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In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...

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36<br />

BIBELARBEITEN<br />

– MEDITATIONEN<br />

Bibelarbeit zu Galater 5<br />

Kirche der Freiheit – so lautet der Titel des Impulspapiers<br />

des Rates der Evangelischen Kirche in<br />

Deutschland, <strong>das</strong> „Perspektiven für die Evangelische<br />

Kirche im 21. Jahrhundert“ aufzeigt. Der reformatorische<br />

Impuls, den dieser Titel anklingen<br />

lässt und den Bischof Dr. Wolfgang Huber in seinem<br />

Eröffnungsreferat zum Zukunftskongress der<br />

EKD in Wittenberg entfaltet hat, könnte auch ein<br />

Impuls für die Christenheit in Europa für ihren<br />

– hoffentlich gemeinsamen – Weg in die Zukunft<br />

sein. Denn <strong>das</strong> Stichwort Freiheit kann ja neutestamentlich<br />

ge<strong>sehen</strong> nicht ein konfessionsspezifisches<br />

Identitätsmerkmal sein, sondern ist eine Herausforderung<br />

und eine Verheißung für die christliche Kirche<br />

als ganze.<br />

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! – Das<br />

schreibt Paulus an die Gemeinden in Galatien (Galater<br />

5,1). Es klingt wie ein Fanal im Ringen des<br />

Apostels mit seinen Gemeinden um <strong>das</strong> rechte Verständnis<br />

des Evangeliums: Ziel des Wirkens Christi<br />

ist Freiheit für die, die sich ihm anvertrauen. Damit<br />

gibt Paulus noch einmal eine profilierte Erklärung<br />

für <strong>das</strong>, was in der Rechtfertigung aus Glauben<br />

geschieht, von der er in den vorhergegangenen Kapiteln<br />

so intensiv geredet hat: Rechtfertigung ist<br />

Freiheit zum Leben. Freigesprochen von dem drohenden<br />

Schuldspruch über die Verfehltheit unseres<br />

Lebens, freigelassen aus der Tretmühle aller untauglicher<br />

Versuche, unser Leben selbst zu rechtfertigen,<br />

befreit von der Sorge um uns selbst und<br />

dem bitteren Hader über <strong>das</strong>, was in unserem Leben<br />

schief gelaufen ist, sind <strong>wir</strong> frei, <strong>wir</strong>klich zu leben!<br />

GEIST DER FREIHEIT – ÖKUMENE DER ZUKUNFT<br />

Trotz allen Missbrauchs, der mit dem Wort Freiheit<br />

getrieben worden ist und noch <strong>wir</strong>d – <strong>das</strong> Wort<br />

Freiheit ist kein schmutziges Wort geworden, es<br />

bleibt ein Hoffnungsträger für Menschen, die <strong>das</strong><br />

wahre Leben suchen, und offensichtlich ist gerade<br />

Paulus der Meinung, <strong>das</strong>s Kirche Jesu Christi Kirche<br />

der Freiheit sein und bleiben muss; ansonsten ist<br />

seiner Meinung nach ihre Zugehörigkeit zu Christus<br />

gefährdet.<br />

Warum ist Paulus <strong>das</strong> so wichtig? <strong>In</strong> welchem Zusammenhang<br />

sagt er <strong>das</strong>? Lesen <strong>wir</strong>, was der<br />

Apostel weiter schreibt:<br />

Steht also fest und lasst euch nicht wieder <strong>das</strong><br />

Joch der Sklaverei auflegen!<br />

2 Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch<br />

beschneiden lasst, so <strong>wir</strong>d euch Christus nichts<br />

nützen. 3 Ich versichere noch einmal einem jeden,<br />

der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet,<br />

<strong>das</strong> ganze Gesetz zu halten. 4 Ihr habt<br />

Christus verloren, wenn ihr durch <strong>das</strong> Gesetz<br />

gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade<br />

gefallen.<br />

Das Problem, <strong>das</strong> Paulus veranlasst, diese Zeilen<br />

bzw. den Galaterbrief als ganzen zu schreiben, ist<br />

relativ klar zu erkennen. Paulus hat bei seinem<br />

– nicht ganz freiwilligen (Apg 16,6) – Aufenthalt in<br />

Galatien, dem Gebiet um <strong>das</strong> heutige Ankara,<br />

Menschen zum Glauben an Jesus Christus geführt<br />

und einige Gemeinden gegründet. Sie bestanden<br />

zur Mehrheit aus Leuten, die vorher nicht dem<br />

Judentum, sondern heidnischen Religionen angehört<br />

hatten. Nach einiger Zeit tauchten in diesen<br />

Gemeinden Christen jüdischer Herkunft auf, die<br />

den dortigen Christen sagten, sie hätten dadurch,<br />

<strong>das</strong>s sie zum Glauben an Jesus Christus und den<br />

Gott Israels gekommen seien, zwar einen wichtigen<br />

ersten Schritt getan, um aber <strong>wir</strong>klich zum<br />

Volk Gottes zu gehören und an der Verheißung<br />

Abrahams teilzuhaben, müssten sie sich wie dieser<br />

durch die Beschneidung in Gottes Bund aufnehmen<br />

lassen.<br />

Aus der paulinischen Argumentation ist zu entnehmen,<br />

<strong>das</strong>s diese Leute nicht so sehr <strong>das</strong> Halten des<br />

ganzen Gesetzes in den Vordergrund gestellt hatten,<br />

sondern einige grundlegende Identitätsmerkmale<br />

für <strong>das</strong> Judesein eingefordert hatten, vor allem<br />

die Beschneidung, <strong>das</strong> Halten des Sabbats und<br />

ein Mindestmaß an Beachtung der jüdischen Speisevorschriften.<br />

Dies nachträglich von nichtjüdischen Christen zu<br />

fordern, sieht Paulus als Verrat am Evangelium, der<br />

Botschaft von Gottes bedingungsloser Gnade in Jesus<br />

Christus, an. Denn damit <strong>wir</strong>d <strong>das</strong>, was die Gemeinschaft<br />

mit Gott begründet, wieder im menschlichen<br />

Tun ge<strong>sehen</strong>. Paulus scheut sich darum<br />

nicht, hier und an anderer Stelle ein solches Verhalten<br />

als einen Rückfall in eine angstbesetzte religiöse<br />

Sklaverei zu <strong>sehen</strong>, in der Menschen immer neu<br />

von der Frage gequält werden: Habe ich denn <strong>wir</strong>klich<br />

genug getan? Wer sich auf diesen Weg begibt,<br />

verlässt den Weg mit Christus und in der Freiheit,<br />

die er schenkt.<br />

Die Fragestellung in Galatien gibt es für heutige<br />

christliche Gemeinden nicht mehr. Schon in der<br />

Reformationszeit haben Luther und andere reformatorische<br />

Verkündiger die aktuelle Bedrohung<br />

des christlichen Glaubens vielmehr in einer popularisierten<br />

Fassung der spätmittelalterlichen theologischen<br />

Bewertung der „guten Werke“ ge<strong>sehen</strong>.<br />

Nicht durch die Forderung der Beschneidung oder<br />

andere mosaische Gebote schien die Freiheit, zu<br />

der uns Christus befreit hat, gefährdet, sondern<br />

durch Ablasspredigt und die Auffassung, der<br />

Mensch müsse zunächst von sich aus tun, was ihm<br />

möglich sei, um der Gnade teilhaftig zu werden.<br />

Wie immer <strong>das</strong> historisch zu beurteilen sein mag,<br />

auch diese Front ist spätestens seit der Unterzeichnung<br />

der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre<br />

nicht mehr <strong>das</strong> Gegenüber, demgegenüber<br />

die Freiheit in Christus verteidigt werden<br />

müsste.<br />

<strong>In</strong> meiner Jugend war es dann die „Gesetzlichkeit“<br />

des pietistischen Milieus, in dem ich aufgewachsen<br />

bin, die hier Anlass zur Aktualisierung des Rufs zur<br />

Freiheit zu bieten schien. Die vielen Verbote, die<br />

bestimmten, was ein Christ (und vor allem auch<br />

eine Christin) nicht dürfe, waren in Gefahr, zu zusätzlichen<br />

Aufnahmebedingungen ins Reich Gottes<br />

zu werden. Sie gewannen allerdings nie den gleichen<br />

theologischen Rang wie die Beschneidungsforderung<br />

der Gegner des Paulus in Galatien, und<br />

heute haben nicht wenige Christen den Eindruck,<br />

<strong>das</strong>s die Gnaden- und Freiheitsbotschaft des Paulus<br />

eher zu selbstverständlich genommen <strong>wir</strong>d und<br />

die christliche Verkündigung Gefahr läuft, – wie<br />

Bonhoeffer <strong>das</strong> formuliert hat – billige Gnade zu<br />

predigen. Die eigentliche Gefahr für die Botschaft<br />

der Gnade scheint nicht mehr aus dem religiösen<br />

Bereich zu kommen, sondern von einer Art säkularer<br />

Leistungsreligion, die den Wert, die Würde und<br />

<strong>das</strong> Gelingen eines Lebens davon abhängig macht,<br />

was ein Mensch verdient, darstellt oder hat. Nicht<br />

mehr religiöse „Eigenleistungen“ sind gefordert,<br />

sondern materiell verwertbare wie Besitz, Schönheit<br />

oder Macht.

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