Diskurs 3/2022
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Service<br />
Das Kreuz<br />
mit dem Kreuz<br />
Neurochirurgie Ob durch eine Verspannung,<br />
eine Blockade oder Verschleiß:<br />
Rückenschmerzen können diverse Gründe<br />
haben. Was hinter ihnen steckt, finden<br />
Chefarzt Professor Dr. Veit Braun und<br />
Oberärztin Dr. Anne Carolus in der Sprechstunde<br />
der Klinik für Neurochirurgie am<br />
Diakonie Klinikum Jung-Stilling heraus.<br />
Prof. Dr. Veit Braun<br />
www.jung-stilling.de<br />
Rückenschmerzen und die Evolution<br />
Ein Großteil der Menschen leidet<br />
mindestens einmal im Leben<br />
an Rückenschmerzen. Die<br />
Entwicklung vom Vierbeiner<br />
zum Zweibeiner und der damit verbundene<br />
aufrechte Gang wird immer<br />
wieder als führender Grund schmerzhafter<br />
Rückenprobleme diskutiert. Das<br />
ist sicher eine vereinfachte Sichtweise.<br />
Einige evolutionsbiologische Aspekte<br />
werden dabei außer Acht gelassen.<br />
Dennoch steht fest, dass keine Spezies<br />
so viele Rückenprobleme hat wie<br />
der Mensch: Die senkrechte Belastung<br />
spielt offensichtlich eine erhebliche<br />
Rolle. Doch was tun, wenn der Schmerz<br />
da ist? Um die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten<br />
kümmert sich das Team<br />
der Klinik für Neurochirurgie um Professor<br />
Dr. Veit Braun.<br />
Dr. Anne Carolus<br />
Nerven, Muskulatur und ein knöcherner Apparat: Die Bandscheibe ist ein<br />
komplexes Organ. Es sind also nicht immer die Nerven und Bandscheiben,<br />
die Schmerzen verursachen. Eine genaue Diagnostik ist beim<br />
Thema Rücken also gefragt.<br />
Das „Organ“ Wirbelsäule<br />
Es sind bei weitem nicht immer die<br />
Nerven und Bandscheiben, die den<br />
Schmerz verursachen. Die Wirbelsäule<br />
ist ein ganzes Organ, das heißt, ein eigenständig<br />
funktionierendes Konstrukt<br />
aus verschiedenen Geweben. Neben den<br />
Nerven, die anfällig für Druck durch die<br />
geschädigten Bandscheiben sind, gibt<br />
es einerseits den knöchernen Apparat<br />
und andererseits die Muskulatur. Oft<br />
sind es die kleinen Facettengelenke,<br />
die schmerzhaft sind. Sie verbinden<br />
paarweise jeden Wirbel nach oben und<br />
unten und werden ständig strapaziert.<br />
Sind sie gereizt, entsteht eine Art Entzündungsreaktion<br />
im Gelenkspalt und<br />
es kommt zu Rückenschmerz, der auch<br />
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mal einen Schmerz durch einen Bandscheibenvorfall<br />
vortäuschen kann. Auch<br />
das Iliosakralgelenk, das Wirbelsäule<br />
und Beckenring verbindet, ist regelmäßig<br />
einer Überbelastung ausgesetzt und<br />
kann zu Schmerzen führen. Die Muskelstränge<br />
verlaufen in der Tiefe an und<br />
neben der Wirbelsäule. Sie können unter<br />
falscher Beanspruchung oder einem<br />
Belastungs-Ungleichgewicht ebenfalls<br />
schmerzhaft reagieren. Man kann die<br />
Muskelfasern mit den Paddeln in einem<br />
Ruder-Achter vergleichen: Arbeitet<br />
eine asynchron, gerät das ganze System<br />
durcheinander. Dies mündet in Verspannungen<br />
und Verhärtungen, die sich<br />
manchmal als Knoten tasten lassen.<br />
© mikeingram1 / Pixabay