Steuerspartipps für Ärzte - Team Jünger Steuerberater - Die ...
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20 Praxisführung und Geld<br />
Patientenverfügung: Ja oder Nein?<br />
Auch eine Frage des Vertrauens<br />
GRAZ – Im Rahmen der „Seminare im März“ der <strong>Ärzte</strong>kammer<br />
Steiermark haben Dr. med. Albrecht Warning und Dr. jur. Martin<br />
Piaty ein Seminar zum Thema „Patientenverfügung“ gehalten.<br />
Im Interview sprechen der Internist und der Rechtsanwalt über<br />
die Verfügung, ihre eigene Einstellung dazu und über die Patienten-Selbstbestimmung.<br />
MT: Wie erfährt im Fall des Falles<br />
der Arzt, dass eine Patientenverfügung<br />
vorhanden ist?<br />
Dr. Piaty: Da<strong>für</strong> ist der Patient verantwortlich.<br />
Er muss Sorge tragen,<br />
dass die Patientenverfügung zur Anwendung<br />
gelangt, wenn er eine hat.<br />
Wenn der Arzt z.B. weiß, dass der<br />
Patient eine Patientenverfügung hat<br />
und wo sie sich in etwa befindet,<br />
gibt es eine gewisse eingeschränkte<br />
Nachforschungspflicht. Für den Notfall<br />
ist es empfehlenswert, die Patientenverfügung<br />
immer bei sich zu<br />
tragen, etwa in der Geldbörse, oder<br />
das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort<br />
auf einer Notfallskarte<br />
zu vermerken. Dann kann man sie<br />
gleich dem behandelnden Arzt geben.<br />
Da steht dann drauf, wo sich die<br />
Patientenverfügung befindet.<br />
Dr. Warning: Man sollte auf jeden<br />
Fall seine Umgebung über das Vorhandensein<br />
einer Patientenverfügung<br />
informieren. Am besten, man bewahrt<br />
sie in der Familie auf und gibt<br />
dem Hausarzt eine Kopie. Bei einem<br />
Notfall darf ja auch nicht jede beliebige<br />
Person in die Tasche des Patienten<br />
greifen. Wenn es sich nicht um<br />
einen Polizisten oder einen Notarzt<br />
handelt, dann ist Feuer am Dach.<br />
MT: Gibt es eine zentrale Sammelstelle,<br />
bei der Patientenverfügungen<br />
aufliegen?<br />
Dr. Piaty: Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht<br />
gibt es kein zentrales<br />
Verfügungsregister. Das ist<br />
auch das Problem des Patientenverfügungsgesetzes.<br />
Alle Krankenanstalten<br />
haben einen Code zugeteilt<br />
bekommen, mit dem sie Einblick<br />
nehmen können. Aber eine Patientenverfügung<br />
hat der Patient ja freiwillig,<br />
und die meisten davon sind<br />
nicht registriert.<br />
MT: Wieso haben Patienten ein Bedürfnis<br />
nach einer Patientenverfügung?<br />
Dr. Warning: Das liegt an der Entwicklung.<br />
Wie geht man als Patient<br />
in ein Krankenhaus? Mit welchen<br />
Erwartungen an den Arzt, mit<br />
welchem Vertrauensverhältnis? Das<br />
hängt mehr mit der inneren Haltung<br />
der Menschen zusammen, mit<br />
ihrer Lebenseinstellung, ihrer Einstellung<br />
zu <strong>Ärzte</strong>n und zu Krankenhäusern,<br />
dass man sich dann fragt:<br />
Was passiert, wenn ich meinen Willen<br />
nicht mehr selbst äußern kann?<br />
Dr. Piaty: Das gilt auch <strong>für</strong> Karzinompatienten,<br />
die in Zustände<br />
hineintherapiert werden, die dem<br />
Patienten die Autonomie nehmen.<br />
MT: Wem würden Sie zu einer Patientenverfügung<br />
raten?<br />
Dr. Warning: Direkt raten würde<br />
ich nicht dazu. Aber davon abgesehen<br />
ist die Patientenverfügung sicher<br />
eine Möglichkeit <strong>für</strong> alle, die<br />
bewusst und vernunftgeleitet ihr<br />
Leben gestalten wollen; <strong>für</strong> Leute,<br />
die sich intensiv mit ihrem Lebensziel<br />
auseinandersetzen.<br />
Dr. Piaty: <strong>Die</strong> Patientenverfügung<br />
ist eines der möglichen juristischen<br />
Mittel zur Selbstbestimmung.<br />
Es gibt ja auch Alternativen,<br />
die Vorsorgevollmacht z.B. oder das<br />
Sachwalterrecht. Es gibt eine ganze<br />
Palette von Möglichkeiten, die eingeführt<br />
wurden. Denn es gibt heute<br />
Medical Tribune • 40. Jahrgang • Nr. 16 • 16. April 2008<br />
wesentlich mehr Patienten, die bei<br />
der Entscheidung über eine Heilbehandlung<br />
oder deren Unterlassung<br />
einsichts- und urteilsfähig sind.<br />
MT: <strong>Die</strong> Selbstbestimmung des Patienten<br />
wirft neue Fragen auf: Einerseits<br />
muss der Patient viel mehr<br />
Verantwortung über sich selbst<br />
übernehmen, andererseits wird der<br />
Arzt auch in seiner Funktion in Frage<br />
gestellt. Wie weit sollen Patienten<br />
sich informieren?<br />
Dr. Warning: <strong>Die</strong> Frage ist, wie<br />
der Patient den Arzt sieht und wie<br />
weit das Vertrauen und eine Beziehung<br />
aufgebaut werden können.<br />
<strong>Ärzte</strong> sind nicht mehr Götter in<br />
Weiß. Sie müssen auch ihr Selbstbewusstsein<br />
überprüfen. Wie weit<br />
sieht der Arzt den Patienten z.B.<br />
Gesundheits- und Sozialpolitik stößt an ihre moralischen Grenzen<br />
Nein zu Honorarreduktionen der Kassen<br />
WIEN – Bei der laufenden Debatte<br />
über die Gesundheitsreform<br />
wird auch immer wieder<br />
über eine direkte oder indirekte<br />
Honorarreduktion bei den<br />
niedergelassenen Kassenärztinnen<br />
und -ärzten diskutiert. Der<br />
Spielraum nach unten ist jedoch<br />
ausgereizt, so das Resümee bei<br />
einer Diskussionsveranstaltung<br />
der MEDTAX-Gruppe.<br />
„<strong>Die</strong> Diskussion um die Finanzgebarung<br />
der Gebietskrankenkassen<br />
ist bei weitem noch nicht beendet,<br />
sie hat ja noch nicht einmal richtig<br />
begonnen“, fasst Dr. Karl Braunschmid<br />
das Ergebnis der Diskussionsrunde<br />
zusammen. Innerhalb dieser<br />
<strong>Steuerberater</strong>-Kooperation, die<br />
aus den renommiertesten langjährigen<br />
<strong>Ärzte</strong>steuerberatern in Österreich<br />
besteht und die in Summe zirka<br />
5000 <strong>Ärzte</strong> vertritt, kennt man die<br />
Entwicklung der vergangenen Jahre<br />
sehr genau: <strong>Die</strong> jüngste so genannte<br />
Gesundheitspolitik ist vor allem<br />
durch laufende direkte oder indirekte<br />
Honorarreduktionen bei den niedergelassenen<br />
Kassenärztinnen und -<br />
ärzten gekennzeichnet. Der Spiel-<br />
<strong>Die</strong> versammelten Experten bei der Diskussionsveranstaltung der MEDTAX-Gruppe<br />
waren sich einig: Durch Kaputtsparen werden Arbeitsplätze zerstört.<br />
raum nach unten ist jedoch bereits<br />
ausgereizt. Außerdem geht auch an<br />
der niedergelassenen Kassenärzteschaft<br />
die allgegenwärtige Inflation<br />
nicht vorbei. Und vom Honorar der<br />
Kassen werden Betriebskosten, Sozialabgaben<br />
und Steuern bezahlt, nur<br />
rund 20 Prozent davon bleibt den<br />
Arztfamilien zum Leben.<br />
Bei den Betriebskosten fallen vor<br />
allem die Personalkosten ins Gewicht:<br />
Zwischen 25.000 und 30.000 überwiegend<br />
weibliche Teilzeitbeschäftigte<br />
dürften in Österreichs Kassenordinationen<br />
angestellt sein. <strong>Die</strong>se<br />
tragen genau wie die <strong>Ärzte</strong>schaft mit<br />
ihrem Einkommen zur finanziellen<br />
Absicherung von mehr als 100.000<br />
Fotos: privat<br />
Bürgerinnen und Bürgern bei. Doch<br />
diese Arbeitsplätze sind durch die<br />
jüngsten Ansätze des Kaputtsparens<br />
massiv in Gefahr: Laut MEDTAX-<br />
Konferenz würde bereits eine Honorarreduktion<br />
von zwei Prozent<br />
unter Berücksichtigung der derzeitigen<br />
Inflation von drei Prozent einen<br />
Umsatzverlust von fünf Prozent<br />
bedeuten, der durchgerechnet einen<br />
Verlust an Nettoeinkommen von<br />
zehn bis 15 Prozent <strong>für</strong> jeden Kassenarzt<br />
bedeuten würde. „Ein Betrag,<br />
bei dem so manchem Ordinationsinhaber<br />
die Lebensgrundlage entzogen<br />
würde“, so Dr. Braunschmid.<br />
Daher bleibt nichts anderes übrig,<br />
als radikal bei den Betriebsausgaben<br />
Interview<br />
Dr. jur. Martin Piaty Dr. med. Albrecht Warning<br />
Foto: Medtax<br />
einzusparen. Doch auch dort ist fast<br />
kein Spielraum mehr. Außerdem lassen<br />
sich die meisten Betriebsausgaben<br />
nicht so ohne weiteres reduzieren.<br />
Investitionen sind auf Jahre oder<br />
Jahrzehnte getätigt, und die Kredite<br />
da<strong>für</strong> können nicht weggezaubert<br />
werden. „Der einzige betriebswirtschaftlich<br />
machbare Ansatz sind<br />
die Personalkosten. Wenn die Honorarreduktionen<br />
noch zusätzlich<br />
mit Leistungseinschränkungen oder<br />
Honorardeckelungen einhergehen,<br />
dürfen wir den <strong>Ärzte</strong>n gar nichts anderes<br />
empfehlen, als über Beschäftigungsreduktionen<br />
nachzudenken“,<br />
so die Steuerexperten.<br />
<strong>Die</strong>se Größenordnung<br />
sollte Chefsache sein<br />
In Summe sehen die MEDTAX-<br />
Partner bei einer Einbuße von beispielsweise<br />
zwei Prozent bei den<br />
Honoraren der Gebietskrankenkassen<br />
mehr als 5000 Arbeitsplätze<br />
von überwiegend weiblichen<br />
Teilzeitkräften ganz oder teilweise<br />
akut gefährdet. <strong>Die</strong>s stellt neben<br />
der 2008 neu eingeführten Verteuerung<br />
der Teilzeitkräfte durch<br />
den Mehrarbeitszuschlag einen<br />
weiteren Anschlag auf diese Ar-<br />
auch als Gesprächspartner, und<br />
nicht nur – grob ausgedrückt – als<br />
instrumentalisierten Krankheitsfall,<br />
an dem er sein Können unter<br />
Beweis stellen kann? <strong>Die</strong> Selbstbestimmung<br />
des Patienten hat ihre<br />
Wurzeln sicher auch darin, dass<br />
der Patient Angst vor dem Arzt<br />
hat. Aber es kommt eben auch darauf<br />
an, wie der Arzt sich selbst erlebt<br />
und überdenkt.<br />
Dr. Piaty: In den USA gibt es z.B.<br />
eine unglaubliche Prozessflut durch<br />
die hohe Patientenunzufriedenheit.<br />
So etwas kann durch eine gute<br />
Arzt-Patienten-Beziehung verhindert<br />
und geregelt werden.<br />
MT: Haben Sie selbst eine Patientenverfügung?<br />
Dr. Warning: Ich würde nur dann<br />
eine machen, wenn ich in eine Situation<br />
käme, in der ich in irgendeiner<br />
Form meine Selbständigkeit<br />
nicht mehr beherrschen könnte.<br />
Dr. Piaty: Ich würde auch nur dann<br />
eine machen, wenn konkret ein<br />
Krankheitsbild in so eine Richtung<br />
weist.<br />
Interview: Mag. Barbara Kluger<br />
beitnehmergruppe dar. Dr. Braunschmid:<br />
„<strong>Die</strong> da<strong>für</strong> verantwortlichen<br />
Sozialpolitiker sollten sich<br />
einmal über diese Auswirkungen<br />
ihrer Vorschläge und Maßnahmen<br />
Gedanken machen. Immerhin handelt<br />
es sich hierbei um Arbeitsplatz-Größenordnungen,<br />
die sicher<br />
dann zur Chefsache erklärt werden,<br />
wenn sie von Großkonzernen<br />
in den Raum gestellt werden.“<br />
Wer die niedergelassene <strong>Ärzte</strong>schaft<br />
wirklich als unverzichtbares<br />
Element der ambulanten Gesundheitsversorgung<br />
sieht, sollte lieber<br />
darüber nachdenken, wie die Ressourcen<br />
zum Vorteil der Versicherten<br />
eingesetzt werden könnten. „<strong>Die</strong><br />
Zerstörung der Lebensgrundlage<br />
von zigtausenden Menschen im<br />
Umfeld der Ordinationsinhaber und<br />
deren Angestellten ist aus unserer<br />
Sicht nicht der richtige Weg“, fasst Dr.<br />
Braunschmid zusammen.<br />
i<br />
MEDTAX ist das Netzwerk<br />
der <strong>Ärzte</strong>steuerberater<br />
in ganz Österreich. Man versteht<br />
sich als Kompetenzzentrum <strong>für</strong> alle<br />
Berufsgruppen der <strong>Ärzte</strong>.<br />
www.medtax.at<br />
Foto: Bilderbox