10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg
10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg
10 Jahre Gleichstellungsamt (PDF-Datei, 1,5 MB - Stadt Heidelberg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1 A. Etzioni, 1975, Die aktive Gesellschaft<br />
2 F. Fehér, A. Heller, 1979, Formen der Gleichheit<br />
Noch einmal ganz von vorn: Worum geht es eigentlich?<br />
Eine Frage, die uns auch heute noch immer gerne gestellt wird. Was<br />
der Name „Amt für Frauenfragen“ nämlich nicht unbedingt nahe legt:<br />
Es geht hier um das Geschlechterverhältnis, um ein besseres natürlich.<br />
Genau gesagt – so entspricht es der Formulierung des Grundgesetzes –<br />
um die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen<br />
und Männern. Was genau ist damit gemeint? Zur Einführung ein kursorischer<br />
Überblick über seit dem Beginn der „neuen“ Frauenbewegung<br />
häufig diskutierte Ansätze.<br />
Absolute Gleichheit?<br />
Geht es um die absolute Gleichheit zwischen Frauen und Männern? Für<br />
diese bestechend einfache Formulierung des politischen Ziels gibt es<br />
eine quantitative Beschreibung: Gleichheit besteht, wenn jede Zufallsstichprobe<br />
aus der Mitgliedschaft einer Gesellschaft denselben Anteil<br />
an den Ressourcen erhält wie jede andere Zufallsstichprobe der selben<br />
Größe aus derselben Mitgliedschaft 1 . Dies klingt nicht von dieser Welt<br />
und wäre allenfalls als langfristige Zielsetzung brauchbar. Erschwerend<br />
hinzu kommt die schnell assoziierte Idee der politischen Sackgasse<br />
„Gleichmacherei“. Nicht mit uns! Weder gibt es Frauen und Männer<br />
„von der Stange“, noch wollen wir in diese Richtung gehen.<br />
Gleiche Voraussetzungen?<br />
Geht es um gleiche Voraussetzungen im Kampf um die Ressourcenverteilung,<br />
unabhängig davon, was dabei am Ende rauskommt? Es scheint<br />
pragmatischer, nur den Ausgangspunkt und nicht das Ergebnis des<br />
Gleichstellungsauftrages ins Auge zu fassen. Aber auch dies führt uns<br />
in zahlreiche Sackgassen: Gleiche Voraussetzungen kann es nur geben,<br />
wenn gleiche Bedingungen für alle bestünden 2 . Wo aber sind die angesichts<br />
der zahllosen materiellen, soziokulturellen und anderen Unterschiede?<br />
Es wird zwar immer wieder behauptet, alle hätten bei uns die<br />
gleichen Startbedingungen, und wer es trotzdem nicht schaffe, sei<br />
selbst daran Schuld – doch verschleiert diese Auffassung eine realitätstaugliche<br />
Wahrnehmung der tatsächlichen Lebensbedingungen. Dazu<br />
ein Beispiel: Gute Noten gelten formal als ganz entscheidende Voraussetzungen<br />
für den Erwerb eines qualifizierten Arbeitsplatzes. Mädchen<br />
erfüllen diese Bedingungen heute nicht nur in gleicher Weise wie Jungen,<br />
sie absolvieren die Schulen im Durchschnitt immer wieder mit besseren<br />
Schulnoten als diese. Daraus folgt aber noch lange nicht, dass sie weniger<br />
Schwierigkeiten hätten, qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze<br />
zu bekommen. Dies gilt insbesondere in Bereichen, die traditionell als<br />
männliche Berufsbereiche gelten.<br />
Die Idee, gleiche Voraussetzungen zu schaffen, muss deswegen natürlich<br />
nicht verworfen werden. Im Gegenteil sie liefert den brauchbaren<br />
Ansatz, Anstrengungen für kompensatorische Maßnahmen und positive<br />
Diskriminierungen im Sinne möglichst gleichen Startbedingungen zu<br />
unternehmen.<br />
Gleichbehandlung von Anderssein?<br />
Fassen wir zur Klärung des Auftrages weder Voraussetzungen noch das<br />
Ergebnis von Gleichstellung, sondern den Prozess der gesellschaftlichen<br />
Ressourcenverteilung ins Auge, so findet sich die Idee der Gleichbehandlung<br />
oder genauer der Gleichbehandlung von Anderssein. Sie geht davon<br />
aus, dass sich Gleichstellung erreichen lässt, wenn – trotz ungleicher<br />
9<br />
Teil I: Zäsur