung, sondern als Beschaffenheitsvereinbarung<br />
anzusehen, die bei einer Abweichung von mehr als 10 %<br />
zu einem Mangel der Mietsache führe. Dies gelte auch dann,<br />
wenn die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag – wie hier<br />
– mit dem Zusatz „ca.“ versehen sei. Der Begriff der Wohnfläche<br />
sei aber auslegungsbedürftig. Das Berufungsgericht habe<br />
den Mietvertrag dahin ausgelegt, dass die Parteien mit der<br />
Formulierung, die Räume im Erd-, Zwischen- und Untergeschoss<br />
würden „zur Benutzung als Wohnraum“ vermietet,<br />
vereinbart haben, dass die Grundfläche dieser – vom Mieter<br />
auch tatsächlich als Wohnraum genutzten – Räume in die Berechnung<br />
der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche einfließen<br />
sollten. Diese Auslegung sei revisionsrechtlich nicht zu<br />
beanstanden.<br />
BGH, Urt. v. 22.06.2021 - VIII ZR 26/20<br />
Quelle: ivd, Pressemeldung - Recht<br />
Fotos: Peter Atkins, Magdalena Fischer – stock.adobe.com<br />
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