Art Quarterly - Luxury can be Art
Art Quarterly ist ein Magazin für alle Kunst- und Kulturliebhaber. Neben zahlreichen Informationen über die aktuelle Kunstszene und den zurzeit laufenden Ausstellungen in Österreich und Deutschland präsentieren wir Ihnen auch immer die aktuellen Top-Beauty-Trends.
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ART INTERVIEW<br />
„Meine Ar<strong>be</strong>it<br />
muss<br />
<strong>be</strong>rühren,<br />
darf<br />
erschrecken,<br />
a<strong>be</strong>r nicht<br />
mit der<br />
Intention,<br />
den Leuten<br />
eine Watschen<br />
zu ge<strong>be</strong>n.“<br />
Ich ha<strong>be</strong> momentan meine zweite Solo-Ausstellung <strong>be</strong>i<br />
„das Chegini“ in Wien. Das war eine ar<strong>be</strong>itsintensive<br />
Zeit, a<strong>be</strong>r ich möchte es auf keinen Fall anders erle<strong>be</strong>n.<br />
Ich lie<strong>be</strong> meine Ar<strong>be</strong>it und umso mehr ich machen darf,<br />
umso glücklicher bin ich.<br />
Natürlich muss es nach Ar<strong>be</strong>itsphasen immer wieder<br />
Recharging-Phasen ge<strong>be</strong>n, in denen ich runterfahre, reflektiere,<br />
recherchiere, um neuen Boden für die nächste<br />
Ar<strong>be</strong>itsphase zu schaffen.<br />
Dein Ehemann ist ja e<strong>be</strong>nfalls Künstler, wie lebt es sich<br />
so in einer Künstlerehe? Wie sehr <strong>be</strong>einflusst man sich<br />
gegenseitig und ist man auch immer gleich der wichtigste<br />
und schärfste Kritiker des anderen?<br />
Ich lie<strong>be</strong> die Künstlerehe. A<strong>be</strong>r das ist rein meinem<br />
Mann zu verdanken. Er kann irrsinnig gut mit meinem<br />
nicht ganz einfachen Charakter umgehen, weiß, was<br />
ich brauche, lässt mich in Ruhe, wenn es sein muss und<br />
pusht mich, wenn nötig.<br />
Es ist Fluch und Segen jemanden zu ha<strong>be</strong>n, der einen<br />
sehr klaren Blick auf die Kunst, die man produziert hat<br />
und von Anfang bis Ende <strong>be</strong>i jedem Entstehungsprozess<br />
da<strong>be</strong>i ist, nachdem wir ja auch gemeinsam Ar<strong>be</strong>iten.<br />
Der Austausch ist allgegenwärtig, genauso wie Kritik.<br />
Ich ha<strong>be</strong> von dieser Konstellation bis jetzt dennoch nur<br />
profitiert…und ich denke er auch. Ich respektiere meinen<br />
Mann als Künstler sehr und würde von keinem anderen<br />
Menschen so viel Input akzeptieren wie von ihm.<br />
Hast Du auch schon weitere Projekte geplant, etwa<br />
eine Ausstellung gemeinsam mit Deinem Mann?<br />
Es gibt schon einige Pläne, die sich im nächsten Jahr<br />
verfestigen werden.<br />
Wo siehst Du Dich heute in zehn Jahren, was sind Deine<br />
größten Ziele und was sind Deine Prognosen hinsichtlich<br />
der heimischen Kunstszene?<br />
Ich will mir nicht anmaßen Prognosen zu stellen, was Kunst<br />
angeht. Meine Intention ist es a<strong>be</strong>r so viel wie möglich an<br />
den Kunstdiskurs zurückzuge<strong>be</strong>n und dazu <strong>be</strong>izutragen.<br />
www.kataoelschlaegel.com<br />
HANGMAN, 2022, fabric on skeleton, 172 cm<br />
was dieses „Etwas“ zu <strong>be</strong>deuten hat, das im normalen<br />
Le<strong>be</strong>n total hinderlich sein kann und einen manchmal<br />
sozial komplett unfähig macht, für das Kunstschaffen<br />
ist es allerdings Gold wert. In der Kunst gibt es kein<br />
richtig und kein falsch, keine Fehltritte…<br />
Als ich das erkannte, ha<strong>be</strong>n viele Dinge so viel mehr Sinn<br />
erge<strong>be</strong>n und ich ha<strong>be</strong> zum ersten Mal das Gefühl gehabt einen<br />
Platz gefunden zu ha<strong>be</strong>n, in den ich zu 100% reinpasse.<br />
Wie würdest Du Dich als Künstlerin <strong>be</strong>schrei<strong>be</strong>n und was<br />
würdest Du als Stoßrichtung Deiner Kunst verorten?<br />
Ich verstehe mich selbst als postradikale Wiener Aktionistin,<br />
jedoch ist es keinesfalls meine Intention den<br />
Wiener Aktionismus zu verjüngen, viel eher soll meine<br />
Ar<strong>be</strong>it als progressive Ü<strong>be</strong>rsetzung e<strong>be</strong>n dieser Kunst<strong>be</strong>wegung<br />
verstanden werden. Durch die gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen der letzten Jahrzehnte ergibt sich<br />
für mich die Selbstverständlichkeit, dass ein modern<br />
gedachter Wiener Aktionismus sowohl der Dekonstruktion<br />
als auch der Versöhnung verpflichtet sein muss. Es<br />
ist unvermeidbar, dass meine Ar<strong>be</strong>iten gezielt die Ambiguitätstoleranz<br />
des Betrachtenden tangieren.<br />
Der Empfänger meiner Werke <strong>be</strong>gibt sich in die Situation,<br />
die eigenen Wahrheits<strong>be</strong>hauptungen in Frage zu<br />
stellen, andere Realitäten entweder zuzulassen oder<br />
auch nicht. So werden <strong>be</strong>ispielsweise „Blut“ oder „Tod“<br />
in meiner Ar<strong>be</strong>it nicht als Mittel einer radikalen Ästhetik-Ohrfeige<br />
genutzt, sondern in ihren abstrahierten<br />
Formen als Möglichkeit verstanden, sie aus den erlernten<br />
Ordnungssystemen zu lösen und neu zu denken. Separiert<br />
von Konnotation kann die Materie in die Urform<br />
des Natürlichen zurückfinden und sich in ein Wirklichkeitsspektrum<br />
einordnen. Die Gegenü<strong>be</strong>rstellung von<br />
Rein und Obszön, Gut und Böse, Ordnung und Chaos<br />
stellt sich in meiner Ar<strong>be</strong>it nicht. Ich glau<strong>be</strong> nicht an<br />
Eindeutigkeit.<br />
Du kommst ja aus einer sehr kunstsinnigen Familie, wie<br />
hat das Deine künstlerische Entwicklung <strong>be</strong>einflusst<br />
und wie glücklich sind Eltern dann wirklich, wenn die<br />
Tochter verkündet „Ich werde Künstlerin“?<br />
Ich ha<strong>be</strong> von meinen Eltern immer viel Unterstützung<br />
erfahren, da sie wie ich gewusst ha<strong>be</strong>n, dass ich für diesen<br />
Weg gemacht bin. Demnach war diese „Ich werde<br />
Künstler“-Ankündigung viel weniger eine Hiobsbotschaft<br />
als vielmehr ein Prozess, den <strong>be</strong>ide miterlebt ha<strong>be</strong>n.<br />
Es war für sie eigentlich eine Erleichterung, dass<br />
ich meinen Weg fand. Kurzum: sie ha<strong>be</strong>n das sehr cool<br />
genommen, ich ha<strong>be</strong> ihnen a<strong>be</strong>r auch wenig Anlass gege<strong>be</strong>n,<br />
es nicht zu tun.<br />
Gleich Deine erste Ausstellung war ja ein voller Erfolg,<br />
gibt es schon weitere Pläne und kommst du in der Produktion<br />
ü<strong>be</strong>rhaupt mit der Nachfrage mit?<br />
BOOT, 2022, gouache on <strong>can</strong>vas, 100 x 90 cm<br />
52 AQ JUBILÄUMSAUSGABE<br />
www.art-quarterly.com<br />
www.art-quarterly.com JUBILÄUMSAUSGABE AQ 53