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Heft 1 /2007

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GATWU - Forum, Nr. 1/<strong>2007</strong> Seite 27<br />

durchsetzen. Wo immer es die personelle Ausstattung der Schule zuließ, entstanden Einzelfächer<br />

mit epochaler Dauer wie Wirtschaftslehre, Hauswirtschafts- und Technikunterricht, stets<br />

bedrängt von den anderen Fächern, die sich durch das Stundendeputat der „Neuen“ eingeengt<br />

fühlten. Den berufsorientierenden Bereich versuchte Schneidewind durch einen Kanon von<br />

Aspekterkundungen in Gang zu bringen, den Vorbereitungen von Erkundungen und auch der<br />

Praktika fehlte jedoch die arbeitsplatz- und produktionsorientierte Vorbereitung, welche die<br />

„Grundzüge des Arbeitens in Produktion und Dienstleistung“ (1) hätten erfahrbar werden lassen.<br />

Die Revision des ersten Lehrplankonzeptes in Form einer curricularen Planungsstruktur<br />

über Problem- und Orientierungsfelder ergab dann 1972 einen ersten adressatenorientierten<br />

Ansatz. Eine lernprozessorientierte integrativ-ganzheitliche curriculare Struktur wurde nicht<br />

erreicht. Mit Blick auf das vorgelegte „Kerncurriculum“ ist zu befürchten, das auch der hier<br />

vorgelegte curriculare Ansatz ein Additum von Versatzstücken ohne curriculare Bindekraft<br />

bleibt, weil Bedingungs- und Implikationszusammenhänge sowie eine lernintegrative SelbstlernProzessanlage<br />

nicht deutlich werden.<br />

Eine Diskussion um Inhalte und Ziele und deren unterrichtliche Realisation über Methoden<br />

und Medien gewinnt Erkenntnisgestalt durch die Positionierung vom Adressaten Von dieser<br />

curricularen Ausgangssituation wird Lernen durch das Einlösen von Bedingungs- und Implikationszusammenhängen<br />

möglich. Diese curriculare Struktur muss sich zu einem handlungsimmanenten<br />

Lernprozess verdichten, zu einem Prozess, der sich als neurales Netzwerk aus<br />

Erfahrungsimpulsen ergibt. Der Deutsche Ausschuss sagt knapp, es geht darum, „die Grundzüge<br />

des Arbeitens in Produktion und Dienstleistung erfahrbar zu machen“ (s.o.). Viktor von<br />

Weizsäcker sieht ein solches Lernen als gesamtorganisch gegründete „Geschehenseinheit“ an<br />

(2). „Arbeit als ganzheitlicher Handlungsvollzug“ muss heute in einer weitgehend entdinglichten<br />

Welt zum didaktischen Leitbegriff werden. Der nachhaltige Lernprozess der Arbeitslehre<br />

gründet sich auf ein integratives Netzwerk gesamtorganischer Wahrnehmung, das unterrichtlich<br />

im tätigen Umgang mit polyvalenten Lerngegenständen ermöglicht wird.<br />

Prozessorientierung folgt dabei nicht allein dem „fließenden Arbeitsprozess“ mit „ganzheitlicher<br />

(inhaltlicher) Aufgabenstellung“, wie es neue Ansätze der Berufsbildung aufzeigen (3).<br />

Die heute unbestrittene Selbstorganisation muss sich als Erkenntnisprozess auf ganzheitlichgesamtorganisch<br />

wahrgenommenen Handlungsvollzug gründen. Handlung steuert die Aufmerksamkeit<br />

und damit die bewusste Wahrnehmung, das Denken. Seitens der Hirnforschung<br />

stellt Wolfgang Singer fest: „Es gibt offensichtlich keinen einzelnen Ort, wo alle Informationen<br />

zusammenlaufen, wo aus den verschiedenen Sinnessignalen schlüssige Bilder der Welt<br />

gefertigt werden, wo Entscheidungen fallen. Stattdessen sehen wir uns einem extrem dezentral<br />

organisierten System gegenüber, in dem an vielen Orten gleichzeitig visuelle, auditorische<br />

oder motorische Teilergebnisse erarbeitet werden“ (4).<br />

Der Selbstlernprozess als Handlungsvollzug macht in relativer Gleichzeitigkeit sozialemotionales,<br />

kognitives und sensomotorisches Erfahren möglich. Aus solchen ganzheitlich -<br />

polyvalenten, gesamtorganischen Erfahrungen erwachsen Transferfähigkeit und Nachhaltigkeit<br />

des Lernens.<br />

Die Arbeit am „Kerncurriculum“ wird ein Denken aufnehmen müssen, wobei Ansätze - Rolf<br />

Oberliesen „arbeitsorientierend“; Birgit Weber „fächerübergreifend“- erste Verweise für einen<br />

neuen didaktischen Planungsvorgang geben. Ohne ein feldhaftes prozessorientiertes Planungsdenken<br />

konkretisiert im ganzheitlichen integrativen Unterricht bleibt beispielsweise der<br />

berufsorientierende Aspekt („Kerncurriculum“: Teildomänenkompetenz Beruf) in einer Kunde<br />

stecken<br />

Die Polyvalenz einer Lehr-Lerneinheit (z.B. im Produktionsprojekt) formiert sich als Integrationsvorgang<br />

(Bedingungs- und Implikationszusammenhänge) von curricularer Ausgangsposition<br />

(Adressatenbezug), dem sich daraus ergebenen curricularen unterrichtlichen Auftrag,<br />

der in seiner Effizienz wiederum gebunden ist an die unterrichtliche Realisisation (Methoden,<br />

Medien, Arbeitsmitteln). Ein komplexer didaktischer Planungsvorgang, bei dem an Stelle li-

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