Heft 1 /2007

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GATWU - Forum, Nr. 1/2007 Seite 44 Einen solchen „Modernen Qualifizierungsprozess für Lehrer“ können wir noch nicht überall erkennen, obschon er für die Zukunft der Schule wichtiger ist als die verbreitete Kompetenz- und Standardrhetorik. Für die Arbeitslehre ist die Lösung des Fachwissenschaftler-Problems überlebenswichtig. Das Schisma ist rund ein viertel Jahrhundert alt In den alten Pädagogischen Hochschulen waren die Lehrenden oft ehemalige Schulmänner/frauen, die zum Professor avanciert waren. Was sie vermittelten, hatte zwar eine gewisse Praxisnähe, aber nicht immer den wünschenswerten Durchblick. Seit Anfang der 1980er Jahre gingen die meisten PHs in den Universitäten auf und es kletterte eine neue Generation von Hochschullehrern auf die Katheder: Fachwissenschaftler, die es manchmal als Minderreputation empfinden, n u r Lehrer auszubilden. Selbst unter den „neuen“ Didaktikern gibt es welche ohne Schulerfahrung. Verallgemeinernd kann man aber sagen, dass ein Fachdidaktiker, etwa im Lehramtsstudiengang Mathematik oder Deutsch, einiges von der mathematischen Wissenschaft verstehen muss bzw. von Germanistik. Umgekehrt sind Fachwissenschaftler mitunter gänzlich unbeleckt von schulischen Fragestellungen, ja, sie kokettieren sogar mit einer Schulabstinenz, weil angeblich die reine Lehre vom Nützlichkeitsdenken nur korrumpiert werden kann. Wer in dem bisher Gesagten ein Plädoyer für die Rückkehr zur PH wittert, liegt falsch. Lehrerbildung kann gar nicht qualifiziert genug sein, sie gehört an die Universität aber sie darf nicht in einem dualen System verkommen. Das ungelöste Problem der Arbeitslehre Arbeitslehre unterscheidet sich von allen anderen Lehramtsstudiengängen durch die Tatsache, dass es keine Wissenschaft von der Arbeitslehre gibt, ergo gibt es keine Fachwissenschaftler Arbeitslehre. Anknüpfend an die Quellfächer der Arbeitslehre wurden Fachwissenschaftlerstellen mit einem Techniker, mit einem Wirtschaftswissenschaftler und mit einem Haushaltswissenschaftler besetzt. Die Hoffnung, dass diese ein Arbeitslehreteam bilden mögen, erfüllte sich nie. Erschwerend kommt hinzu, dass das Interesse für die Anwendung des Fachwissens im Raum Schule wenig ausgeprägt war. Die Folgen dieser Entwicklung sind aus der Sicht des gewollten Integrationsfaches deprimierend: Die Absolventen des Studienganges waren immer nur teilqualifiziert, solange sie eine der Fachwissenschaften zum Schwerpunkt wählen konnten. In einigen Bundesländern erodierte der Integrationsgedanke Arbeitslehre immer stärker, was zur Namensänderung führte. Die einzelnen Fachwissenschaften entwickelten rückwärtsgewandt wieder separatistische Tendenzen. Wie könnte eine Lösung dieses Problems aussehen? Die optimistische Antwort lautet: Wenn man Glück hat, wird die Fachwissenschaftlerstelle mit einem Breitenhuber besetzt, der zudem noch Interesse an Schule zeigt. So etwas gibt es, allerdings muss man u. U. lange warten. Die etwas saloppe Einteilung in Breitenhuber und Tiefenhuber besagt ja nicht anderes, als dass einige „Fachleute“ breit und grenzüberschreitend interessiert sind, andere von immer weniger immer mehr wissen wollen. Letztere sind für die Arbeitslehre, wie man sich denken kann, völlig ungeeignet. Eine gar nicht so utopische Möglichkeit besteht darin, eine Arbeitslehre-Wissenschaft zu generieren. Würde diese akademische Weihen erhalten, ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass Nachwuchs für Fachwissenschaftlerstellen aus einer genuinen Arbeitslehretradition heran reift. Das Schulfach Arbeitslehre muss mindestens ein Dutzend Disziplinen beachten. Um nur einige zu nennen: Allgemeine Technologie, Ökonomie, Ökologie, Architektur, Industriedesign, Arbeitswissenschaft, Lebensmittelwissenschaft, Informatik, Berufssoziologie usw.
GATWU - Forum, Nr. 1/2007 Seite 45 Wenn ein Student bei diesen „Fachwissenschaften“ hospitieren müsste, wäre sein Studium 30 Semester lang und die Konfusion wäre komplett. Deshalb ist es eine honorige wissenschaftliche Leistung, aus allen diesen Disziplinen jene Wissensbestände heraus zu lösen, die für ein Arbeitsleben heute erhebliche Relevanz haben. Wegen der Dynamik des Arbeitslebens ist diese eklektische Spürarbeit eine permanente Aufgabe. Wenn eine wissenschaftliche Tätigkeit immer die beiden Dimensionen Forschung und Lehre haben sollte, ist der Forschungsrahmen mit dem begründeten Kompilieren von lebensbedeutsamen Wissensbeständen für ein zeitgemäßes Schulfach abgesteckt. Wenn jetzt einer zu bedenken gibt, dies sei nicht Fachwissenschaft, sondern Didaktik, hat er nicht ganz Unrecht. Auf alle Fälle ist es eine durch und durch didaktifizierte Fachwissenschaft. Für eine Fachdidaktik bleibt immer noch genug zu tun: Angeleitete Unterrichtsversuche vom Beginn des Studiums an, die Betreuung von Schulpartnerschaften. Wirksamkeitsforschung, was handwerklich praktische Tätigkeit der Schüler angeht, ist längst überfällig. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einem riesigen Potenzial unausgeschöpfter Hirnstimulation zu tun. Ein Integrationsfach Arbeitslehre in der Schule kränkelt solange wie es keine akademischen Lehrer dafür gibt. Der Teufelskreis besteht darin, dass wir keine ausbilden, weil es keine Ausbilder gibt. Neue Mitglieder u.a. Die GATWU konnte an neuen Mitgliedern begrüßen: • Herrn Dr. Helmut Meschenmoser (Berlin) • Frau Mitja Bleil (Berlin) • Herrn Dr. Rüdiger Schnause (Kassel) • Frau Dr. Bettina Siecke (Gießen) • Herrn Clemens Stromeyer (Berlin) Sieben Personen erklärten ihren Austritt: Herr Patrunke (Berlin), Frau Funck (Bremen), Frau Rabens (Bremen), Herr Voigt (Berlin), Herr Kochan (Berlin) Herr Zoschke (Leer) und Herr Rapp (Landau). Die Anzahl der GATWU-Mitglieder zum 1.6.2007: 270. Neue Adresse? Neue Bankverbindung? Neue E-Mail-Anschrift? Damit Sie alle Informationen von der GATWU möglichst reibungslos erhalten, teilen Sie uns bitte neue Adressen etc. mit. Sollten Sie mittlerweile über eine E-Mail-Adresse verfügen, mailen Sie mir diese bitte ebenfalls zu. Wer Mitteilungen, Anfragen und Anregungen für die GATWU hat, richte diese ebenfalls an die GATWU-Geschäftsführung, c/o Reinhold Hoge, Innstr. 45, 12045 Berlin oder „rhoge@gmx.de“.
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