08.02.2013 Aufrufe

10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg

10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg

10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20 Urteil des Europäischen Gerichtshofes<br />

vom 11.11.97 (C-409/95 EuGH): Ein<br />

Gesetz mit Öffnungsklausel, nach der<br />

die Bewerbungen von Männern einer<br />

objektiven Beurteilung unterzogen werden<br />

könnten, sei gemeinschaftsrechtskonform.<br />

Die Beurteilung des Falles<br />

„Kalanke“ im Oktober 1995 dürfe nicht<br />

zu einer Diskriminierung von Frauen<br />

führen. Denn, so die Urteilsbegründung,<br />

in der sozialen Wirklichkeit zeige sich,<br />

dass die Tendenz bestehe, Männer gegenüber<br />

Frauen gleicher Qualifikation<br />

aufgrund von Vorurteilen und stereotypen<br />

Vorstellungen über die Rolle und<br />

die Fähigkeiten der Frau im Erwerbsleben<br />

zu bevorzugen. Befürchtungen,<br />

dass Frauen ihre Laufbahn häufiger<br />

unterbrächen, dass sie ihre Arbeitszeit<br />

aufgrund häuslicher und familiärer Aufgaben<br />

weniger flexibel gestalteten oder<br />

dass sie durch Schwangerschaften,<br />

Geburten und Stillzeiten häufiger ausfielen,<br />

führten zu Diskriminierungen<br />

ihnen gegenüber. Aus diesen Gründen<br />

bedeute allein die Tatsache, dass zwei<br />

Bewerber unterschiedlichen Geschlechts<br />

gleich qualifiziert seien, nicht, dass sie<br />

gleiche Chancen hätten. D.h. die Bevorzugung<br />

von Frauen im öffentlichen<br />

Dienst ist rechtens (und als kompensatorische<br />

Leistung gerechtfertigt), wenn<br />

Männer damit nicht automatisch diskriminiert<br />

werden.<br />

Überlastung von Frauen mit unbezahlten Arbeiten und Verpflichtungen<br />

wie versorgende Hausarbeit und Fürsorge für Familie und Freunde,<br />

vor allem für Kinder und alte Menschen – hier gibt es nach wie vor<br />

keine ausgewogene Balance zwischen Männern und Frauen.<br />

Unzureichender Zugang von Frauen zu allen Positionen der Erwerbsarbeit:<br />

in schlechter bezahlten Tätigkeiten ist ihr Anteil besonders<br />

hoch, in gut und sehr gut bezahlten Bereichen besonders niedrig.<br />

Umfassende Probleme wirtschafts- und strukturpolitischer Art bei der<br />

Vereinbarkeit beruflicher Arbeit mit Erziehungs- und Pflegeverpflichtungen.<br />

Komplexe Probleme durch die Existenz geschlechtsspezifischer Gewalt.<br />

Unangemessene Ausbalancierung von Wertmaßstäben zwischen Frauen<br />

und Männern. Dazu gehört das Festhalten an überholten bzw.<br />

diskriminierenden Geschlechterklischees im Sprachgebrauch und im<br />

Alltagshandeln und die überwiegende Orientierung an männlichen<br />

Vorstellungen und Normen.<br />

Eingeschränkte öffentliche Verantwortungsübernahme für die Lösung<br />

der typischen Gleichstellungsprobleme: Die Bewältigungslasten, die<br />

für Frauen durch die Ungleichgewichte zwischen den Geschlechtern<br />

entstanden sind, werden gerne zum Privatproblem erklärt.<br />

Eingeführt wurden die Verfahren „Zielvereinbarungen“ und „Controlling“.<br />

Damit ist ein Instrument vorgeschlagen und verabschiedet worden,<br />

dass nicht nur eine regelmäßige Erfolgskontrolle der geleisteten Arbeit<br />

ermöglichen konnte. Es wurde auch ein Weg gefunden, um mit allen Personalverantwortlichen<br />

in der <strong>Stadt</strong> <strong>Heidelberg</strong> im regelmäßigen Gespräch<br />

über Schritt für Schritt umsetzbare Maßnahmen für mehr Gleichstellung<br />

zu bleiben. Als entscheidend betrachten wir, dass die Konstruktion der<br />

Zielvereinbarungen nicht allein die Möglichkeit schaffte, den Gleichstellungsprozess<br />

durch problemorientierte Beratungsarbeit gezielt zu fördern,<br />

sie erlaubte gleichzeitig, einer Blickverengung auf eine Maßnahme<br />

(z.B. die Frauenquote bei Stellenbesetzungen) zu entgehen. Die Zielvereinbarungen<br />

bezogen sich auf die ganze Bandbreite der möglichen Maßnahmen<br />

zur Personal- und Organisationsentwicklung.<br />

Vorgeschlagen und vereinbart wurde die ständige und differenzierte<br />

Datenerhebung entlang der typischen Gleichstellungsprobleme von Frauen,<br />

um den Entwicklungsverlauf für alle Personalverantwortlichen und<br />

die Kontrollinstanzen Oberbürgermeisterin, Gesamtpersonalrat (gemäß<br />

§ 67 LPVG) und Amt für Frauenfragen transparent machen zu können.<br />

Zusätzlich verankert wurde das Recht des Gemeinderats auf diese Information.<br />

Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass dieses politische<br />

Gremium die Besetzung der Führungspositionen mitbestimmt und<br />

mitverantwortet.<br />

Die <strong>Heidelberg</strong>er Dienstvereinbarung zur Gleichstellung hält Bundes- und<br />

EU-Recht stand. Dies wurde nicht zuletzt deutlich durch die Zurückweisung<br />

von zwei Dienstaufsichtsbeschwerden durch das Regierungspräsidium<br />

Karlsruhe und der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes 20 .<br />

Der zweite Umsetzungsbericht zur Dienstvereinbarung „Gleichstellung“<br />

hat gezeigt, dass die von uns vorgeschlagenen Verfahren sowie unsere<br />

konkreten Impulse zur Umsetzungsbegleitung dazu beitragen konnten,<br />

den Gleichstellungsauftrag wirkungsvoll in den Verwaltungsalltag der<br />

Personal- und Organisationsentwicklung zu übersetzen. Er hat aber auch<br />

gezeigt, dass die Umsetzung noch deutlich verbessert und forciert werden<br />

muss, soll das vereinbarte Ziel erreicht werden.<br />

Teil II: verwaltungsintern<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!