Heft 1 /2007
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GATWU - Forum, Nr. 1/<strong>2007</strong> Seite 31<br />
Eine Gruppe von Gutmeinenden legte jüngst das KekuBHTW vor. Das monströse Kürzel ist<br />
aber gar nicht so komisch wie es klingt. Dahinter verbirgt sich der Versuch, die Quadratur des<br />
Kreises doch noch zu lösen. Zutreffend ist die Erkenntnis, dass a l l e Jugendlichen am Ende<br />
der 10. Klasse einen Bildungsstand aufweisen müssten, der das Kompetenzsiegel trägt:<br />
„auf Erwerbsarbeit und Hausarbeit vorbereitet!“<br />
Das wird zunehmend schwieriger, denn Erwerbsarbeit wird knapper und Hausarbeit anspruchsvoller.<br />
Der intelligente und kenntnisreiche Ausgleich beider Arbeitssphären ist eine<br />
Aufgabe für Arbeitslehregeschulte. Vielleicht meinen die Schöpfer des neudeutschen Begriffs<br />
„Work-Life-Balance“ dasselbe.<br />
In dem KecuBHTW wird die Arbeitslehre pflichtgemäß an verschiedenen Stellen als eine Art<br />
Einheitsstifterin genannt, den Herrschaftsbereich (Domäne) bilden jedoch andere. Es sind die<br />
alten Partikularfächer, die jetzt „Teildomänen“ heißen. Solange derartige Gedankenspiele platonisch<br />
bleiben, ist es eigentlich egal woher all das kommt, was letztlich in den Kopf und das<br />
Handgeschick des Schülers soll. Schwierig wird es, wenn um 8.00 Uhr die Schüler durchs Tor<br />
kommen.<br />
Dann sind folgende Fragen unabweislich:<br />
• Wie viele Unterrichtsstunden stehen zur Verfügung? Gibt es für jede Teildomäne etwas<br />
oder nur eine - meistens schmale - Marge für den so genannten Lernbereich?<br />
• Gibt es den allkompetenten Lehrer oder nur Teidomänen-Spezialisten?<br />
• Wird Projektunterricht gewollt? Wenn ja (das KecuBHTW hält sich da vornehm zurück),<br />
sind die Teildomänen-Spezialisten zu einer (mühsamen) Teamarbeit bereit?<br />
Das KecuBHTW will das Gute, das längst Überfällige. Es kann aber nicht die Arbeitslehre<br />
uneingeschränkt bejahen. Da geht es ihm im Kleinen so wie den Nationalstaaten mit Europa.<br />
Gewiss, es gibt auch Erfreuliches im KecuBHTW: die Teildomänen haben sich Enthaltsamkeit<br />
auferlegt, die Großcurricula wurden zurückgenommen. Aufaddiert bleibt es aber bei einer<br />
Utopie. Utopien sind wichtig, sagen die einen, man muss etwas Visionäres vorstellen, die träge<br />
Wirklichkeit bewegt sich sonst gar nicht. Man geht leer aus, sagen die anderen, wer das<br />
Machbare fehl einschätzt, wird bestraft.<br />
Die Arbeitslehre ist machbar, das haben wir bewiesen. Allerdings sind wir ständig von Restriktionen<br />
bedroht. Und ein KecuBHTW mit Arbeitslehre hinter dem Schrägstrich könnte im<br />
schlimmsten Falle keinem nutzen.<br />
Anmerkung: Julia Schwegler: Zur politischen Kontroverse um die Arbeitslehre, Frankfurt/M.<br />
1974; Friedhelm Nyssen: Schule im Kapitalismus, Köln, 1970; Freerk Huisken: Zur Kritik<br />
bürgerlicher Didaktik und Bildungsökonomie, München 1972 und Projektgruppe Arbeitslehre<br />
Marburg: Schule, Produktion, Gewerkschaften, Ansätze für eine Arbeitslehre im Interesse der<br />
Lohnabhängigen, Reinbek/Hamburg, 1974<br />
Günter Reuel