Ausgabe 1/2008, 24. Jahrgang (pdf, 6.12 MB - Johannes Gutenberg ...
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PHYSIK<br />
62<br />
Abb.: © CERN<br />
Abb. 2: Simulation einer Proton-<br />
Proton-Kollision im ATLAS-Experiment<br />
mit den Bahnen der erzeugten<br />
geladenen Teilchen im Spurdetektor<br />
(innerer Kreis) und den<br />
Signalen von geladenen und neutralen<br />
Teilchen in den Kalorimetern<br />
(äußerer Bereich).<br />
Abb. 3: Aufbau des ATLAS-Experiments<br />
in der 100 Meter unter der<br />
Erde befindlichen Experimentierkaverne<br />
(Stand Oktober 2005).<br />
Sichtbar ist das zentrale Magnetsystem<br />
für Myonen mit acht supraleitenden<br />
Spulen sowie eines der<br />
drei Kalorimetersysteme. Der Aufbau<br />
des Experiments ist mittlerweile<br />
abgeschlossen und fast der gesamte<br />
Raum der Kaverne ist mit Detektorkomponenten<br />
gefüllt.<br />
Die Magnete werden bei einer Temperatur von 1,9<br />
Kelvin betrieben; dies ist geringer als die mittlere<br />
Temperatur im Universum, die bei 2,7 Kelvin (rund<br />
-270 Grad Celsius) liegt. In den Magneten wird während<br />
des Betriebs eine Energie gespeichert sein, die<br />
der Bewegungsenergie eines Airbus A380 im Reiseflug<br />
entspricht und ausreichen würde, zwölf Tonnen<br />
Kupfer zum Schmelzen zu bringen. Im LHC werden<br />
alle 25 Nanosekunden Proton-Proton Kollisionen<br />
stattfinden, also 40 Millionen Mal pro Sekunde. Bei<br />
jeder dieser Kollisionen zweier entgegengesetzt auf<br />
der Kreisbahn laufender Pakete werden bis zu einige<br />
hundert Teilchen erzeugt werden (Abb. 2).<br />
Der möglichst vollständige und präzise Nachweis<br />
sowie die Vermessung der in den Proton-<br />
Proton-Kollisionen entstehenden Teilchen erfordert<br />
ein äußerst komplexes Detektorsystem, das ATLAS-<br />
Experiment (ATLAS steht für „A Toroidal LHC<br />
Apparatus“). An diesem Experiment sind Physiker<br />
des Instituts für Physik seit über zehn Jahren aktiv<br />
beteiligt. Das ATLAS-Experiment (Abb. 3 und 4) ist ein<br />
Nachweisgerät zur genauen Vermessung insbesondere<br />
von hochenergetischen Teilchen (wie zum Beispiel<br />
Elektronen, Myonen und Photonen) und kann<br />
diese über fast den gesamten Raumwinkelbereich<br />
nachweisen. Das Experiment hat eine Länge von 46<br />
Metern, eine Höhe von 25 Metern (entspricht fünf<br />
Stockwerken) und ein Gewicht von 7.000 Tonnen<br />
(rund 70 % dessen, was der Pariser Eiffelturm auf die<br />
Waage bringt). Verschiedene, ineinander geschachtelte<br />
Detektoren weisen zuerst geladene Teilchen<br />
nach. Durch die Vermessung der Bahn in den Spurdetektoren<br />
– diese befinden sich in einem Magnetfeld<br />
– kann anhand der Krümmung der Impuls bestimmt<br />
werden. Um die Spurdetektoren herum sind<br />
hermetisch mehrere so genannte Kalorimetersysteme<br />
angeordnet. Diese bestimmen die Energien von geladenen<br />
wie neutralen Teilchen durch Totalabsorption.<br />
Einzig Myonen sowie Neutrinos werden hierbei nicht<br />
absorbiert. Zur Vermessung der Myonen befindet sich<br />
außerhalb der Kalorimeter ein weiteres System an<br />
Spurkammern und Magneten. Der gesamte Detektor<br />
umfasst etwa 100 Millionen elektronischer Kanäle<br />
und stellt somit eine äußerst große Art von Digitalkamera<br />
dar, mit der Besonderheit, dass hierbei 40<br />
Millionen Aufnahmen pro Sekunde (40 Megahertz)<br />
gemacht werden. Die dabei entstehende Datenmenge<br />
von etwa 1 PetaByte pro Sekunde (dies entspricht<br />
10 15 Byte bzw. der Datenmenge von etwa<br />
200.000 DVD’s) ist so enorm, dass sie durch ein komplexes<br />
elektronisches System in quasi Echtzeit stark<br />
reduziert werden muss. Dieser so genannte Trigger<br />
entscheidet in sehr kurzer Zeit (siehe unten), ob eine<br />
Kollision ein interessantes Ereignis erzeugt hat und<br />
reduziert die Rate von 40 Megahertz auf wenige<br />
Hundert Hertz. Pro Jahr wird so immer noch eine Datenmenge<br />
von zirka 3 PetaByte auf Massenspeicher-<br />
Foto: © CERN