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Diskurs 3/2022

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Festgottesdienst Damals Kreißsaal,<br />

Ärzte und Schwestern,<br />

heute Mensa, Dozenten und<br />

Studenten: Wo die Arbeit des<br />

„Stillings“ beginnt, lockt gut<br />

100 Gäste zu einem Festgottesdienst<br />

an den Fischbacherberg.<br />

In den Räumlichkeiten, die heute<br />

der Uni Siegen angehören,<br />

war das Krankenhaus ab 1947<br />

fast 20 Jahre beheimatet.<br />

Bei einem Rundgang durch den heutigen<br />

Emmy-Noether-Campus der Uni Siegen<br />

blicken die Besucher in die früheren Räumlichkeiten<br />

des Ev. Jung-Stilling-Krankenhauses.<br />

Von Pflege mit Hauben bis<br />

Pflege ohne Grenzen<br />

Auf kleine Zeitreise geht es an<br />

dem Ort, wo das Ev. Jung-Stilling-Krankenhaus<br />

bis 1966<br />

fast 20 Jahre heimisch ist.<br />

Am heutigen Emmy-Noether-Campus<br />

der Uni Siegen kommen die Gäste in einem<br />

der Hörsäle zusammen. In seiner<br />

Predigt erinnert Peter-Thomas Stuberg,<br />

Superintendent des Evangelischen Kirchenkreiseses<br />

Siegen, an die Motivation<br />

der Menschen in der Nachkriegszeit:<br />

„Es forderte Improvisationstalent,<br />

um inmitten der Ruinen des Zweiten<br />

Weltkrieges einen Ort zu schaffen, wo<br />

Pflege am Menschen ausgeübt werden<br />

konnte.“ An dem damals leerstehenden<br />

Standortlazarett mit teilweise<br />

zerstörtem Dach werden die gröbsten<br />

Gebäudeschäden beseitigt und am 17.<br />

Oktober 1947 das erste evangelische<br />

Krankenhaus in Siegen auf dem Fischbacherberg<br />

errichtet.<br />

Erinnerungen teilen Hedi Irle und Hannelore<br />

Buch mit den Gästen. Mitte der<br />

1960er-Jahre sind sie kurz vor dem Umzug<br />

des „Stillings“ in dem Krankenhaus<br />

tätig und wohnen beide in der Pflegevorschule<br />

in der Leimbachstraße. Ab<br />

1956 werden dort junge Frauen gezielt<br />

auf die Ausbildung in der Pflege vorbereitet.<br />

Vor allem auf für heutige Zeiten<br />

unübliche Szenarien blicken Hedi Irle<br />

und Hannelore Buch zurück: „Der Pfefferminztee<br />

musste eine blass-gelbliche<br />

statt kräftige Farbe haben, damit auch<br />

jeder Patient etwas davon bekommen<br />

konnte“, lächelt Hannelore Buch. Heidi<br />

Irle ergänzt: „Ein Tisch mit zwei Schüsseln<br />

Wasser – so wurde das Geschirr<br />

auf der Station gespült.“ Einig sind sie<br />

sich, dass zwar mit wenigen Mitteln gearbeitet<br />

wurde, es jedoch eine schöne<br />

Zeit mit großem Miteinander war. Und<br />

was sie noch schmunzelnd bestätigen:<br />

„Die Hauben sahen zwar gut aus, aber<br />

es war auch unheimlich aufwendig, sie<br />

zu stärken und zu bügeln.“ Nicht nur<br />

Krankenschwestern, sondern auch Pflegeschülerinnen<br />

und -vorschülerinnen<br />

tragen bis in die 1970er-Jahre die charakteristischen<br />

Hauben.<br />

Dr. Josef Rosenbauer, Geschäftsführer<br />

der Diakonie in Südwestfalen, liest aus<br />

dem Johannesevangelium über den Besuch<br />

Jesu in Jerusalem am Teich von<br />

Bethesda – der wundertätigen Heilquelle.<br />

Dabei geht es um einen Kranken, der<br />

seit 38 Jahren vergeblich darauf wartet,<br />

zu der Quelle gebracht zu werden. Jesus<br />

fordert ihn auf, sein Bett zu nehmen<br />

und hinzugehen. Der Kranke folgt der<br />

Weisung. Sich für kranke und schwache<br />

Menschen einzusetzen, kennzeichnet<br />

die Arbeit des Diakonie Klinikums<br />

Jung-Stilling von Beginn an. Wie sich<br />

ein Teil der Pflege heute gestaltet, stellen<br />

vier Teilnehmer von „Pflege kennt<br />

keine Grenzen“ vor. Dieses richtet sich<br />

an Frauen und Männer, die aus ihren<br />

Heimatländern nach Deutschland geflüchtet<br />

sind und ein Freiwilliges Soziales<br />

Jahr im Diakonie Klinikum oder in<br />

anderen Pflegeeinrichtungen machen.<br />

Das Ziel: eine Ausbildung in der Pflege<br />

starten. Dirk Hermann, Initiator des<br />

Projekts, begleitet die Geflüchteten unter<br />

anderem zu Behördengängen, hilft<br />

bei der Wohnungssuche. Musikalisch<br />

untermalt wird der Festgottesdienst<br />

vom Kirchenchor Siegen mit Leiterin<br />

Christina Schmitt am Klavier. Im Anschluss<br />

lädt Dirk Hermann zu einem<br />

Rundgang durch die ehemaligen Krankenhaus-Räumlichkeiten<br />

ein. Mit dabei<br />

sind auch Gäste, die ihre frühere<br />

Arbeitsstätte besuchen. Annelen Brücher,<br />

die 1962 ihre Ausbildung begann,<br />

erinnert sich zurück: „Das Haus war<br />

unterteilt in die Gebäudeteile A, B und<br />

C. Hier, im Bereich C waren die Innere<br />

Medizin und die Entbindungsstation<br />

untergebracht“, lächelt sie. Und an genau<br />

dem Ort, im Westturm des Hauses,<br />

erblicken zwischen 1947 und 1966 auch<br />

einige Erdenbürger das Licht der Welt.<br />

Aus dem Kreißsaal ist inzwischen eine<br />

Uni-Mensa geworden. Blazenka Sokolova<br />

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