Illettrismus - ein Thema der Logopädie? - BSCW

Ausgangssituation und Stand der Forschung
sind, umso besser gelingen beabsichtigte Veränderungen in der Schriftsprachkompetenz.
Entwicklungsaufgaben, die Jugendliche am Ende ihrer Schulzeit zu bewältigen haben, sind:
Eintritt ins Erwerbsleben, Entwicklung einer Lebensperspektive, sich Einstellen auf die
Normen und Verkehrsnormen der Arbeitswelt, Freizeitgestaltung, Partnerschaft und
Sexualität und Loslösung von der Familie. Diese Entwicklungsaufgaben zu Themen der
Förderpraxis, zu Inhalten des Lesens und Schreibens zu machen und dabei sowohl
zurückliegende als auch aktuelle Erfahrungen der Jugendlichen einzubeziehen, wirkt sich
positiv auf den allgemeinen Lernfortschritt aus (vgl. Kretschmann et al., 1990).
Ein Projekt, das persönliche Erfahrungen der Jugendlichen zu Inhalten des Schreibens macht,
ist das Projekt „Schulhausroman“. Unter der Leitung von Richard Reich und Gerda
Wurzenberger, in Kooperation mit dem Literaturhaus Museumsgesellschaft Zürich, dem
Volksschulamt des Kantons (schule & kultur), dem Schulamt der Stadt Zürich und
verschiedenen Stiftungen wird dieses Schreibprojekt seit 2004 durchgeführt. Es richtet sich
vor allem an sogenannt „lernschwache“ bzw. sprachlich gehemmte Schüler 1 im Alter
zwischen 12 und 17 Jahren, die die unteren Niveaus der Oberstufe 2 besuchen. Laut der
projekteigenen Website besteht die Grundidee des Projektes darin, die Jugendlichen aktiv an
der Entstehung einer Geschichte zu beteiligen – unter Anleitung Schweizer Autoren. Die
beteiligten Klassen entwickeln ihre Geschichte(n) gemeinsam mit einem Schreibtrainer, von
der eigentlichen Grundidee bis zum fertigen Text. Die Jugendlichen schreiben während des
Unterrichts im Rahmen von Aufsatzstunden eigene Passagen oder greifen mit mündlichen
Bemerkungen, Ideen und Einwänden in die Handlung ein. Die Aufgabe des Schreibtrainers
besteht darin, die zahlreichen Vorschläge und Anmerkungen zu provozieren, aufzunehmen
und schliesslich zu einer Geschichte zu „synchronisieren“. Durch das gemeinsame Verfassen
einer Geschichte setzen sich die Jugendlichen mit einem Bereich auseinander, den sie unter
anderen Umständen nicht erfolgreich bewältigen könnten. Der Zugang zur Schrift geschieht
über ihre eigenen, persönlichen Erfahrungen und über ihren Alltag. Sie stellen sich ihren
Ängsten vor dem schriftlichen Ausdruck und werden somit in ihrer Schriftsprachkompetenz
gefördert. Ihr Interesse an schriftlichem Ausdruck wird geweckt und sie erfahren, dass ihre
eigenen Ideen von den Autoren ernst genommen werden und somit auch literarisch
interessant sind. Das Internet bildet einen wesentlichen Teil des Projekts. Die
„Schulhausromane“ können als „work in progress“ auf dem Internet 3
verfolgt werden und
die in Entwicklung begriffenen Geschichten werden laufend aktualisiert. Die Leser erfahren
hier auch, wer die mitarbeitenden Schüler sind. Auch alle, bereits verfassten Romane mit
Informationen zu ihrer Entstehung, können auf der Website gelesen werden. Regelmässig
finden auch öffentliche Veranstaltungen wie Vorlesungen der Schüler ihrer eigenen Romane
statt. So zum Beispiel im Literaturhaus Zürich und Basel. Bis Ende 2009 haben rund 20
Schreibtrainer mit weit über tausend Schülern 50 Schulhausromane erarbeitet, dies in den
1
Wie bereits eingangs dieser Arbeit erwähnt, sind hier auch Schülerinnen mit gemeint
2
Im Kanton Zürich die Sekundarstufen B und C, sowie das 10. Schuljahr
3 www.schulhausroman.ch
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