Ausgabe 1/2008, 24. Jahrgang (pdf, 6.12 MB - Johannes Gutenberg ...
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BIOLOGIE<br />
Biologische Vielfalt in Ostafrika:<br />
Folgen von Landnutzung und Klimawandel<br />
Von Nina Farwig und Katrin Böhning-Gaese<br />
Fruchtender Feigenbaum<br />
im Kakamega Forest.<br />
70<br />
Foto: Nina Farwig<br />
Der letzte Hochland-Regenwald in Kenia bietet<br />
ideale Voraussetzungen, ökologische Zusammenhänge<br />
zu erforschen und Handlungsempfehlungen<br />
für eine nachhaltige Nutzung zu erarbeiten. Denn<br />
der Schutz tropischer Regenwälder funktioniert<br />
nur unter Beteiligung der einheimischen Bevölkerung.<br />
Die weltweit wachsende menschliche Bevölkerung<br />
nutzt natürliche Flächen und Ressourcen immer intensiver,<br />
beispielsweise durch Land- und Forstwirtschaft,<br />
Fischerei oder die Ausdehnung von Siedlungsflächen.<br />
Dieser wachsende Druck führt zu erheblichen<br />
Verlusten der biologischen Vielfalt. Allein die<br />
tropischen Wälder, wo 50 Prozent aller Arten leben,<br />
schrumpfen jährlich um etwa 1 Prozent. Damit gehen<br />
dort jedes Jahr geschätzte 27.000 Arten verloren.<br />
Bisher ist wenig darüber bekannt, in welcher Art und<br />
Weise die biologische Vielfalt zur Stabilität von Ökosystemen<br />
beiträgt. Von zentraler Bedeutung ist es<br />
daher, zu verstehen, wie Ökosysteme reagieren,<br />
wenn diese Vielfalt abnimmt. Gibt es eine untere<br />
Grenze, d.h. ein Minimum an Arten, das notwenig ist,<br />
damit die Funktionen von Ökosystemen und ihre<br />
Leistungen für den Menschen aufrecht erhalten werden<br />
können? Die Leistungen eines Ökosystems für<br />
den Menschen bestehen dabei z.B. in der Lieferung<br />
von Nahrung, Bauholz oder Medizinalpflanzen, in<br />
Dienstleistungen wie der Bestäubung von Kulturpflanzen,<br />
aber auch in der spirituellen Bedeutung von<br />
Pflanzen, Tieren und Landschaften.<br />
Neben der Landnutzung wird in Zukunft der<br />
Klimawandel zu massiven Veränderungen in der biologischen<br />
Vielfalt führen. Die Prognosen des kürzlich<br />
veröffentlichten Klimaberichts der Vereinten Nationen<br />
sagen einen höheren Artenverlust voraus, als bisher<br />
befürchtet. Bei einer globalen Erwärmung von<br />
2 bis 3 °C werden möglicherweise 20 bis 30 Prozent<br />
der Arten weltweit vom Aussterben bedroht sein.<br />
Einige Regionen der Erde werden von den Auswirkungen<br />
des Klimawandels überdurchschnittlich<br />
betroffen sein. Neben der Arktis sind die Prognosen<br />
für Afrika besonders gravierend. Die Veränderungen<br />
des Klimas werden sich voraussichtlich auch in<br />
Veränderungen der Artenzusammensetzung von<br />
Ökosystemen widerspiegeln. Gerade in ländlichen<br />
Regionen tropischer Länder ist wenig über die komplexen<br />
Zusammenhänge zwischen menschlicher<br />
Landnutzung, Klimaveränderungen, biologischer<br />
Vielfalt und der Stabilität von Ökosystemen bekannt.<br />
Allerdings haben die mancherorts dramatischen<br />
Verluste an tropischen Wäldern und ihren Pflanzenund<br />
Tierarten direkte Auswirkungen auf die Lebensqualität<br />
der Menschen: sie verlieren eine wichtige<br />
Ernährungsgrundlage und Krankheiten gefährden die<br />
Gesundheit.<br />
In einem interdisziplinären Forschungsprojekt<br />
untersuchen afrikanische und deutsche Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler gemeinsam die<br />
Folgen von Landnutzung und Klimawandel für die<br />
biologische Vielfalt und die Funktionen von Ökosystemen.<br />
Bereits seit 2001 wird im Rahmen des<br />
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
(B<strong>MB</strong>F) geförderten Langzeitprojektes BIOTA<br />
Afrika (Biodiversity Transect Analysis in Africa;<br />
www.biota-africa.org) Forschung in mehreren<br />
Ländern Afrikas betrieben. BIOTA Afrika ist in drei<br />
Regionalbereiche gegliedert: BIOTA Süd (Namibia,<br />
Südafrika), BIOTA West (Benin, Burkina Faso,<br />
Elfenbeinküste) und BIOTA Ost (Kenia, Uganda). In<br />
der Pilotphase bestand die Aufgabe darin, Forschungsstationen<br />
aufzubauen, Mitarbeiter auszubilden<br />
und die biologische Vielfalt zu inventarisieren.<br />
Anschließend wurde damit begonnen, die biologische<br />
Vielfalt und Ökosystemfunktionen in unterschiedlich<br />
stark genutzten Gebieten zu vergleichen<br />
sowie sozioökonomische Aspekte zu untersuchen. In<br />
der gerade gestarteten dritten Projektphase sollen<br />
nun Handlungs- und Managementempfehlungen für<br />
den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen<br />
Vielfalt erarbeitet werden.<br />
Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
sind u.a. im Projekt BIOTA Ost beteiligt. Im<br />
Fokus der Forschungen stehen dabei tropische Regenwälder<br />
in Ostafrika. Das Hauptuntersuchungsgebiet<br />
ist der Kakamega Forest nördlich des Viktoria-<br />
Sees in Kenia. Er liegt inmitten einer der am dichtesten<br />
vom Menschen besiedelten ländlichen Regionen<br />
Afrikas und gilt als der letzte Hochland-Regenwald in<br />
Kenia. Die unmittelbare Peripherie des Waldes wird<br />
intensiv agrarwirtschaftlich genutzt. Die häufigsten<br />
Anbaupflanzen sind Zuckerrohr, Mais und Tee; aber<br />
auch der Wald wird z.B. zur Gewinnung von Bau- und<br />
Brennholz, als Weidefläche oder zur Holzkohleherstellung<br />
genutzt. Große Teile des Waldes stehen unter<br />
Naturschutz. Allerdings gelingt es der kenianischen<br />
Naturschutzbehörde nur lückenhaft, die Gebiete zu<br />
kontrollieren und somit vor illegalem Holzeinschlag<br />
zu schützen. Als Folge liegen im Kakamega Forest<br />
sehr gut erhaltene Waldflächen direkt neben stark<br />
gestörten Bereichen. Dadurch wiederum eignet sich