10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg
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6 W. Corneließen, 1988, Gleichstellungsvorstellungen<br />
in Gleichstellungskonzepten<br />
7 C. Gilligan, 1984, Die andere Stimme<br />
Diese Position löst die größten politischen Aufregungen aus und ist ausgesprochen<br />
schwer durchsetzbar, wenn es um knappe Ressourcen geht.<br />
Leichter vermitteln lässt sich der mit dieser Position verbundene Blick in<br />
alle Lebensbereiche und gesellschaftliche Strukturen hinein. In seiner<br />
institutionalisierten Form heißt diese Perspektive „Querschnittsaufgabe“<br />
Chancengleichheit oder Gleichstellung.<br />
Gleichstellung?<br />
Den pragmatischen Schwerpunkt auf das Ergebnis legt das Konzept der<br />
Gleichstellungspolitik. Es sollen in keinem Lebensbereich („Querschnittsaufgabe“)<br />
ungleiche Positionen aufgrund des Geschlechtes möglich sein.<br />
Vorrangig verfolgt werden die Vorstellungen von kompensatorischen<br />
Maßnahmen und positiver Diskriminierung 6 . Als ihre effektivsten Maßnahmen<br />
werden die Quote und die Frauenförderung betrachtet und<br />
auch von höchsten Gerichten anerkannt. Männer sollen sich außerdem<br />
in den Bereichen beteiligen, in denen Frauen bisher dominiert haben.<br />
Dieses Politikkonzept stößt vereinzelt auf fruchtbaren Boden, wie sich<br />
an der Bildung von Männergruppen erkennen lässt, die sich dem Thema<br />
Gewalt bei Männern bzw. den sozialen Problemen und auch Diskriminierungen<br />
stellen, denen Männer ausgesetzt sind, wenn sie familiäre Verpflichtungen<br />
übernehmen.<br />
Gleichstellung bei gleicher Durchsetzung<br />
weiblicher Werte?<br />
Davon unterscheidet sich die Vorstellung der Gleichstellung als gleiche<br />
Partizipation der Geschlechter an allen Lebensbereichen bei gleicher<br />
Durchsetzung der als weiblich bezeichneten Werte. Da Politik und Gesellschaft<br />
überwiegend männlich definiert seien, reiche eine gleiche<br />
Beteiligung der Geschlechter für einen Wandel zugunsten der Frauen<br />
nicht aus. Es existiere eine „weibliche Moral“ 7 , die sich von der Moral<br />
der Männer unterscheide. Sie solle auch von Männern erlernt werden,<br />
damit die Gesellschaft ihre männliche Prägung verliere. Damit verbunden<br />
ist die (rechtlich längst abgesicherte) Forderung, dass Männer und<br />
Frauen nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben die gleichen<br />
Anteile der Arbeit übernehmen. Wenn auch die Idee einer „weiblichen<br />
Moral“ in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung berechtigt kritisiert<br />
wird, so reflektiert dieses Konzept doch die im Alltag häufig wiederzufindenden<br />
unterschiedlichen Lebensformen von Frauen und Männern<br />
und setzt sich überzeugend für ein Ende der Abwertung von weiblichen<br />
Werten ein bzw. für ein Ende der maskenhaften Übernahme von Geschlechtsidentitäten.<br />
Empirisch allerdings mangelt es diesem Konzept an<br />
der nötigen Resonanz bei Männern.<br />
Empowerment – oder Stärkung der<br />
Eigenständigkeit von Frauen?<br />
Auf die Entfaltung weiblicher Werte setzt auch das Konzept des Empowerment<br />
– oder der Stärkung der Eigenständigkeit von Frauen (autonome<br />
Praxis). Der Schwerpunkt wird hier auf den Aufbau frauenspezifischer<br />
Gegenstrukturen gelegt. In Beziehungsnetzen, in denen nur Frauen<br />
arbeiten und leben, soll ihnen Raum zur Entfaltung ihrer eigenen, geschlechtsspezifischen<br />
Vorstellungen vom Leben und Arbeiten gegeben<br />
werden. Die Abgrenzung und Autonomie von männlich geprägten<br />
Organisationen wird als Voraussetzung für die Entfaltung einer weiblichen<br />
Gegenkultur angesehen. Im Zentrum steht die positive Wertschätzung<br />
des Weiblichen. Es soll Entwicklungschancen bekommen, die nicht<br />
Teil I: Zäsur<br />
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