Heft 1 /2007
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GATWU - Forum, Nr. 1/<strong>2007</strong> Seite 37<br />
gewesen; dann haben im Zweifel das unternehmensinterne Anreiz- und Kontrollsystem und<br />
die Dynamik des Marktes für das entsprechende Verhalten gesorgt.<br />
Ein letzter Punkt: Es ist durchaus berechtigt, aus diesen Überlegungen einiges Verständnis<br />
herauszulesen für die Schwierigkeiten einzelner, als Akteure in Großunternehmen jenen Geboten<br />
von Anstand und Moral zu folgen, deren Verbindlichkeit sie als Menschen bejahen mögen.<br />
Man mag sich in der Tat durchaus fragen, ob die Hoffnung, die auch von Managern in<br />
Selbstverpflichtungen gesetzt wird, nicht oft ihren Grund in der mehr oder weniger bewussten<br />
Sehnsucht hat, auch als „Organisation men“ in ihrem Unternehmen jene sein zu können, die<br />
sie als moralisch empfindende Menschen sind.<br />
Heinz Dedering:<br />
Arbeitslehre in Hessen - Fehlentwicklung und Erneuerungsbedarf<br />
Bereits vor 20 Jahren sind wir mit der Frage konfrontiert worden, ob sich die hessische Arbeitslehre<br />
auf dem Rückmarsch befindet. Was sich damals bereits abzeichnete, aber noch<br />
nicht abschließend bewertet werden konnte, ist inzwischen traurige Gewissheit: Das Schulfach<br />
Arbeitslehre in der Sekundarstufe I in Hessen sowie das zugehörige Studienfach unterliegen<br />
einer fundamentalen Erosion. Zwar hat es in der hessischen Arbeitslehre in den vergangenen<br />
Jahren auch Neuerungen gegeben; hierauf gehe ich noch ein. Diese sind aber auf<br />
einzelne Aspekte und Schulen beschränkt. Von einer generellen Weiterentwicklung der hessischen<br />
Arbeitslehre kann keine Rede sein. Ganz im Gegenteil: Es gibt zwei strukturelle Fehlentwicklungen,<br />
durch die die Arbeitslehre zu einem Problemfach geworden ist und an Bedeutung<br />
verloren hat.<br />
Die eine Fehlentwicklung besteht darin, dass die gemeinsame Stundentafel und der Rahmenplan<br />
für Arbeitslehre durch schulformbezogene Stundentafeln und Lehrpläne ersetzt worden<br />
sind. Um dies beurteilen zu können, müssen wir uns zunächst einmal die Entwicklung der Arbeitslehre<br />
in Hessen vergegenwärtigen.<br />
Arbeitslehre wird in Hessen seit 1972 unterrichtet. Ursprünglich hieß das Fach Polytechnik/Arbeitslehre.<br />
Mit dieser Bezeichnung sollte das polytechnische Selbstverständnis der Arbeitslehre<br />
betont werden, also die Orientierung des Faches an einem weiten, mehrstelligen<br />
Technikbegriff sowie die Herstellung von Theorie-Praxis-Bezügen im Lernprozess und die<br />
Verbindung von Unterricht und Arbeitswelt. Polytechnik/Arbeitslehre galt als das zentrale<br />
Reformfach der Sekundarstufe I. Es sollte maßgeblich zur Durchsetzung der Gesamtschule<br />
beitragen. Deshalb war das Fach zunächst auf die Gesamtschule beschränkt; doch 1976 wurde<br />
es mit der gemeinsamen Stundentafel im 5. und 6. Schuljahr in den Pflichtunterricht und vom<br />
7. Schuljahr an in den Wahlpflichtunterricht aller Schulformen der Sekundarstufe I aufgenommen.<br />
Damit war Polytechnik/Arbeitslehre viel weiter angelegt als die Arbeitslehre in den<br />
anderen Bundesländern, wo das Lernfeld zunächst auf die 7. bis 9.bzw. 10. Jahrgangsstufe der<br />
Hauptschule beschränkt war. Diese Beschränkung ist der Arbeitslehre vom Deutschen Ausschuss<br />
für das Erziehungs- und Bildungswesen in die Wiege gelegt worden. Der Deutsche<br />
Ausschuss hat die Arbeitslehre ja als Einstieg in den beruflichen Bildungsgang konzipiert.<br />
Und da es im Wesentlichen Hauptschüler waren, die nach Verlassen der allgemeinbildenden<br />
Schule in einen Beruf eintraten, erschien dem Deutschen Ausschuss eine vorberufliche Bildung<br />
in Form der Arbeitslehre auch nur in den letzten Klassen der Hauptschule notwendig.<br />
Also: Dem Vorschlag des Deutschen Ausschusses, die Arbeitslehre auf die Hauptschuloberstufe<br />
zu beschränken, ist Hessen nicht gefolgt. Vielmehr ist das Fach hier in allen Schulen der<br />
Mittelstufe verankert worden, und damit stand es deutlich besser da als die Arbeitslehren der