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Illettrismus - ein Thema der Logopädie? - BSCW

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Ausgangssituation und Stand <strong>der</strong> Forschung<br />

Schriftkultur gehen Hand in Hand mit <strong>der</strong> Schaffung vielfältiger Hör-, Sprech-, Lese- und<br />

Schreibanlässe“ (Vanhooydonck & Grossenbacher, 2002, S. 90). Diese Anlässe sollten nicht<br />

nur vielfältig, son<strong>der</strong>n auch individuell auf die Lernenden zugeschnitten s<strong>ein</strong>. Denn Lernen ist<br />

<strong>ein</strong> konstruktiver und höchst individueller Prozess; dies zeigt sich vor allem bei Kin<strong>der</strong>n, die<br />

mit traditionellen Methoden das Lesen und Schreiben nicht lernen. Eine anregende<br />

Lernumgebung, die die Kin<strong>der</strong> darin unterstützt, ihre Kompetenzen anzuwenden, zu üben<br />

und zu festigen, ist genauso wichtig wie <strong>ein</strong>e individuelle Betreuung und Begleitung. Zum<br />

Beispiel besteht die Möglichkeit, Lesearbeiten mit Partnern zu bewältigen und somit Lesen<br />

nicht nur als <strong>ein</strong>same und stille Tätigkeit zu erfahren. In diesem Zusammenhang sollten auch<br />

Gelegenheiten geschaffen werden, Leseerfahrungen auszutauschen und <strong>ein</strong>an<strong>der</strong> zu<br />

beraten. Lesetipps Gleichaltriger ermöglichen vielen den Zugang zu Neuem und<br />

Schwierigerem. Schliesslich geht es auch grundsätzlich darum, die Motivation und Neugier<br />

zum Lesen und die Freude am Schreiben zu wecken. Dies kann durch Projekte wie<br />

Bücherwochen, Lesenächte, Spiele und Wettbewerbe erreicht werden, in welchen Lesen in<br />

<strong>ein</strong> beson<strong>der</strong>es Ambiente <strong>ein</strong>gebettet und damit zum Ereignis wird. Das Interesse am Lesen<br />

kann jedoch auch durch die Identifikation mit <strong>ein</strong>er Romanfigur geweckt werden. Lektüre<br />

abgestimmt auf Mädchen und Jungen hilft, damit sich die lesenden Kin<strong>der</strong> mit ihrem<br />

Geschlecht und ihren Interessen in den Büchern wie<strong>der</strong>finden können (vgl. Schweizerisches<br />

Komitee zur Bekämpfung des <strong>Illettrismus</strong>, 2005; Döbert & Hubertus, 2000; Bertschi-<br />

Kaufmann zit. nach Vanhooydonck & Grossenbacher, 2002).<br />

Das Selbstverständnis <strong>der</strong> Schule ist noch immer stark von <strong>der</strong> Einsprachigkeit geprägt.<br />

Während die Mehrsprachigkeit gesellschaftlicher Eliten hoch geschätzt und ihr Erwerb<br />

gefor<strong>der</strong>t und positiv sanktioniert wird (Fremdsprachenunterricht), wird die<br />

Mehrsprachigkeit von Migrantenkin<strong>der</strong>n <strong>der</strong> unteren sozialen Schichten in <strong>der</strong> Regel eher als<br />

Nachteil für die individuelle Schullaufbahn betrachtet. Während <strong>der</strong> ersten Schuljahre sollte<br />

jedoch sowohl die Muttersprache, als auch die Unterrichtssprache gleich stark aufgebaut<br />

bzw. gesichert werden, um <strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e Sprachbewusstheit zu för<strong>der</strong>n. Kurse in<br />

Heimatlicher Sprache und Kultur (HSK), sowie allfällige För<strong>der</strong>massnahmen in <strong>der</strong><br />

Unterrichtssprache (Deutsch für Fremdsprachige) ermöglichen <strong>ein</strong>e gelingende<br />

Mehrsprachigkeit. Voraussetzung dafür ist <strong>ein</strong>e enge Zusammenarbeit <strong>der</strong> beteiligten<br />

Lehrpersonen und <strong>der</strong> Einbezug <strong>der</strong> Eltern (vgl. Schweizerisches Komitee zur Bekämpfung<br />

des <strong>Illettrismus</strong>, 2005).<br />

Das Lesen- und Schreibenlernen ist mit <strong>der</strong> 3. Klasse nicht abgeschlossen. Die Kompetenzen<br />

in diesem Bereich können sich kontinuierlich erweitern. Für Prävention und Therapie stellt<br />

dies <strong>ein</strong>e Chance dar: Die Fähigkeiten können <strong>ein</strong> Leben lang geübt und vertieft werden.<br />

Sprach-, Lese- und Schreibför<strong>der</strong>ung muss über die gesamte Spanne <strong>der</strong> Volksschule und<br />

darüber hinaus erfolgen. Auch in späteren Schuljahren muss es innerhalb <strong>der</strong> Schule<br />

Lernangebote zum nachträglichen Erwerb <strong>der</strong> Schriftsprache geben.<br />

Vor allem in den höheren Klassen sollen gem<strong>ein</strong>same Lernerfahrungen vermehrt<br />

thematisiert werden, um die Metakognition zu för<strong>der</strong>n. Auch sollten die Lernformen<br />

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