SOM_3_2022
Arzneipflanzen, Funktionelle Störungen im Mund- und Kieferbereich, Antikörperfreisetzung, Mundgsundheit, Störfelder, Posturologie , Esskultur , Süßholz
Arzneipflanzen, Funktionelle Störungen im Mund- und Kieferbereich, Antikörperfreisetzung, Mundgsundheit, Störfelder, Posturologie , Esskultur , Süßholz
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Wissenschaft
Abb. 3: Grüner Tee
Ausgewählte Arzneipflanzen in
der Zahnheilkunde
Nachfolgend werden einige wichtige Pflanzen vorgestellt, die
in der Zahnheilkunde eine Rolle spielen. Dabei werden solche
Arzneipflanzen berücksichtigt, die in Deutschland und Europa
eine dokumentierte Tradition haben und in pharmazeutischer
Qualität zur Verfügung stehen. Die Liste ist keinesfalls abschließend,
insbesondere, wenn man andere Regionen wie Asien und
Amerika stärker betrachtet und die auch dort traditionell genutzten
Arten mitberücksichtigt.
Grundsätzlich lassen sich anhand der bioaktiven Inhaltsstoffe
dieser Arzneipflanzen drei Gruppen bilden:
1) Arzneipflanzen, die deutliche Mengen ätherisches Öl enthalten
(> 1 %). Ein ätherisches Öl ist eine Mischung aus
leicht flüchtigen Substanzen, die beim Verdunsten keinen
Rückstand bilden. Diese Stoffe können Zellmembranen
überwinden, insbesondere solche von Mikroorganismen. Bei
höheren Dosierungen zeigen ätherische Öle auch beim Menschen
unerwünschte Wirkungen. Dieses Problem besteht
aber nur für Präparate mit reinem ätherischen Öl, weniger
für Gesamtextrakte oder Arzneitees von Ätherisch-Öl-Pflanzen.
Gegen Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze sind
ätherische Öle zumeist gut wirksam. Zusätzlich kann auch
die Hülle von Viren zerstört werden, woraus sich eine gewisse
virustatische Aktivität ergibt. Beispiele für potente Ätherisch-Öl-Pflanzen
sind die Kamille (Matricaria chamomilla),
der Eukalyptus (Eucalyptus globulus), Pfefferminze (Mentha
piperita) und die Gewürznelke (Syzygium aromaticum).
2) Arzneipflanzen, die in erheblichem Maß Polyphenole, insbesondere
Gerbstoffe enthalten. Gerbstoffe haben eine
adstringierende Wirkung, wodurch Proteine der Mukosa
denaturiert werden (zumeist reversibel) und somit als Ankerpunkte
für Mikroorganismen einschließlich Viren nicht
mehr zur Verfügung stehen. Somit wird eine Infektion präventiv
unterbunden. Die Anwendung von gerbstoffhaltigen
Arzneipflanzen ist aber auch bei kleineren Läsionen der
Mundschleimhaut sinnvoll, da durch eine Denaturierung des
Wundgewebes das Bakterienwachstum gehemmt wird und
somit die natürliche Wundheilung beschleunigt wird. Wichtig
ist, dass bei den Gerbstoffen die Anzahl an phenolischen
Gruppen sowie der Polymerisationsgrad nicht zu hoch ist, da
sich sonst gerbende (irreversible Denaturierung), toxische
Effekte zeigen können. Ebenfalls sind Arzneipflanzen mit einem
hohen Anteil an Gallussäure zu vermeiden (z.B. Eichenrinde),
da diese in höheren Dosierungen lebertoxisch sind.
Brauchbare gerbstoffhaltige Arzneipflanzen sind der Grüne
Tee (Camellia sinensis), Salbei (Salvia officinalis, enthält
zusätzlich ätherisches Öl) und der Rhabarber-Wurzelstock
(Rheum officinals, Rheum palmatum).
3) Sonstige Wirkstoffe. Pflanzen im Allgemeinen enthalten
Vielstoffgemische, was gegenüber chemisch-definierten
Wirkstoffen ein erheblicher Vorteil sein kann, sofern diese
Inhaltsstoffe synergistisch agieren. Ein gutes Beispiel hierfür
ist die Kamille. Neben dem ätherischen Öl sind auch zahlreiche
Flavonoide enthalten, die formell auch als Polyphenole
betrachtet werden können. Der Gesamtextrakt der Kamille
hat neben einer antibiotischen Wirkkomponente eine antiinflammatorische
und spasmolytische Wirkung. Ein weiteres
Beispiel ist die Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra), welche
unter anderem Triterpensaponine und bestimmte Zucker
enthält, die eine antiadhäsive Wirkung für bestimmte Bakterien
haben (siehe auch das Pflanzenportrait Seite 42).
Abstract
Different medicinal plants have been used since time immemorial
for the daily care of the teeth or for other dental purposes,
with the range of plants and parts of plants used being
extremely wide. This begins with a series of woody plant
parts historically used as a "toothbrush".
In modern phytotherapy, wood plays a subordinate role;
Rather, medicinal plants with an antibiotic, anti-inflammatory,
analgesic, local anesthetic and astringent effect are in the
foreground. Keywords: medical plants for dental purposes,
essential oils, polyphenols, tannins
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2022 7