In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Das <strong>Licht</strong> Christi scheint auf alle.“ Das Motto für<br />
die <strong>Dritte</strong> <strong>Europäische</strong> Ökumenische Versammlung<br />
lässt sich einreihen in den Klang der Verheißungen<br />
aus der Bibel, die von der umfassenden Zuwendung<br />
Gottes an diese Welt handeln: „Gehet hin in<br />
alle Welt, predigt <strong>das</strong> Evangelium!“ „Ich gieße<br />
meinen Geist über alles Fleisch.“ Diese Zusagen<br />
stärken den Kirchen in Europa den Rücken, um die<br />
Nöte und Sorgen, die Beschwernisse und ökumenischen<br />
Stolpersteine auszuhalten und zu überwinden.<br />
Der Weg des Volkes Israel durch die Wüste in<br />
die Freiheit hilft beschreiben und verstehen, was<br />
den Weg der Kirchen heute miteinander und aufeinander<br />
zu mitunter etwas mühsam erscheinen<br />
lässt. Doch der Exodus lehrt auch, <strong>das</strong>s er an <strong>das</strong><br />
Ziel führt. Die Verheißung steht, so ist es deutlich<br />
zu hören. Der Blick nach vorne, nicht der nach hinten,<br />
bietet sich an – mit dem Ziel vor Augen lässt<br />
sich wandern. Gott führt eben auch auf Umwegen<br />
weiter. Es scheint, als wolle er neue Wege gehen,<br />
die ausgetretenen Pfade verlassen. Der Landessuperintendent<br />
in Göttingen, Dr. Burghard Krause,<br />
predigt ermutigend gegen die Resignation der Erschöpften.<br />
Predigt zu Numeri/4. Mose, 11, 1a, 4b – 6,<br />
10 – 17, 24 – 25b<br />
Und <strong>das</strong> Volk klagte vor den Ohren des HERRN,<br />
<strong>das</strong>s es ihm schlecht gehe. Da fingen auch die Israeliten<br />
wieder an zu weinen und sprachen: Wer<br />
<strong>wir</strong>d uns Fleisch zu essen geben? Wir denken an<br />
die Fische, die <strong>wir</strong> in Ägypten umsonst aßen, und<br />
an die Kürbisse, die Melonen, den Lauch, die Zwie-<br />
beln und den Knoblauch. Nun aber ist unsere Seele<br />
matt, denn unsere Augen <strong>sehen</strong> nichts als <strong>das</strong><br />
Manna. Als nun Mose <strong>das</strong> Volk weinen hörte, alle<br />
Geschlechter miteinander, einen jeden in der Tür<br />
seines Zeltes, da entbrannte der Zorn des HERRN<br />
sehr. Und auch Mose verdross es. Und Mose<br />
sprach zu dem HERRN: Warum bekümmerst du<br />
deinen Knecht? Und warum finde ich keine Gnade<br />
vor deinen Augen, <strong>das</strong>s du die Last dieses ganzen<br />
Volks auf mich legst? Hab ich denn all <strong>das</strong> Volk<br />
empfangen oder geboren, <strong>das</strong>s du zu mir sagen<br />
könntest: Trag es in deinen Armen, wie eine Amme<br />
ein Kind trägt, in <strong>das</strong> Land, <strong>das</strong> du ihren Vätern zugeschworen<br />
hast? Woher soll ich Fleisch nehmen,<br />
um es all diesem Volk zu geben? Sie weinen vor<br />
mir und sprechen: Gib uns Fleisch zu essen. Ich vermag<br />
all <strong>das</strong> Volk nicht allein zu tragen, denn es ist<br />
mir zu schwer. Willst du aber doch so mit mir tun,<br />
so töte mich lieber, wenn anders ich Gnade vor<br />
deinen Augen gefunden habe, damit ich nicht mein<br />
Unglück <strong>sehen</strong> muss. Und der HERR sprach zu<br />
Mose: Sammle mir siebzig Männer unter den Ältesten<br />
Israels, von denen du weißt, <strong>das</strong>s sie Älteste im<br />
Volk und seine Amtleute sind, und bringe sie vor<br />
die Stiftshütte und stelle sie dort vor dich, so will<br />
ich hernieder kommen und dort mit dir reden und<br />
von <strong>deinem</strong> Geist, der auf dir ist, nehmen und auf<br />
sie legen, damit sie mit dir die Last des Volks tragen<br />
und du nicht allein tragen musst. Und Mose<br />
ging heraus und sagte dem Volk die Worte des<br />
HERRN und versammelte siebzig Männer aus den<br />
Ältesten des Volks und stellte sie rings um die<br />
Stiftshütte. Da kam der HERR hernieder in der Wolke<br />
und redete mit ihm und nahm von dem Geist,<br />
der auf ihm war, und legte ihn auf die siebzig Ältesten.<br />
PREDIGT ZU NUMERI, 4. MOSE, 11 PREDIGTEN<br />
Liebe Gemeinde,<br />
<strong>das</strong> ist nun <strong>wir</strong>klich eine sonderbare Pfingstgeschichte.<br />
Sie beginnt nicht mit dem Brausen des<br />
Heiligen Geistes, sondern mit dem Aufbrausen von<br />
Menschen. Ein handfester Ärger steht ins Haus.<br />
Das Volk Israel ist stinksauer. Und Mose hat auch<br />
die Nase voll. Zu lange dauert die Wüstenwanderung<br />
nun schon. Und immer noch kein gelobtes<br />
Land in Sicht. Das Volk Israel jammert und sehnt<br />
sich zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens. Der<br />
monotone Manna-Speiseplan Tag für Tag weckt<br />
kulinarische Gelüste. Und so liegen die Israeliten<br />
Mose in den Ohren wie Kinder ihrer genervten<br />
Mutter. Sie nörgeln von morgens bis abends. Die<br />
Frustrationstoleranz des wandernden Gottesvolkes<br />
ist äußerst gering. Ja, man hat den Eindruck, als ob<br />
sich hier ein ganzes Volk ins Kleinkindstadium zurückfallen<br />
lässt. Es will gestillt, will auf den Schoss<br />
genommen werden wie der Säugling von der<br />
Amme. Papa Mose soll gefälligst besser für die Seinen<br />
sorgen, wenn er möchte, <strong>das</strong>s sie aufhören zu<br />
quengeln. Es sieht ganz danach aus, als wollten<br />
die Kinder Israels nicht erwachsen werden!<br />
Wir kennen <strong>das</strong>: Unsere ganze Konsumgesellschaft<br />
lebt von solchen regressiven Wünschen. Bloß<br />
nichts durchkämpfen, nur nichts aushalten müssen!<br />
Hauptsache, der Hunger nach Bedürfnisbefriedigung<br />
<strong>wir</strong>d sofort gestillt – und man muss<br />
nicht erwachsen werden. Drogenberater sagen<br />
uns: Der Einstieg in eine Drogenkarriere droht besonders<br />
Menschen, die nicht gelernt haben, etwas<br />
zu erleiden und auf etwas zu verzichten.<br />
Und Mose? Dem kraftvollen Begleiter seines Volkes<br />
gehen die Kräfte aus. Mose sitzt zwischen allen<br />
Stühlen. Auf der einen Seite <strong>das</strong> nörgelnde Volk –<br />
auf der anderen Gott mit einem Auftrag, der Mose<br />
zu schwer <strong>wir</strong>d. Er sieht sich überfordert mit der<br />
Last des Wüstenweges, mit dieser riesigen Verantwortung<br />
für ein Volk, <strong>das</strong> ständig nur mault. Mose<br />
hat einfach keine Lust und Kraft mehr, dauernd <strong>das</strong><br />
Kindermädchen für Israel spielen zu müssen.<br />
Es überrascht mich, <strong>das</strong>s Mose nicht einfach weiterfunktioniert<br />
bis zum Umfallen wie andere gestresste<br />
Führungskräfte. Und es ist schon erstaunlich, mit<br />
welcher Kühnheit sich dieser Mann seinem Gott zumutet,<br />
ohne Beschönigung, ohne Verdrängung. Er<br />
<strong>wir</strong>ft Gott seine Last vor die Füße. Mit angriffigen<br />
Worten schiebt er die Verantwortung für <strong>das</strong> Volk<br />
seinem Gott wieder zu: „Schließlich bin ich doch<br />
nicht seine Mutter, die es geboren hat!“<br />
Gottes pfingstlicher Geist, liebe Gemeinde, gibt<br />
uns die Freiheit, uns Gott in aller Ehrlichkeit zuzumuten.<br />
Er befreit zum Reden in allen Sprachen –<br />
auch in der Sprache der Klage und Anklage. Mose<br />
spürt: So kann es nicht weitergehen. So sitzt er<br />
zwischen allen Stühlen und <strong>wir</strong>d dabei völlig aufgerieben.<br />
Zwischen allen Stühlen, zerrissen zwischen verschiedenen<br />
Ansprüchen – die Erfahrung ist uns<br />
auch vertraut. Ich denke an Frauen zwischen Beruf<br />
und Familie: zu Hause soll alles funktionieren, Zeit<br />
für die Kinder muss bleiben, der Mann wünscht<br />
sich eine attraktive Ehefrau, und der Beruf greift<br />
mit Polypenarmen nach den letzten Freiräumen.<br />
Zwischen allen Stühlen – ich denke an die Pflegekräfte<br />
in Krankenhäusern, Altersheimen, Diakonie-<br />
23