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SOM_3_2022

Arzneipflanzen, Funktionelle Störungen im Mund- und Kieferbereich, Antikörperfreisetzung, Mundgsundheit, Störfelder, Posturologie , Esskultur , Süßholz

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Praxis

Esskultur als Teil der

zahnheilkundlichen Therapie

Monika Pirlet-Gottwald

Bildquelle: ©Drobot Dean-stock.adobe.com

„Festes sollst du trinken, Flüssiges sollst du kauen“

(Hippokrates)

Tagtäglich werden wir mit einer Fülle von Ratschlägen konfrontiert

darüber, was wir essen sollen, wie viele Kalorien, Kohlenhydrate,

Fette, Eiweiße, Vitamine wir zu uns nehmen sollen oder dürfen. Es

fehlt uns in unserer Fast-Food-Esskultur häufig an Zeit, Ruhe und

Aufmerksamkeit bei der Nahrungsaufnahme: Wir essen in Hektik

und Stress.

Die physiologische naturgemäße Mundverdauung – das Riechen,

das Kauen, Schmecken und Aus-Kosten – haben wir häufig verlernt:

Wir essen zu schnell. Zudem haben sich unsere Lebensmittel

verändert: Zusatzstoffe, Glutamate, Farb- und Duftstoffe und versteckte

Zucker verändern den Geschmack, die Speichel- und Enzymproduktion,

den Appetit und die Sättigung: Eine Folge davon

ist häufig, dass wir das Falsche essen. Größere Nahrungsmengen

bringen dabei keine Verbesserung der Situation: Wir essen zu viel.

Erschwerend: Was wir am Tag an gutem Essen verpasst haben, wird

am Abend nachgeholt: Wir essen zur falschen Zeit.

Kochsendungen im Fernsehen, Lebensmittel- und Gewürzangebote

aus aller Welt und rund ums Jahr versprechen mehr Gesundheit

und Wohlbefinden. Doch der erste notwendige Schritt zu mehr Genuss,

einer besseren Verdauung, zur Gesundung des Mundraumes

und des Stoffwechsels ist eine neue Ess-, Kau-, und Schmeck-Kultur:

„Das Was bedenke, mehr das Wie.“

(Goethe).

Schnelles Essen gehört zu den schwerwiegendsten Ursachen für

die Adipositas, dabei ist es nach neueren Studien nebensächlich,

ob man Fast Food, Slow Food, Bio oder vollwertig isst. Wer die

Nahrung in sich hineinschlingt, nimmt nicht nur mehr Kalorien zu

sich, bevor die Sättigung eintritt, auch die verminderte Verdauung

im Mund spielt eine Rolle. Dies erscheint zunächst paradox. Man

könnte annehmen, dass ein geringerer Grad der Verdauung die Resorption

im Darm vermindert. Schließlich werden Kohlenhydrate

nur als Einfachzucker resorbiert. Doch die Studien belegen: je

besser die enzymatische Aufschlüsselung der Nahrung im Mund,

Magen und Zwölffingerdarm, desto früher tritt Sättigung ein und

desto besser ist die Stoffwechselregulation: Beim genussvollen Kauen

und Ausschmecken der Nahrung ist der postprandiale Blutzuckeranstieg

signifikant geringer, auch die Insulin-Sekretionskurve

ist flacher, sowohl bei Normal- als auch bei Übergewichtigen mit

Insulinresistenz. Auch die beiden Stellglieder der Appetitregulation,

Leptin und Adiponectin, verbessern sich signifikant!

„Gesund beginnt im Mund“!

Kauen, Einspeicheln und Schmecken sind ein komplexes Zusammenspiel

mechanischer, gustatorischer, chemischer Vorgänge und

erste Schritt der Digestion und Resorption unserer Nahrung. Die

Produktion des Speichels und der Enzyme werden durch komplexe

hormonelle Regelungen beeinflusst: Stress hemmt die Verdauungsenzyme,

der Parasympathikus verbessert die Produktion und Sekretion.

(Die Abb. 1 veranschaulicht die Zusammenhänge.)

Ganz am Anfang steht die mechanische Zerkleinerung der Nahrung:

Die Ober- und damit die Angriffsflächen für die enzymatische

Aufspaltung werden größer: Grobe Brocken der Lebensmittel

werden zerteilt, zerrieben und zermahlen. Nur so können die Enzyme

im Mund, im Magen und aus der Gallenblase den Speisebrei

durchdringen. Angeregt wird der Speichelfluss reflektorisch über

Reizungen des gusto-olfaktorischen Nervensystems getriggert:

Riechen, Sehen, Tasten und Schmecken – je intensiver, desto mehr

38 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2022

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